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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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erfuhr, zog er gegen sie vom Leder, ein mieses Pack waren sie, er besuchte sie schon gar nicht mehr, seitdem die Hausse ihrer paar Aktien sie verrückt machte. Hatte ihn nicht seine Schwester vergangene Woche einen Knauser geschimpft, als wollte sie seine kluge Spekulation ins Lächerliche ziehen, weil er in aller Freundschaft zum Verkaufen riet? Das war ihm eine, die würde er nicht bedauern, wenn sie sich das Genick brach!
    Und Marcelle, die erneut mit leeren Händen auf der Straße stand, mußte sich damit abfinden, in die Redaktion zu gehen und ihrem Mann zu berichten, was am Morgen geschehen war. Busch mußte unbedingt sein Geld bekommen. Jordan, dessen Buch noch keinen Verleger gefunden hatte, lief also auf der Jagd nach Geld durch das schmutzige Paris dieses Regentages, ohne zu wissen, wo er anklopfen sollte, ob bei Freunden oder bei den Zeitungen, für die er schrieb – wie es eben gerade kam. Obwohl er Marcelle angefleht hatte, nach Hause zu gehen, war sie derart ängstlich, daß sie lieber dageblieben war auf dieser Bank, um auf ihn zu warten.
    Als Dejoie sie nach dem Weggang seiner Tochter dort allein sah, brachte er ihr eine Zeitung.
    »Wenn Sie lesen wollen, gnädige Frau, um sich die Zeit zu verkürzen …«
    Aber sie lehnte mit einer Gebärde ab, und als Saccard kam, spielte sie die Tapfere und erklärte frohgemut, sie habe ihren Mann losgeschickt, eine langweilige Besorgung zu machen, die sie vom Halse haben wollte. Saccard, der dem kleinen Ehepaar, wie er sie nannte, sehr zugetan war, wollte unbedingt, daß sie in seinem Zimmer wartete, wo sie es bequemer hätte. Sie sträubte sich, sie sitze gut hier. Und er drängte sie nicht weiter, denn zu seiner Überraschung stand er plötzlich der Baronin Sandorff gegenüber, die aus Jantrous Tür kam. Um sich nicht ins Gerede zu bringen, lächelten sie sich nur freundlich zu, wie Leute, die einen einfachen Gruß wechseln.
    Jantrou hatte der Baronin in ihrer Unterredung gesagt, er wage nicht mehr, ihr einen Rat zu geben. Seine Verwirrung wurde immer größer, weil die Banque Universelle trotz des wachsenden Drucks der Baissiers nicht wankte: ohne Frage würde Gundermann den Sieg davontragen, aber Saccard konnte sich noch lange halten, und vielleicht war mit ihm noch eine Menge zu verdienen, Jantrou hatte die Baronin überredet, abzuwarten und beide nicht vor den Kopf zu stoßen. Das beste sei, zu versuchen, durch Liebenswürdigkeit jeweils die Geheimnisse des einen zu erfahren, um sie je nach Vorteil für sich zu behalten und Nutzen daraus zu ziehen, oder aber sie dem anderen zu verkaufen. Er machte ihr diesen Vorschlag in scherzhaftem Ton, damit es nicht nach finsterer Verschwörung aussah, während sie selbst ihm lachend versprach, ihn am Geschäft zu beteiligen.
    »Na, sie hockt ja unaufhörlich bei Ihnen, jetzt sind Sie wohl an der Reihe?« fragte Saccard mit seiner üblichen Grobheit, als er Jantrous Arbeitszimmer betrat.
    Jantrou heuchelte Verwunderung.
    »Wer denn …? Ach, die Baronin! Aber mein lieber Meister, sie betet Sie an. Das hat sie mir eben wieder gesagt.«
    Mit der Gebärde eines Mannes, den man nicht hinters Licht führt, brachte ihn der alte Freibeuter zum Schweigen. Er sah ihn an, wie er heruntergekommen war durch gemeine Ausschweifung, und dachte, die Baronin könnte gut und gerne auch vom Laster dieses Wracks kosten wollen, wenn sie der Neugier nachgegeben hatte, zu erfahren, wie Sabatani gebaut war.
    »Verteidigen Sie sich nicht, mein Bester. Wenn eine Frau spekuliert, fliegt sie auch auf den letzten Dienstmann von der Ecke, der für sie eine Order überbringt.«
    Jantrou war sehr gekränkt, aber er lachte nur und bestand hartnäckig darauf, zu erklären, daß die Baronin wegen einer Annonce bei ihm gewesen sei.
    Übrigens hatte Saccard mit einem Achselzucken die, wie er meinte, belanglose Weiberfrage bereits abgetan. Aufrecht ging er hin und her, pflanzte sich dann vor dem Fenster auf, um den ewigen grauen Regen zu beobachten, und machte seiner gereizten Freude Luft. Ja, am Vortag waren die Universelle-Aktien abermals um zwanzig Francs gestiegen! Aber wie zum Teufel kam es, daß die Verkäufer so zäh waren? Denn die Hausse hätte sogar um dreißig Francs angezogen, wenn nicht schon in der ersten Stunde ein Aktienpaket auf den Markt geworfen worden wäre. Saccard wußte freilich nicht, daß Frau Caroline erneut tausend Aktien verkauft hatte, um damit gegen diese unvernünftige Hausse anzukämpfen, wie der Bruder es ihr aufgetragen

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