Das Gelobte Land
Buchausgabe habe er für nicht viel mehr als ein Butterbrot bekommen, über seinen Schwager. Und nun, als er sah, dass die Eheleute den Regalkauf schon beinahe wieder aufgeben wollten wegen dieses Problems mit dem Bücherschrank, fügte er hinzu, mit verschwörerischem Gesichtsausdruck, als ob er illegal Alkohol verkaufte, dass er vielleicht ein zweites Paket mit dieser Buchreihe über seinen Schwager organisieren könnte; die Bücher seien übrig von irgendeiner größeren Ausgabe, die nicht länger verkauft werde und die man deshalb spottbillig bekommen könne.
Und so kam die Buchsendung ins Haus zu Fía und Tóti, einige Tage, nachdem dieses großartige Regalsystem im Wohnzimmer aufgestellt worden war, das Manni später nie anders als das Möbellager nannte. Es war immer kalt im Möbellager und ungemütlich, zumal es nicht für Familienmitglieder gedacht war, damit die dort herumhingen und Unordnung machten. Doch
Manni verliebte sich gleich in die Bücher, alle diese schönen, dicken, schwarzen Bücher, die sorgfältig hinter dem rauchfarbigen Glas aufgereiht standen und genau hineinpassten, wie der Verkäufer gesagt hatte. Der letzte Band blieb sogar übrig, und Fía legte ihn zur Seite und sprach davon, wie geeignet er wäre, wenn sich einmal die Notwendigkeit ergäbe, ein Konfirmationsgeschenk zu machen.
Die Bücher im Wohnzimmer. Manni war unansprechbar vor angespannter Erwartung, endlich an diese schönen Bücher zu kommen, von denen er herausgefunden hatte, dass sie von Vorzeithelden und Wikingern und Rittern und Schlachten handelten; und die nächsten Tage trippelte er in der Wohnung herum und wartete auf eine Gelegenheit, ins Wohnzimmer zu kommen und seine Nase in den Bücherschrank zu stecken. Doch als es endlich gelang, stellte sich ihm ein unerwartetes Hindernis entgegen, eine entsetzliche Enttäuschung machte sich breit, als er den Schrank öffnete und die Kostbarkeiten in die Hand nehmen wollte; sie waren in Plastik eingepackt, in stabile Folien eingeschweißt, durch die man unmöglich kommen konnte, ohne sie aufzureißen und zu beschädigen. Diese Plastikhüllen schützten die Bücher natürlich und hielten Schaden von ihnen ab, und Manni wusste, dass seine Mutter auf so etwas viel Wert legte, die Plastikbezüge auf den Autositzen versuchte sie so lange wie möglich draufzubehalten, Plastikverpackungen waren heilig, und wenn man sie wegwerfen musste, war das zum Weinen. Der Lesedurst dagegen brachte Manni bald um, er musste an diese Bücher kommen, was es auch kostete; begann heimlich, das Plastik hier und dort ein wenig aufzureißen, als ob es an den Kanten langsam aufginge, und da schnupperte er hindurch, roch diesen selig machenden Geruch von Papier und Druckerschwärze und Leder, und riss jedes Mal ein kleines bisschen mehr auf, bis sich ein Buch
aus der Verpackung löste, ohne dass er eigentlich noch groß daran zu reißen hatte. Und jedes Mal, wenn er allein zu Hause war, dann begab er sich direkt hinein ins Wohnzimmer und begann, in den Vorzeitsagas zu lesen, oder der Saga von Dietrich von Bern; tauchte ein in die Welt, die die Druckerschwärze ihm vermittelte. Das war alles äußerst merkwürdig, er sah es gleich, eigenartige Wörter, sonderbare Rechtschreibung, aber trotzdem war er bald dort in den Wald gekommen und in den Zwingstock mit Sigmund und seinen Brüdern, und eine Wölfin kam jede Nacht und fraß einen der Brüder, und erst, als Sigmund als Einziger übrig ist, gelingt es ihm, dieser Wölfin in die Zunge zu beißen und sie von der Zungenwurzel abzureißen, und so entkommt er. Schauer überliefen da den Rücken des Roten Wolfes , wie er dort mit ausgestreckten Beinen auf dem Wohnzimmerboden saß und über diese Wunder las, in entsetzlicher Angst, auf frischer Tat ertappt zu werden; dass jemand ihn überraschte und sähe, dass er die Sicherheitsschlösser aufgebrochen hatte: die Plastikeinbände. Und weiter las er, über die Wälsungen, Sigurd den Drachentöter, Brunhild, Ragnar Pelzhose und seine Brüder. Und Ketill Lachs und Grímur Lodenkinn, die waren auch keine Trottel, vielleicht hatte Manni niemanden je so gut gekannt wie diese beiden Berserker aus den Vorzeitsagas. So las er weiter, mit klopfendem Herzen und zitternd vor Spannung, in Angst, bei seiner Untat ertappt zu werden, im unbeheizten Möbellager auf dem Boden sitzend oder sogar nur neben der Regalkombination stehend, wenn er die Zeit zu kurz fand, um sich zu setzen, zum Beispiel, wenn Fía nur kurz hinunter in den
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