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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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geben.
    Verkaufen, o nein! Noch nicht! Und sein schallendes Gelächter war ganz aufrichtig, er hatte wirklich größeres Stehvermögen.
    »In unserer Lage darf man niemals verkaufen!« rief Saccard aus.
    »Niemals! Das wollte ich auch sagen. Wir sind alle solidarisch, Sie wissen, daß Sie auf mich zählen können.«
    Seine Lider hatten gezuckt, und sein Blick war abgeglitten, während er für die anderen Administratoren, für Sédille, Kolb, den Marquis de Bohain, wie für sich selbst bürgte. Das Geschäft lief so gut, es war wirklich ein Vergnügen, wie sich alle in dem außergewöhnlichsten Erfolg, den die Börse seit fünfzig Jahren erlebt hatte, einig waren. Daigremont fand für jeden ein freundliches Wort, und als er ging, wiederholte er, daß er sie alle drei zu seiner Soiree erwarte. Mounier, der Tenor von der Oper, werde mit seiner Frau im Duett singen. Oh, eine beachtliche Leistung!
    »Nun«, fragte Huret, der jetzt auch gehen wollte, »ist das alles, was Sie mir zu antworten haben?«
    »Allerdings!« erklärte Saccard trocken.
    Und er zog es vor, ihn nicht wie sonst hinunterzubegleiten. Als er dann mit dem Direktor der Zeitung wieder allein war, sagte er:
    »Das ist der Krieg, mein wackerer Freund! Wir brauchen auf nichts mehr Rücksicht zu nehmen, ziehen Sie über dieses ganze Lumpenpack tüchtig her … Jetzt kann ich endlich kämpfen, wie ich möchte!«
    »Trotzdem, das ist ein harter Brocken!« schloß Jantrou, der von neuem ratlos war.
    Im Gang wartete Marcelle noch immer auf der Bank. Es war erst gegen vier Uhr, aber Dejoie hatte schon die Lampen angezündet, so schnell brach die Nacht herein unter dem fahlen, anhaltenden Rinnen des Regens. Jedesmal, wenn er an ihr vorbeiging, fand er ein nettes Wort, um sie abzulenken. Im übrigen wurde das Kommen und Gehen der Redakteure immer lebhafter, aus dem Raum nebenan hörte man laute Stimmen, die fieberhafte Geschäftigkeit nahm zu, je mehr sich die Fertigstellung der Zeitung ihrem Ende näherte.
    Als Marcelle aufblickte, sah sie plötzlich Jordan vor sich, durchnäßt, niedergedrückt und mit jenem Zittern um die Lippen, dem ein wenig irren Blick von Leuten, die lange irgendeiner Hoffnung nachgelaufen sind, ohne daß sie sich erfüllte. Marcelle hatte verstanden.
    »Nichts, nicht wahr?« fragte sie erbleichend.
    »Nichts, meine Liebe, überhaupt nichts … Nirgendwo, unmöglich …«
    Sie ließ nur eine leise Klage hören, ihr blutete das Herz.
    »Oh, mein Gott!«
    In diesem Augenblick kam Saccard aus Jantrous Büro, und er wunderte sich, daß sie noch da war.
    »Nanu, Frau Jordan, ist Ihr Mann, dieser Herumtreiber, erst jetzt zurückgekommen? Ich sagte Ihnen doch, daß Sie in meinem Arbeitszimmer auf ihn warten sollten.«
    Sie starrte ihn an, ein plötzlicher Gedanke war in ihren großen, untröstlichen Augen erwacht. Sie überlegte nicht einmal, sondern folgte jener Tapferkeit, die die Frauen in den Augenblicken der Erregung vorwärtstreibt.
    »Herr Saccard, ich muß Sie um etwas bitten … Wenn es Ihnen jetzt recht wäre, daß wir zu Ihnen gehen …«
    »Aber sicher doch, Frau Jordan.«
    Jordan, der ihre Absicht erraten zu haben fürchtete, wollte sie zurückhalten. In seiner krankhaften Angst, die ihm solche Geldfragen immer einflößten, flüsterte er ihr stammelnd ins Ohr: »Nein! Nein!« Aber sie hatte sich losgerissen, er mußte ihr folgen.
    »Herr Saccard«, sagte sie, als die Tür geschlossen war. »mein Mann läuft seit zwei Stunden vergeblich herum, um fünfhundert Francs aufzutreiben, und er wagt nicht, Sie darum zu bitten … So will ich es nun tun …«
    Und voll Temperament erzählte die muntere, resolute kleine Frau in ihrer drolligen Art die Geschichte vom Morgen, wie Busch sie plötzlich überfiel, wie die drei Männer ihr Zimmer verwüsteten, wie es ihr gelungen war, den Angriff zurückzuschlagen, und wie sie sich verpflichtet hatte, noch am gleichen Tag zu zahlen. Oh, diese Geldnöte der kleinen Leute, wieviel Schmerzen, geboren aus Scham und Ohnmacht, bereiteten sie; wegen ein paar lumpiger Hundertsousstücke ist das Leben unaufhörlich in Frage gestellt.
    »Busch«, wiederholte Saccard, »dieser alte Gauner Busch hält Sie also in seinen Krallen …«
    Dann wandte er sich mit bestrickender Freundlichkeit Jordan zu, der stumm dastand und dem so unbehaglich zumute war, daß er leichenblaß aussah.
    »Also gut! Ich strecke Ihnen Ihre fünfhundert Francs vor. Sie hätten mich gleich darum bitten sollen.«
    Er hatte sich an seinen Tisch

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