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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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welch langem Fasten, mit welch knausrigen Einsparungen zu jeder Stunde war dieser trügerische Schein des Reichtums erkauft! In einem kleinen Schuppen, den Blicken verborgen, wurden ständig die armseligen, von der Seife zerfressenen, Faden für Faden geflickten Sachen gewaschen, um die Rechnung für die Wäscherei niedrig zu halten; ein bißchen verlesenes Gemüse bildete die Abendmahlzeit, das Brot ließ man auf einem Brett altbacken werden, um weniger davon zu essen; da gab es alle möglichen Kniffe der Sparsamkeit, unscheinbar und rührend: der alte Kutscher nähte wieder und wieder die durchlöcherten Stiefelchen des Fräuleins, die Köchin schwärzte die Fingerspitzen der allzu abgetragenen Handschuhe der gnädigen Frau mit Tinte, die Kleider der Mutter gingen nach geschickt ersonnenen Umarbeitungen auf die Tochter über, und die Hüte überdauerten dank den ausgetauschten Blumen und Bändern Jahre. Wenn niemand erwartet wurde, waren die Empfangssalons im Erdgeschoß sowie die großen Räume im ersten Stockwerk sorgfältig verschlossen, denn von der ganzen weitläufigen Wohnung bewohnten die beiden Frauen nur noch ein schmales Zimmer, das sie zu ihrem Eßzimmer und Boudoir gemacht hatten. Wenn das Fenster etwas offenstand, konnte man die Gräfin wie eine arme kleine Bürgersfrau beim Wäscheausbessern sehen, während das junge Mädchen zwischen seinem Klavier und seinem Wasserfarbenkasten Strümpfe und Fäustlinge für die Mutter strickte. Eines Tages, als ein starkes Gewitter tobte, sah man die beiden im Garten, wie sie den Sand zusammenschaufelten, den der heftige Regen weggespült hatte.
    Jetzt kannte Frau Caroline ihre Geschichte. Die Gräfin Beauvilliers hatte unter ihrem Gatten, der ein Wüstling war, viel gelitten, sich aber nie beklagt. In Vendôme hatte man ihn ihr eines Abends röchelnd, mit einer Kugel im Leib, ins Haus gebracht. Man sprach von einem Jagdunfall: irgendein Schuß von einem eifersüchtigen Forstaufseher, dessen Frau oder Tochter er genommen hatte. Und das schlimmste war, daß mit ihm das einst riesige Vermögen der Beauvilliers dahingeschwunden war, unermeßliche Ländereien, wahrhaft königliche Güter, die schon vor der Revolution zusammengeschrumpft waren und die sein Vater und er vollends durchgebracht hatten. Von dem gesamten großen Grundbesitz blieb ein einziger Pachthof, Les Aublets, einige Meilen von Vendôme entfernt, der an die fünfzehntausend Francs Jahreszinsen einbrachte, die einzige Hilfsquelle der Witwe und ihrer beiden Kinder. Das Palais in der Rue de Grenelle war längst verkauft worden, das Haus in der Rue Saint-Lazare verschlang den größten Teil der fünfzehntausend Francs aus dem Pachthof, denn es war mit Hypotheken überlastet und von der Versteigerung bedroht, wenn die Zinsen nicht bezahlt wurden; es blieben kaum noch sechs- oder siebentausend Francs für den Unterhalt von vier Personen, für die Lebenshaltung einer adligen Familie, die nicht abdanken wollte. Schon vor acht Jahren, als die Gräfin Witwe geworden war und mit einem zwanzigjährigen Sohn und einer siebzehnjährigen Tochter den Zusammenbruch ihres Hauses erlebte, hatte sie in ihrem Adelsstolz dem Schicksal Trotz geboten und sich geschworen, lieber von Wasser und Brot zu leben, als von ihrem Rang herabzusteigen. Seitdem hatte sie nur noch den einen Gedanken, ihre gesellschaftliche Stellung zu behaupten, ihre Tochter mit einem Mann von gleichem Adel zu verheiraten, aus ihrem Sohn einen Soldaten zu machen. Ferdinand hatte ihr zunächst durch ein paar Jugendtorheiten, Schulden, die bezahlt werden mußten, übermäßige Sorgen bereitet; aber nachdem er in einer feierlichen Unterredung über ihre Lage unterrichtet worden war, hatte er nicht wieder angefangen. Denn im Grunde besaß er ein zärtliches Gemüt, war einfach nur müßig und unbedeutend, wurde aus jedem Amt abgeschoben und fand keinen annehmbaren Platz in der heutigen Gesellschaft. Jetzt, als Soldat des Papstes, gab er ihr immer noch Anlaß zu heimlicher Angst, denn er war von schwächlicher Gesundheit und trotz seines stolzen Äußeren empfindlich; bei seiner Blutarmut war das römische Klima gefährlich für ihn. Was Alices Heirat betraf, so wollte und wollte sie sich nicht anbahnen, und der traurigen Mutter standen die Augen voller Tränen, wenn sie ihre schon gealterte Tochter anschaute, die im Warten dahinwelkte. Trotz ihres schwermütigen und unscheinbaren Aussehens war sie keineswegs einfältig, sie sehnte sich glühend nach dem Leben,

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