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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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großartigen Malereien geschmückt und von Gold überrieselt. Der Präsidentensessel war ein richtiger Thron und überragte die anderen Sessel, die prächtig und würdevoll wie für eine Versammlung königlicher Minister um den riesigen, mit rotem Samt bedeckten Tisch herumstanden. Und auf dem riesigen Kamin aus weißem Marmor, wo im Winter ganze Bäume brannten, stand eine Büste des Papstes, ein liebenswürdiges, kluges Gesicht, das über seine Anwesenheit in diesem Saal schalkhaft zu lächeln schien.
    Saccard hatte sich alle Mitglieder des Verwaltungsrates vollends gefügig gemacht, indem er die meisten von ihnen einfach gekauft hatte. Dank ihm hatte der Marquis de Bohain, als er, in eine Bestechungsaffäre verwickelt, die an Betrug grenzte, auf frischer Tat ertappt wurde, den Skandal vertuschen können: Saccard entschädigte die bestohlene Gesellschaft; so war der Marquis seine unterwürfige Kreatur geworden, ohne aufzuhören, den Kopf hochzutragen, eine Blüte des Adels und die schönste Zierde des Verwaltungsrates. Ebenso hatte Huret, seitdem ihn Rougon zum Teufel gejagt hatte – nach dem Diebstahl der Depesche über die Abtretung Venetiens –, ganz und gar auf das Glück der Banque Universelle gesetzt, vertrat sie im Corps législatif, fischte für sie in den schlammigen Wassern der Politik und behielt den größten Teil der Beute aus seinen unverschämten Roßtäuschereien, die ihn eines schönen Tages nach Mazas92 bringen konnten, für sich. Und der Vicomte de Robin-Chagot, der Vizepräsident, strich heimlich hunderttausend Francs Prämie ein, weil er während Hamelins langer Abwesenheit die Unterschriften ohne Prüfung leistete; auch der Bankier Kolb ließ sich sein passives Entgegenkommen bezahlen, indem er im Ausland den Einfluß der Firma ausnutzte und sogar so weit ging, sie mit seinen Arbitragen zu kompromittieren. Sogar Sédille, der Seidenfabrikant, dessen Kredit durch eine schreckliche Liquidation erschüttert war, hatte sich eine dicke Summe leihen lassen, die er nicht zurückzahlen konnte. Allein Daigremont wahrte Saccard gegenüber seine völlige Unabhängigkeit, was letzteren bisweilen beunruhigte, obwohl der liebenswürdige Mann reizend zu ihm war, ihn zu seinen Festen einlud und wie die anderen anstandslos alles unterzeichnete mit der Bereitwilligkeit des skeptischen Parisers, der alles in Ordnung findet, solange er dabei verdient.
    An diesem Tage verlief die Sitzung des Verwaltungsrates trotz ihrer außerordentlichen Bedeutung ebenso reibungslos wie an den anderen Tagen. Das war zu einer Sache der Gewohnheit geworden: wirklich gearbeitet wurde nur in den Sitzungen im kleinen Kreis am 15.; der große Verwaltungsrat, der am Monatsende tagte, bestätigte nur mit großem Gepränge die schon gefaßten Beschlüsse. Die Gleichgültigkeit der Administratoren ging so weit, daß die Protokolle, von konstanter Banalität in der allgemeinen Zustimmung, sich nicht mehr voneinander zu unterscheiden drohten und man den Mitgliedern Bedenken und Einwände in den Mund legen, eine ganze Diskussion erfinden mußte, über die sich niemand wunderte, wenn sie in der nächsten Sitzung verlesen wurde, und die man allen Ernstes unterschrieb.
    Daigremont stürzte sich auf Hamelin und schüttelte ihm die Hände, als er die guten, großartigen Nachrichten vernahm, die dieser mitbrachte.
    »Ach, mein lieber Präsident, wie freue ich mich, Ihnen gratulieren zu können!«
    Alle umringten und feierten ihn, sogar Saccard, als hätte er ihn noch nicht gesehen; und als die Sitzung eröffnet war, als Hamelin mit der Verlesung des Berichts begonnen hatte, den er der Generalversammlung vortragen sollte, hörte man zu, was man sonst nie tat. Die erzielten schönen Ergebnisse, die prächtigen Zukunftsaussichten, die klug ausgedachte Kapitalerhöhung, die gleichzeitig die alten Aktien vollzahlte – alles wurde mit bewunderndem Kopfnicken aufgenommen. Und nicht einer kam auf den Gedanken, Erklärungen zu verlangen. Es lief wie am Schnürchen. Als Sédille auf eine falsche Zahl hinwies, einigte man sich sogar darauf, seine Bemerkung nicht ins Protokoll aufzunehmen, um nicht die schöne Einstimmigkeit der Mitglieder zu trüben, die in ihrer Begeisterung alle schnell der Reihe nach unterschrieben, ohne jeden Einwand.
    Die Sitzung war schon aufgehoben, man stand herum, lachte und scherzte inmitten der glänzenden Goldverzierungen des Saales. Der Marquis de Bohain berichtete über eine Jagd in Fontainebleau, während der Abgeordnete

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