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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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ziehen!«
    Lächelnd beruhigte ihn Hamelin mit einer Gebärde. Aber ja doch! Er glaube schon an den Erfolg. Bloß wolle er den regulären Ablauf der Dinge eingehalten wissen.
    »In der Tat«, sagte sanft Frau Caroline, »wozu sollen wir uns so beeilen? Könnte man mit dieser Kapitalerhöhung nicht bis zum April warten? Oder noch besser: Warum geben Sie die Aktien nicht gleich zu tausend oder zwölfhundert Francs aus, wenn Sie fünfundzwanzig Millionen zusätzlich brauchen? Das würde Ihnen doch ersparen, auf die Gewinne der nächsten Bilanz vorzugreifen.«
    Einen Augenblick schaute Saccard sie verdutzt an und wunderte sich, daß sie darauf gekommen war.
    »Gewiß, bei elf hundert statt achthundertfünfzig Francs würden die hunderttausend Aktien gerade die fünfundzwanzig Millionen einbringen.«
    »Also gut, dann ist ja alles in Ordnung«, versetzte sie. »Und Sie befürchten nicht, daß sich die Aktionäre sträuben? So wie achthundertfünfzig Francs, werden sie auch elfhundert geben?«
    »Aber gewiß! Sie geben alles, was man verlangt! Und sie prügeln sich noch, wer am meisten gibt! Da sind sie wie verrückt, sie würden die Bank kurz und klein schlagen, um uns ihr Geld zu bringen.«
    Aber plötzlich besann er sich und widersprach heftig.
    »Was schwatzen Sie da? Ich will keine elf hundert Francs von ihnen fordern, um keinen Preis. Das wäre wirklich zu dumm und zu einfach … Begreifen Sie doch, in solchen Kreditfragen muß man immer die Phantasie wachrütteln. Die geniale Idee besteht darin, den Leuten Geld aus der Tasche zu holen, das noch gar nicht drin ist. Unversehens bilden sie sich ein, daß sie es nicht hergeben, sondern daß man ihnen ein Geschenk macht. Und dann sollen Sie mal die kolossale Wirkung dieser vorweg geschätzten Bilanz sehen, wenn sie in allen Zeitungen erscheint; sechsunddreißig Millionen Gewinn im voraus ausposaunt! Die Börse wird Feuer fangen, der Kurs klettert auf über zweitausend Francs, und wir steigen und steigen und hören überhaupt nicht mehr auf!«
    Wild gestikulierend stand er da und reckte sich auf seinen kurzen Beinen; und er wurde wirklich groß mit seiner bis zu den Sternen ausgreifenden Gebärde als Dichter des Geldes, den die Konkurse und Bankrotte nicht klüger gemacht hatten. Diese Art, die Geschäfte durchzupeitschen, sie im dreifachen Galopp seines Fieberwahns voranzutreiben, war sein ihm eingegebenes System, die Triebfeder seines ganzen Wesens. Er hatte den Erfolg erzwungen und die Begehrlichkeiten durch den fulminanten Aufstieg der Banque Universelle entzündet: drei Emissionen in drei Jahren, das Gesellschaftskapital mit einer Stetigkeit, die eine an Wunder grenzende Prosperität zu verheißen schien, von fünfundzwanzig auf fünfzig, auf hundert, auf hundertfünfzig Millionen angewachsen. Und auch die Dividenden stiegen sprunghaft an: im ersten Jahr nichts, dann zehn Francs, dann dreiunddreißig Francs, dann die sechsunddreißig Millionen, die Vollzahlung aller Aktien! Und das bei der schwindelhaften Überhitzung der ganzen Maschine, mit Aktien, die nur fingiert gezeichnet waren, die die Gesellschaft einbehalten hatte, um die vollständige Bezahlung vorzutäuschen unter dem Druck der Spekulation an der Börse, wo jede Kapitalerhöhung die Hausse übermäßig steigerte!
    Hamelin, immer noch in die Prüfung des Projekts vertieft, hatte seine Schwester nicht unterstützt. Er schüttelte den Kopf und kam auf einzelne Beobachtungen zurück.
    »Gleichviel! Ihre vorweg geschätzte Bilanz ist unkorrekt, da die Gewinne nicht erzielt worden sind … Ich spreche nicht einmal von unseren Unternehmungen, obwohl sie wie alles Menschenwerk von Katastrophen betroffen sein können … Aber da sehe ich das Konto Sabatani, dreitausend und soundso viel Aktien, die einen Wert von über zwei Millionen darstellen. Nun, Sie weisen diese Millionen als unser Guthaben aus, sie müßten aber auf unserer Sollseite stehen, denn Sabatani ist unser Strohmann. Unter uns können wir das doch offen sagen, nicht wahr … Und sehen Sie mal, hier finde ich gleichfalls mehrere unserer Angestellten, sogar ein paar von unseren Administratoren, alles Strohmänner, oh, ich errate es, Sie brauchen es mir nicht zu sagen … Es erschreckt mich, wenn ich sehe, daß wir eine so große Anzahl von unseren Aktien behalten. So nehmen wir nicht nur nichts ein, sondern binden auch noch unser Kapital und werden uns schließlich eines Tages selbst verschlingen.«
    Frau Caroline ermutigte ihn mit ihren Blicken, denn

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