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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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und mißtrauische Sédille indessen wollte eine Frage stellen: Was sollte aus den Aktien jener Aktionäre werden, die von ihrem Bezugsrecht keinen Gebrauch zu machen wünschten? Würde die Gesellschaft sie auf eigene Rechnung behalten, was nicht erlaubt war, weil die gesetzlich vorgeschriebene Anmeldung beim Notar nur stattfinden konnte, wenn das Kapital voll gezeichnet war? Und wenn sie diese Aktien abstieß, bei wem und wie wollte man sie unterbringen? Aber der Marquis de Bohain, der Saccards Ungeduld sah, unterbrach den Seidenfabrikanten schon bei den ersten Worten und sagte mit großer Vornehmheit, der Verwaltungsrat stelle diese Einzelheiten seinem Präsidenten und dem Direktor anheim, die beide dafür kompetent und so zuverlässig seien. Dann gab es nur noch ein gegenseitiges Sichbeglückwünschen, und die Sitzung wurde unter allgemeiner strahlender Zufriedenheit aufgehoben.
    Am nächsten Tag gab die Generalversammlung Gelegenheit zu wahrhaft rührenden Kundgebungen. Sie wurde noch in dem Saal in der Rue Blanche abgehalten, wo ein Veranstalter öffentlicher Bälle Bankrott gemacht hatte; schon vor dem Eintreffen des Präsidenten war der Saal gefüllt, und es liefen die schönsten Gerüchte um, eines vor allem flüsterte man einander ins Ohr: heftig attackiert von der wachsenden Opposition, sei Rougon, der Minister, der Bruder des Direktors, geneigt, die Banque Universelle zu begünstigen, wenn die Zeitung der Gesellschaft, »LʼEspérance«, ein ehemals katholisches Blatt, die Regierung verteidige. Ein Abgeordneter der Linken hatte den schrecklichen Ruf ausgestoßen: »Der 2. Dezember72 ist ein Verbrechen!« Und wie ein Erwachen des öffentlichen Gewissens hatte dieser Ruf in ganz Frankreich Widerhall gefunden. Es war nötig, mit großen Taten zu antworten, die nahe bevorstehende Weltausstellung würde den Umsatz verzehnfachen, in Mexiko und anderweitig war man dabei, große Gewinne zu erzielen, jetzt, da das Kaiserreich auf seinem Höhepunkt angelangt war und Triumphe feierte. In einer kleinen Gruppe von Aktionären, die von Jantrou und Sabatani abgerichtet wurden, lachte man ausgiebig über einen anderen Abgeordneten, der bei der Diskussion über die Armee den außergewöhnlichen Einfall hatte, vorzuschlagen, man solle in Frankreich das preußische Rekrutierungssystem einführen. Die Kammer hatte sich darüber lustig gemacht: wie mußte doch die Angst vor Preußen manche Köpfe verwirrt haben nach der dänischen Affäre73 und unter dem Eindruck des dumpfen Grolls74, den Italien seit Solferino gegen uns hegte! Aber der Lärm der privaten Gespräche, das laute Gemurmel im Saal verstummte schlagartig, als Hamelin und der Vorstand erschienen. Bescheidener noch als im Verwaltungsrat, trat Saccard in den Hintergrund und tauchte in der Menge unter; er begnügte sich, das Zeichen zum Beifall zu geben und damit den Bericht gutzuheißen, in dem der Versammlung die von den Revisoren, Lavignière und Rousseau, geprüfte und für richtig befundene Abrechnung für das erste Geschäftsjahr unterbreitet und in dem ihr vorgeschlagen wurde, das Kapital zu verdoppeln. Nur die Generalversammlung war berechtigt, diese Erhöhung zu genehmigen, und sie tat es mit Begeisterung; völlig berauscht von den Millionen der Allgemeinen Gesellschaft der vereinigten Dampfschiffahrtslinien und der Türkischen Nationalbank, anerkannte sie die Notwendigkeit, das Stammkapital mit der Bedeutung in Einklang zu bringen, die die Banque Universelle gewinnen sollte. Die Kunde von den Silberminen des Karmel wurde mit einem gottesfürchtigen Beben aufgenommen. Und als die Aktionäre auseinandergingen, nachdem sie dem Präsidenten, dem Direktor und den Administratoren Dank gezollt hatten, träumten alle vom Karmel, von jenem wunderbaren Silberregen, der in einem Glorienschein von den heiligen Stätten herniederfiel.
    Zwei Tage danach gingen Hamelin und Saccard, diesmal in Begleitung des Vizepräsidenten, des Vicomte de Robin-Chagot, wieder in die Rue Saint- Anne zu Maître Lelorrain, um die Kapitalerhöhung anzumelden, die sie als voll gezeichnet angaben. In Wahrheit wurden ungefähr dreitausend Aktien von den alten Aktionären, denen sie rechtens zustanden, nicht angenommen und blieben in den Händen der Gesellschaft, die diese Aktien durch eine fingierte Buchung wiederum auf das Konto Sabatani übertrug: die alte Unregelmäßigkeit, nur schlimmer; das System bestand darin, in den Kassen der Banque Universelle eine bestimmte Menge der eigenen Papiere

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