Das Geld - 18
Administratoren belangt, die Daigremont, Huret, Bohain, die außer ihren fünfzigtausend Francs Präsenzgeldern zehn Prozent der Gewinne eingestrichen und an allen Betrügereien teilgenommen hatten? Und warum gingen die Revisoren, Lavignière zum Beispiel, völlig straflos aus und brauchten sich nur auf ihre Unfähigkeit und Gutgläubigkeit zu berufen? Offensichtlich war dieser Prozeß eine einzige ungeheuerliche Ungerechtigkeit; Buschs Klage auf Betrug hatte man fallenlassen müssen, da er unbewiesene Tatsachen anführte, und das von dem Sachverständigen nach einer ersten Überprüfung der Bücher angefertigte Gutachten war, wie sich herausstellte, voller Irrtümer. Warum aber hatte man auf Grund dieser beiden Schriftstücke von Amts wegen den Konkurs erklärt, wenn nicht ein Sou von den Einlagen veruntreut worden war und alle Kunden ihre Gelder zurückbekommen sollten? Wollte man etwa einzig und allein die Aktionäre zugrunde richten? Wenn dem so war, hatte man Erfolg gehabt, die Katastrophe nahm immer größere Ausmaße an, breitete sich ins Uferlose aus. Aber nicht sich selbst klagte er dessen an, sondern die Gerichte, die Regierung, alle jene, die sich gegen ihn verschworen hatten, um die Banque Universelle zu vernichten.
»Oh, diese Schufte, hätten sie mich in Freiheit gelassen, dann hätten Sie mal sehen sollen, dann hätten Sie mal sehen sollen!«
Frau Caroline sah ihn an, bestürzt über seine Gewissenlosigkeit, die schon an echte Größe heranreichte. Sie erinnerte sich an seine früheren Theorien von der Notwendigkeit des Börsenspiels bei den großen Unternehmungen, wo jegliche gerechte Vergütung unmöglich ist; die Spekulation sei der menschliche Exzeß, der notwendige Dünger, der Misthaufen, auf dem der Fortschritt gedeiht. War er es nicht gewesen, der mit gewissenlosen Händen die ungeheure Maschine in wahnwitziger Weise angeheizt hatte, bis sie in Stücke flog und alle, die sie mit sich riß, verwundete? Hatte er nicht diesen unsinnig in die Höhe getriebenen albernen Kurs von dreitausend Francs gewollt? Eine Gesellschaft mit einem Stammkapital von hundertfünfzig Millionen, deren dreihunderttausend Aktien, wenn sie mit dreitausend Francs notiert wurden, neunhundert Millionen repräsentierten – war das zu rechtfertigen, barg das nicht eine schreckliche Gefahr angesichts der Riesendividende, die für eine solche Summe schon zum einfachen Zinsfuß von fünf Prozent auszuschütten war?
Aber er hatte sich erhoben; mit dem gehetzten Schritt eines großen Eroberers, der in einen Käfig gesperrt wurde, ging er in dem engen Raum auf und ab.
»Oh, diese Schufte, die haben gewußt, was sie taten, als sie mich hier angekettet haben … Ich hätte triumphiert und sie alle zerschmettert.«
Überrascht fuhr sie hoch und widersprach.
»Wieso triumphiert? Sie hatten doch keinen einzigen Sou mehr, Sie waren besiegt!«
»Natürlich«, fuhr er voll Bitterkeit fort, »ich war besiegt, ich bin eine Kanaille … Ehrlichkeit, Ruhm wird nur dem zugesprochen, der Erfolg hat. Man darf sich nicht schlagen lassen, sonst ist man am nächsten Tag bloß noch ein Dummkopf und ein Spitzbube … Oh, ich kann mir denken, was man so redet, Sie brauchen es mir nicht zu wiederholen. Nicht wahr, man nennt mich jetzt einen Dieb und beschuldigt mich, alle diese Millionen in die eigene Tasche gesteckt zu haben; man würde mich erwürgen, wenn man mich zu fassen bekäme. Und das schlimmste ist, man zuckt mitleidig die Achseln: ein bloßer Narr, ein armer Irrer … Aber stellen Sie sich vor, ich hätte Erfolg gehabt! Ja, was wäre denn, wenn ich Gundermann zu Boden geworfen und den Markt erobert hätte, wenn ich zu dieser Stunde der unbestrittene König des Goldes wäre? Welch ein Triumph! Ich wäre ein Held, und Paris läge mir zu Füßen.«
Energisch bot sie ihm die Stirn.
»Sie hatten weder die Gerechtigkeit noch die Logik auf Ihrer Seite, Sie konnten gar keinen Erfolg haben.«
Er war mit einer schroffen Bewegung vor ihr stehengeblieben und ereiferte sich.
»Ich konnte keinen Erfolg haben? Von wegen! Das Geld hat mir gefehlt, das ist alles. Wenn Napoleon am Tage von Waterloo107 noch hunderttausend Mann hätte in den Tod schicken können, so hätte er gesiegt, und die Welt sähe anders aus. Wenn ich noch die paar hundert Millionen hätte in den Abgrund werfen können, wäre ich jetzt der Herr der Welt.«
»Aber das ist ja grauenvoll!« rief sie empört. »Finden Sie etwa, es hat noch nicht genug Trümmer, noch nicht genug
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