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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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einzudämmen … Hören Sie, Sie sind sein Bruder, glauben Sie etwa, daß er sich darüber noch freut?«
    »Freilich«, antwortete Saccard spöttisch, »das ist sehr gemein von mir … Dieser arme Bruder! Weil er darauf versessen ist, Minister zu bleiben, regiert er im Namen von Prinzipien, die er gestern bekämpft hat, und schiebt nun mir die Schuld zu, wenn er nicht mehr weiß, wie er sich im Gleichgewicht halten soll zwischen der Rechten, die verärgert ist, weil er sie verraten hat, und dem machthungrigen Tiers Parti. Gestern noch schmetterte er sein berühmtes Niemals!, um die Katholiken zu beruhigen; niemals, hat er geschworen, werde Frankreich zulassen, daß Italien dem Papst Rom wegnimmt. Heute möchte er in seiner Angst vor den Liberalen auch diesen gern ein Pfand geben; um ihnen gefällig zu sein, erwägt er huldvoll, mich zu erwürgen – Vergangene Woche hat ihm Emile Ollivier98 in der Kammer tüchtig die Leviten gelesen …«
    »Oh«, unterbrach ihn Huret, »er besitzt immer noch das Vertrauen der Tuilerien, der Kaiser hat ihm einen mit Diamanten besetzten Ordensstern geschickt.«
    Aber mit einer energischen Handbewegung machte Saccard deutlich, daß er darauf nicht hereinfalle.
    »Die Banque Universelle ist jetzt zu mächtig geworden, nicht wahr? Eine katholische Bank, die die Welt zu überfluten und durch Geld zu erobern droht, so wie man sie einst durch den Glauben erobert hat, darf man nicht dulden. Allen Freidenkern, allen Freimaurern, die im Begriff sind, Minister zu werden, fährt das eiskalt in die Knochen … Vielleicht will man auch irgendeine Anleihe mit Gundermann aushandeln … Und um ein halbes Jahr länger an der Macht zu bleiben, will mich mein Schwachkopf von Bruder den Juden, den Liberalen, dem ganzen Abschaum zum Fraß vorwerfen, in der Hoffnung, daß man ihn ein wenig in Ruhe läßt, während man mich verschlingt … Na schön! Gehen Sie und sagen Sie ihm, ich pfeife auf ihn …«
    Er reckte seine kleine Gestalt, die Wut erstickte schließlich seinen Spott in einem kriegerischen Trompetenstoß.
    »Hören Sie gut zu, ich pfeife auf ihn! Das ist meine Antwort, und die soll er erfahren.«
    Huret ließ die Schultern hängen. Es war nicht seine Art, sich in geschäftlichen Dingen aufzuregen. Alles in allem war er dabei ja nur ein Vermittler.
    »Gut, gut, man wird es ihm ausrichten … Sie werden sich aber noch das Genick brechen. Aber das ist Ihre Sache.«
    Es trat Schweigen ein. Jantrou, der völlig stumm geblieben war und so tat, als wäre er ganz in die Durchsicht eines Packens Korrekturfahnen vertieft, blickte auf, um Saccard zu bewundern. Was war er schön in seiner Leidenschaft, dieser Bandit! Zu welchen Ausbrüchen des Triumphes lassen sich doch manchmal diese genialen Lumpen hinreißen, wenn die Trunkenheit des Erfolgs sie mit sich fortspült, so daß sie darüber die Selbstkontrolle verlieren. Und Jantrou war in diesem Augenblick auf seiner Seite und von seinem Glück überzeugt.
    »Ach, ich vergaß noch etwas«, nahm Huret das Gespräch wieder auf. »Delcambre, der Generalstaatsanwalt, scheint Sie zu verabscheuen … Und der Kaiser, das wissen Sie noch nicht, hat ihn heute morgen zum Justizminister ernannt.«
    Unvermittelt war Saccard stehengeblieben. Mit düsterem Gesicht sagte er endlich:
    »Noch so ein sauberer Kunde! Und so was macht man zum Minister. Aber was geht mich das an?«
    »Vielleicht doch«, versetzte Huret mit übertriebener Einfältigkeit. »Falls Ihnen ein Unglück zustößt, wie das in geschäftlichen Dingen allen Leuten mal passiert, sollen Sie nicht auf die Hilfe Ihres Bruders hoffen, er wird Sie gegen Delcambre nicht in Schutz nehmen.«
    »Aber zum Donnerwetter!« brüllte Saccard. »Ich sage Ihnen doch, daß ich auf die ganze Sippschaft pfeife, auf Rougon, auf Delcambre und auf Sie obendrein!«
    Glücklicherweise trat in diesem Augenblick Daigremont ein. Er kam sonst nie in die Redaktion herauf, das war für alle eine Überraschung, die der heftigen Auseinandersetzung rasch ein Ende bereitete. Mit der schmeichlerischen Liebenswürdigkeit eines Weltmannes schüttelte er allen sehr höflich und lächelnd die Hand. Seine Frau wollte eine Soiree veranstalten, auf der sie singen würde; nun kam er, Jantrou persönlich einzuladen, damit er einen lobenden Artikel schrieb. Aber Saccards Anwesenheit schien ihn in Entzücken zu versetzen.
    »Wie gehtʼs, großer Mann?«
    »Sagen Sie, Sie haben doch nicht verkauft, nicht wahr?« fragte Saccard, ohne eine Antwort zu

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