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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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herumkommandieren? Da sagte Mama: – Halt den Mund! Du verstehst das nicht! Sie hat mich herumkommandiert, seit ich geboren bin!
    Mein Cousin Manni wurde ungeheuer zornig und wütend, als ich ihm davon erzählte. Er hob die Arme wie ein Künstler und ging dann, mit der einen Hand auf dem Rücken, mit langen Schritten im Zimmer auf und ab, strich sich über das Kinn und sprach von Verbrechen und Schande. – Denk dir, diese großartige Frau sollte so enden müssen!
    Aber was konnten wir tun außer uns aufregen? Diese Abendgymnasiasten, die wir waren. Manni befahl mir, auf die alte Frau aufzupassen, sagte, er selbst wolle verschiedene Möglichkeiten prüfen, sie an einem guten Platz unterzubringen, meinte, er habe Verbindungen, aber natürlich hatte er keine …
    Mama dagegen hatte angefangen, sich mit dem Verkauf der Neuen Hütte zu beschäftigen. Sie unterbrach die alte Frau eines Abends, als wir auf die Fernsehnachrichten warteten und Uroma mit irgendeiner Geschichte begonnen hatte, unterbrach sie mit scharfer Stimme und sagte, sie wolle gleich am nächsten Morgen zu einem Immobilienmakler gehen, denn nun müsse man sich endlich darum kümmern, das Haus zu Geld zu machen. Die Zeit dafür sei gekommen. Die Alte murmelte irgendetwas vor sich hin, dass Mama die Hütte nicht verkaufen könne, und da regte Mama sich auf: – Du bestimmst nicht länger
darüber! Wir werden diese heruntergekommene Hütte verscheuern! Glaubst du, das kostet nichts, dich hier zu haben?! Und so ging es immer weiter, lange nachdem die Nachrichten angefangen hatten, und ich versuchte sie zum Schweigen zu bringen, aber Mama hatte sich da schon darauf eingeschossen, die Hütte schlecht zu machen, sie eine heruntergekommene, verdammte Bruchbude, ein Pestloch, einen windigen Verschlag zu nennen. Aus irgendwelchen Gründen hatte sie dieses Haus nie gemocht, obwohl sie über das Alte Haus, Gott hab es selig, sprach wie von dem Palast Ludwigs des Vierzehnten. Aber Uroma liebte die Neue Hütte, und vielleicht war es deswegen, dass Mama es genoss, sie schlechtzumachen, um der Alten wehzutun, und am Ende hielt ich es nicht länger aus und stürzte vor zur Garderobe, nahm meine Jacke und weg.
    Aber anderntags war die Lage zu Hause völlig desolat. Als ich gegen Mittag aus der Stadt heimkehrte, war Papa zu Hause, ernst und kuhäugig, als ob jemand aus der Familie gestorben sei und man ihn von der Arbeit geholt hätte. Und da war es ans Licht gekommen, als beim Immobilienhändler die Papiere überprüft werden sollten, dass sie die Neue Hütte nicht verkaufen konnten. Sie gehörte ganz einfach nicht Uroma, sondern der Stadt.
    Und Mama, die das Geld in Gedanken schon ausgegeben hatte, war in den Möbelgeschäften herumgerannt, um Sofaecken anzuschauen, hatte die Gardinenläden durchkämmt, in den Küchenfachgeschäften herumgehangen, Preisvergleiche für Waschmaschinen angestellt, als schließlich ans Licht kam, was ihr schon die ganze Zeit hätte bekannt sein sollen: Sie würde keine Öre für die Hütte bekommen. Durfte sie nicht einmal vermieten. Der Alte, mein Urgroßvater, hatte nämlich mit der Stadt einen Vertrag abgeschlossen, nach dem die alten Eheleute in der Neuen Hütte Wohnrecht hätten, solange sie lebten, und
da Uroma nun weggezogen sei und der alte Mann tot, sagten die bei der Stadt, wollten sie nun anderweitig darüber disponieren. Und es gelang Mama nur ganz knapp, das abzuwenden, indem sie sagte, die Alte sei vielleicht doch noch nicht endgültig ausgezogen …
    Es ist zwecklos, den Aufruhr und Wahnwitz der nächsten Tage bei uns zu Hause zu beschreiben. Aber alles verlief jedenfalls erstaunlich problemlos, als ich und die alte Frau wegzogen, mit unserem ganzen Hab und Gut nach Hause in die Neue Hütte flohen, mit der Unterstützung meines Cousins Manni, der mit einem Lieferwagen kam und uns beim Tragen half. Und als wir mit dem Einzug fertig waren und die alte Frau zu glauben begann, dass sie tatsächlich wieder nach Hause gekommen war, da begann sie auch manchmal die Mundwinkel nach oben zu ziehen und so zu sein, wie sie wirklich war. Und an dem Abend, als der erste Kunde zur Wahrsagestunde erschienen war, erinnerte sie sich sogar daran, wie ich hieß, nannte mich weder Grettir noch Bóbó oder Baddi, sondern sagte nur, als ich das Haus verließ, um auszugehen: – Hör mal, Mundi! Hüte dich vor dem verdammten Branntwein und den Weibern!
     
    Ich erbte Mannis Freundschaft von meinem Halbbruder Bóbó, der nun verschwunden war. Er ist

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