Das Geld - 18
Mitgift geben können, von der sie immer gesprochen hatten? Unter dem Vorwand, daß Paul keinen Sou mehr besitze und ich eine Dummheit beginge, wenn ich trotzdem mein Versprechen hielt, haben sie nicht einen Centime herausgerückt … Und wie stehen sie nun heute da! Meine Mitgift hätten sie wieder vorgefunden, die hätte die Börse nicht verschlungen!«
Frau Caroline und Paul konnten nicht umhin zu lachen, aber das tröstete Marcelle nicht, sie weinte nur noch mehr.
»Und das ist es ja noch nicht mal … Als Paul arm war, hatte ich einen Traum. Ja, wie im Märchen habe ich geträumt, ich wäre eine Prinzessin und brächte eines Tages meinem ruinierten Prinzen viel, viel Geld, um ihm zu helfen, ein großer Dichter zu werden … Und nun braucht er mich gar nicht, nun bin ich nur noch eine Last für ihn mit meiner Familie! Er wird die ganze Mühe haben, alle beschenken … Ach, wie schnürt mir das das Herz zusammen!«
Er nahm sie schnell in seine Arme.
»Was erzählst du uns da, du Dummchen? Muß denn die Frau unbedingt etwas einbringen? Du bringst doch dich, deine Jugend, deine Zärtlichkeit, deinen Frohsinn ein, und keine Prinzessin auf der Welt könnte mehr geben!«
Sogleich beruhigte sie sich, war glücklich, derart geliebt zu werden, und fand tatsächlich, daß sie schön dumm sei, so zu weinen. Er fuhr fort:
»Wenn dein Vater und deine Mutter es wollen, bringen wir sie in Clichy unter, wo ich Parterrewohnungen mit Garten gesehen habe, die gar nicht teuer waren … In unserem Loch mit den paar Möbeln ist es zwar nett, aber zu eng, zumal wir bald Platz brauchen werden …«
Und erneut lächelnd, wandte er sich an Frau Caroline, die ganz gerührt war über diese Familienszene.
»Nun ja! Wir sind bald zu dritt, man kann es wohl eingestehen, jetzt, wo ich ein Mann bin, der seinen Lebensunterhalt verdient … Nicht wahr, Frau Caroline, da macht sie mir noch ein Geschenk und weint, daß sie mir nichts eingebracht hat!«
Frau Caroline, die ihren Kummer über ihre Unfruchtbarkeit nie verwunden hatte, schaute die leicht errötende Marcelle an; sie hatte nicht bemerkt, daß ihr Leib bereits stärker geworden war. Nun standen ihr die Augen voller Tränen.
»Ach, meine lieben Kinder, habt euch immer so gern, ihr seid die einzig Vernünftigen, die einzig Glücklichen!«
Bevor sie sich verabschiedeten, erzählte Jordan noch Einzelheiten über die Zeitung »LʼEspérance«. In seinem instinktiven Abscheu vor Geschäften sprach er darüber belustigt wie über die sonderbarste Räuberhöhle, die vom Hammerwerk der Spekulation laut widerhallte. Vom Direktor bis zum Bürodiener spekulierte das gesamte Personal, er allein, sagte er lachend, habe nicht spekuliert und sei deswegen scheel angesehen und von allen verachtet worden. Im übrigen hatten der Zusammenbruch der Banque Universelle und vor allem Saccards Verhaftung der Zeitung den Garaus gemacht. Die Redakteure waren davongelaufen, während Jantrou sich verzweifelt und halsstarrig an dieses Wrack klammerte, um noch von den Trümmern des Schiffbruchs zu leben. Er war erledigt, in den drei Jahren Wohlstand hatte er sich durch den ungeheuerlichen Mißbrauch alles dessen, was käuflich ist, ruiniert, ähnlich wie jene Hungerleider, die an Verdauungsstörungen zugrunde gehen an dem Tag, wo sie sich einmal gütlich tun. Merkwürdig, im übrigen aber logisch war dabei die endgültige Erniedrigung der Baronin Sandorff, die in der rasenden Begierde, ihr Geld zurückzuholen, mitten in der heillosen Verwirrung der Katastrophe diesem Mann verfallen war.
Als der Name der Baronin fiel, war Frau Caroline leicht erblaßt, während Jordan, der um die Nebenbuhlerschaft der beiden Frauen nicht wußte, in seiner Erzählung fortfuhr.
»Ich weiß nicht, warum sie sich hingegeben hat. Vielleicht hat sie geglaubt, er könnte ihr dank seinen Verbindungen als Werbeagent Tips geben. Vielleicht ist sie nur auf Grund der Fallgesetze immer tiefer gesunken und ihm vor die Füße gerollt. In der Leidenschaft des Börsenspiels liegt ein zersetzender Gärstoff, den ich oft beobachtet habe, der alles zerfrißt und verdirbt, der aus dem besterzogenen, stolzesten Rassegeschöpf ein menschliches Wrack macht, Kehricht, den man in die Gosse fegt … Auf jeden Fall, wenn Jantrou, dieser Schurke, die Fußtritte in den Hintern nicht vergessen hat, die er vom Vater der Baronin bezogen haben soll, als er früher dessen Orders erbettelte, so ist er heute gerächt. Ich war nämlich noch einmal in der
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