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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Baissiers auf den Markt warfen, nachgeben wollten; Saccard sei deshalb auf die Idee gekommen, in der Kulisse zu operieren, um auf den ersten amtlichen Kurs der Corbeille Einfluß zu nehmen. Die Banque Universelle hatte tags zuvor bei dreitausenddreißig Francs gestanden; er hatte Nathansohn die Order erteilt, hundert Aktien zu kaufen, die ein anderer Kulissenmakler zu dreitausendfünfunddreißig anbieten sollte, zu einem um fünf Francs gestiegenen Kurs.
    »Gut, der Kurs wird auch bei uns kommen!« sagte Mazaud.
    Und er kehrte zurück zu den Gruppen der Makler, die jetzt vollzählig versammelt waren, sechzig an der Zahl. Entgegen der Börsenordnung schlossen sie schon untereinander Geschäfte zum mittleren Kurs ab, wärend sie auf den vorschriftsmäßigen Glockenschlag warteten. Die zu einem im voraus festgelegten Kurs erteilten Orders beeinflußten nicht den Markt, weil man ja diesen Kurs abwarten mußte; die Aufträge hingegen, die zum bestmöglichen Kurs erteilt wurden und deren unlimitierte Ausführung man dem Gespür des Maklers überließ, bestimmten das ständige Schwanken der verschiedenen Notierungen. Ein guter Makler mußte Scharfsinn und Fingerspitzengefühl haben, einen raschen Verstand und behende Muskeln, denn Schnelligkeit sicherte oft den Erfolg; natürlich brauchte er auch gute Beziehungen zur Hochfinanz, mußte so ziemlich überall Informationen einholen und vor jedem anderen die Depeschen von den französischen und ausländischen Börsen erhalten. Und er mußte auch eine kräftige Stimme besitzen, um laut rufen zu können.
    Aber es schlug ein Uhr, der Klang der Glocke fuhr wie ein Windstoß über die heftig wogenden Köpfe dahin. Die letzte Schwingung war noch nicht verklungen, als Jacoby, beide Hände auf den Samt gestützt, mit brüllender Stimme, der dröhnendsten von allen Maklern, rief:
    »Biete Universelle … Biete Universelle …«
    Er legte keinen Preis fest, er wartete auf die Nachfrage. Die Sechzig waren näher zusammengerückt und schlossen einen Kreis um die Corbeille, in der ein paar weggeworfene Auftragszettel bereits helle Farbtupfen bildeten, Auge in Auge maßen sich alle mit den Blicken, tasteten sich ab wie Duellanten bei Beginn eines Ehrenhandels und hatten es sehr eilig zu erfahren, wie der erste Kurs ausfallen würde.
    »Biete Universelle«, wiederholte Jacobys dröhnender Baß. »Biete Universelle.«
    »Universelle zu welchem Kurs?« fragte Mazaud mit dünner, aber so schriller Stimme, daß sie die seines Kollegen übertönte, so wie man die Flöte aus einer Cellobegleitung heraushört.
    Und Delarocque schlug den Kurs vom Vortag vor.
    »Ich nehme Universelle zu dreitausenddreißig.«
    Aber sogleich überbot ihn ein anderer Makler.
    »Kaufe Universelle zu dreitausendfünfunddreißig.«
    Das war der Kurs der Kulisse, der geboten wurde und die Arbitrage vereitelte, die Delarocque vorbereiten sollte: Kauf an der Corbeille und prompter Verkauf in der Kulisse, um die fünf Francs Hausse in die Tasche zu stecken. Mazaud faßte sich ein Herz, in der Gewißheit, Saccards Zustimmung zu finden.
    »Dreitausendvierzig … Kaufe Universelle zu dreitausendvierzig.«
    »Wieviel?« mußte Jacoby fragen.
    »Dreihundert.«
    Beide schrieben eine Notiz in ihr Handbuch, und der Handel war getätigt, der erste Kurs war mit einer Hausse von zehn Francs gegenüber dem Kurs vom Vortag festgelegt. Mazaud entfernte sich, um die Zahl demjenigen Kursschreiber anzugeben, der die Banque Universelle in seinem Register führte. Zwanzig Minuten lang schien es nun, als wäre eine richtige Schleuse geöffnet: die Kurse der anderen Wertpapiere wurden gleichfalls festgestellt, ohne große Veränderungen kam das ganze Paket der von den Maklern mitgebrachten Orders zum Abschluß. Und indessen hatten die auf ihren hohen Stühlen hockenden Kursschreiber, umbrandet vom Lärm der Corbeille und vom Lärm der ebenfalls fieberhaft abgewickelten Kassageschäfte, große Mühe, alle neuen Notierungen einzutragen, die ihnen die Makler und die Gehilfen zuschrien. Im Hintergrund tobte der Rentenmarkt. Seitdem die Börse eröffnet war, hörte man nicht mehr allein das ununterbrochene Brausen des Menschenstroms; in dieses fürchterliche Grollen mischten sich jetzt die mißtönenden Schreie von Angebot und Nachfrage, ein charakteristisches Gekreisch, bald lauter, bald leiser, das zuweilen auch verstummte, um dann in ungleichen, abgerissenen Tönen wieder einzusetzen wie die Rufe von Raubvögeln im Sturm.
    Saccard stand lächelnd

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