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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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hatte. Gewiß konnte sich Saccard angesichts des wachsenden Erfolges nicht beklagen, und doch bebte er an diesem Tage innerlich vor dumpfer Furcht und vor Zorn. Die dreckigen Juden, schrie er, hätten ihm den Untergang geschworen und Gundermann, dieser Lump, habe sich an die Spitze eines Syndikats von Baissiers gestellt, um ihn zu zermalmen. Man hatte es ihm an der Börse bestätigt, dort sprach man von einer Summe von dreihundert Millionen, die das Syndikat eingesetzt habe, um den Kurs zu drücken. Oh, diese Gauner! Aber was er nicht so laut wiederholte, das waren die anderen Gerüchte, die umliefen, von Tag zu Tag vernehmlicher: Gerüchte, die die Solidität der Banque Universelle bezweifelten und bereits Tatsachen anführten, Anzeichen von nahe bevorstehenden Schwierigkeiten, ohne jedoch bislang in irgendeiner Hinsicht das blinde Vertrauen des Publikums erschüttert zu haben.
    Da wurde die Tür aufgestoßen, und Huret mit seiner Biedermannsmiene kam herein.
    »Ach, da sind Sie ja, Sie Judas!« sagte Saccard.
    Huret hatte sich mit dem Minister ausgesöhnt, als er erfuhr, daß Rougon seinen Bruder endgültig im Stich lassen wollte; denn er war überzeugt, daß die Katastrophe unvermeidlich wurde, sobald Saccard Rougon gegen sich hatte. Um die Verzeihung des großen Mannes zu erlangen, hat er sich wieder zu seinem Laufburschen gemacht, erledigte erneut die Laufereien für ihn und nahm in seinem Dienst die Schimpfworte und die Fußtritte hin.
    »Judas?« fragte er mit dem durchtriebenen Lächeln, das bisweilen sein dickes Bauerngesicht aufhellte. »Auf jeden Fall ein braver Judas, der seinem Meister, den er verraten hat, einen uneigennützigen Rat geben will …«
    Aber Saccard schien nichts hören zu wollen, und um seinen Triumph zu bekräftigen, schrie er:
    »Was? Gestern zweitausendfünfhundertzwanzig, heute zweitausendfünfhundertfünfundzwanzig.«
    »Ich weiß, ich habe eben verkauft.«
    Mit einem Schlag brach der Zorn, den Saccard unter seinem Spott verbarg, aus ihm hervor.
    »Wie, Sie haben verkauft …? Oh, jetzt langtʼs aber! Sie lassen mich wegen Rougon im Stich und paktieren mit Gundermann!«
    Der Abgeordnete sah ihn verdutzt an.
    »Wieso mit Gundermann? Ich paktiere doch einfach mit meinen Interessen! Sie wissen ja, ich bin kein Draufgänger. Nein, so einen großen Magen hab ich nicht; wenn ein hübscher Gewinn zu machen ist, streiche ich ihn lieber gleich ein. Vielleicht habe ich deshalb nie verloren.«
    Er lächelte abermals, ein vorsichtiger, gewitzter Normanne, der gemächlich seine Ernte einbrachte.
    »Ein Administrator der Gesellschaft!« fuhr Saccard heftig fort. »Wer soll denn da noch Vertrauen haben? Was müssen sich die Leute denken, wenn sie sehen, wie Sie so mitten in der Hausse verkaufen? Bei Gott, ich wundere mich nicht mehr, daß man behauptet, unsere Prosperität sei künstlich und der Tag des Herunterpurzelns nicht mehr ferne … Diese Herren verkaufen, verkaufen wir doch alle. Das ist ja Panik!«
    Huret schwieg und vollführte eine unbestimmte Gebärde. Im Grunde war ihm das alles gleichgültig, sein Glück war gemacht. Er war jetzt nur noch darauf bedacht, den Auftrag, mit dem Rougon ihn betraut hatte, so gut wie möglich zu erfüllen, ohne selber allzu viele Unannehmlichkeiten zu haben.
    »Ich sagte Ihnen doch, mein Lieber, daß ich gekommen bin, um Ihnen einen uneigennützigen Rat zu geben … Hier ist er: Seien Sie vernünftig, Ihr Bruder ist wütend und läßt Sie glatt im Stich, wenn Sie unterliegen.«
    Saccard zügelte seinen Zorn und ließ sich nichts anmerken.
    »Schickt er Sie, mir das zu sagen?«
    Nach einem kurzen Zögern hielt es der Abgeordnete für angebracht zu gestehen.
    »Ja, er! Nun denken Sie bloß nicht, daß die Angriffe in ›LʼEspérance‹ etwas mit seinem Unwillen zu tun haben, über solche Kränkungen der Eigenliebe ist er erhaben … Nein! Aber bedenken Sie wirklich einmal, wie sehr der katholische Feldzug Ihrer Zeitung seine gegenwärtige Politik behindern muß. Seit diesen unglückseligen Verwicklungen mit Rom hat er den ganzen Klerus auf dem Hals; jetzt war er sogar gezwungen, einen Bischof wegen Amtsmißbrauchs verurteilen zu lassen … Und um ihn anzugreifen, wählen Sie gerade den Augenblick, da er große Mühe hat, um nicht von der liberalen Entwicklung weggespült zu werden, die aus den Reformen vom 19. Januar hervorgegangen ist; der Anwendung dieser Reformen hatte er aber, wie man hört, einzig und allein in der Absicht zugestimmt, sie besonnen

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