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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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und dessen Rückkehr nahe bevorstand, sie sehr geliebt hatte; um sie heiraten zu können, hatte er den Tod ihres Gatten herbeigesehnt, der wegen Säuferwahnsinn in ein Irrenhaus eingeliefert worden war. Offenbar hätte diese Heirat nur ein sehr entschuldbares, beinahe legitimes Verhältnis geregelt. Warum sollte er, Saccard, nun nicht der zweite sein, wo es ja schon einen gegeben haben mußte? Aber Saccard ließ es beim bloßen Gedanken bewenden, denn er fand sie so kameradschaftlich, daß das Weib oft gänzlich in den Hintergrund trat. Sooft er sie mit ihrer bewundernswerten Gestalt vorbeigehen sah, fragte er sich von neuem, was wohl geschehen würde, wenn er sie umarmte. Und er gab sich selbst die Antwort, daß sehr gewöhnliche, vielleicht ärgerliche Sachen passieren würden, und er verschob den Versuch auf später, drückte ihr nur, beglückt über ihre Herzlichkeit, kräftig die Hand.
    Dann war Frau Caroline plötzlich wieder sehr bekümmert. Eines Morgens kam sie niedergeschlagen, sehr blaß und mit verschwollenen Augen herunter. Er konnte nichts aus ihr herausbringen und fragte sie nicht weiter aus angesichts der Hartnäckigkeit, mit der sie behauptete, sie habe nichts, sie sei wie alle Tage. Erst am nächsten Tag begriff er, als er oben einen Brief fand, in dem die Heirat von Herrn Beaudoin mit der sehr jungen und unermeßlich reichen Tochter eines englischen Konsuls angezeigt wurde. Der Schlag mußte um so härter gewesen sein, als die Nachricht ohne jegliche Vorbereitung, sogar ohne ein Lebewohl, nur mit diesem banalen Brief eintraf. Das war ein richtiger Zusammenbruch im Dasein der unglücklichen Frau, der Verlust der fernen Hoffnung, an die sie sich in den Stunden des Unglücks klammerte. Und wie es der Zufall wollte, der abscheuliche Grausamkeiten bereithält, hatte sie gerade zwei Tage zuvor erfahren, daß ihr Gatte gestorben war, und achtundvierzig Stunden lang an die nahe bevorstehende Verwirklichung ihres Traums geglaubt. Ihr Leben stürzte zusammen, sie war vernichtet. Am gleichen Abend wartete noch eine weitere unangenehme Überraschung auf sie: als sie, ehe sie zum Schlafen hinaufging, wie gewöhnlich bei Saccard eintrat, um sich mit ihm über die Anordnungen für den folgenden Tag zu unterhalten, sprach er so teilnahmsvoll von ihrem Unglück, daß sie in Schluchzen ausbrach. Rührung überkam sie, ihre Willenskraft war wie gelähmt, und sie fand sich plötzlich in seinen Armen, sie gab sich ihm hin, freudlos für beide. Als sie wieder zu sich kam, begehrte sie nicht auf, aber sie war unendlich traurig. Warum hatte sie das geschehen lassen? Sie liebte diesen Mann nicht, und er liebte sie wohl auch nicht. Keineswegs schien er ihr in einem Alter und von einem Aussehen, die intimer Zärtlichkeit unwürdig wären. Gewiß war er keine Schönheit und auch nicht mehr jung, doch sein lebhaftes Mienenspiel, der Tatendrang seiner ganzen kleinen dunkelhäutigen Person nahmen sie für ihn ein; ohne ihn genau zu kennen, wollte sie ihn für gefällig, überdurchschnittlich intelligent und für fähig halten, die großen Unternehmungen ihres Bruders mit der üblichen Allerweltsehrlichkeit zu verwirklichen. Nur, was für ein blödsinniger Fehltritt! Sie, die so vernünftig, durch die harte Erfahrung so klug geworden, so voll Selbstbeherrschung war, mußte wie eine sentimentale Grisette in einem Tränenausbruch erliegen, ohne zu wissen, wie und warum! Das schlimmste war, daß sie spürte, wie er gleich ihr über das Abenteuer erstaunt und beinahe verärgert war. Als er sie zu trösten suchte, als er mit ihr über Herrn Beaudoin wie über einen einstigen Geliebten sprach, dessen gemeiner Verrat nur vergessen zu werden verdiente, und sie sich dagegen verwahrte und schwor, daß zwischen ihnen nie etwas gewesen sei, glaubte er zunächst, sie hätte aus weiblichem Stolz gelogen; aber sie wiederholte diesen Schwur mit soviel Nachdruck, und ihre Augen blickten dabei so schön, so klar und ehrlich, daß er schließlich von der Wahrheit ihrer Geschichte überzeugt war: wie sie sich aus Redlichkeit und Würde für ihren Hochzeitstag aufheben wollte und der Mann sich zwei Jahre lang geduldete, dann müde wurde und bei Gelegenheit eine andere heiratete, deren Jugend und Reichtum sich ihm allzu verführerisch darbot. Und das Merkwürdige daran war, daß diese Entdeckung, diese Überzeugung, die Saccard hätte in Leidenschaft versetzen müssen, ihn im Gegenteil beinahe verwirrte, so sehr begriff er die lächerliche

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