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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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Waschkeller gegangen war. Und weitere Bände lösten sich wie von selbst aus dem Plastik, und die Welt der Sagas wurde nicht weniger merkwürdig; Frithjof der Kühne und Sturlaug der Fleißige schritten ihm aus dem Dunkel der Jahrhunderte entgegen, und dann kamen die Runenzaubersprüche
der Busla in der Saga von Bögubósi, und da wurden die Augen des Jungen groß und die Pupillen weit und glänzend, denn nun ereigneten sich sonderbare Dinge, etwa als Bósi diesen Jarl im Gefängnisloch der Bauerntochter erweichen möchte. Und da vergaß sich Manni völlig, dachte nicht mehr daran aufzupassen, war so vollständig in die Welt der Vorzeitsagas eingetaucht, in das Reich von Bósi und Herraud; und bevor er davon wusste, war die ganze Familie in der geöffneten Tür versammelt und beobachtete den Jungen, die ganze Familie ertappte ihn bei seiner Schandtat am offenen Schrank, die Beweisstücke lagen offen zu Tage, der Plastikeinband völlig zerfetzt. Und damit hatte man endlich die Bestätigung dafür, dass Manni nicht nur faul und nachlässig und ungezogen war, sondern viel schlimmer noch von Zerstörungswut und zwanghaftem Stehlen besessen, und die Ohrfeigen und Schläge waren nichts im Vergleich zu dem halbmonatigen Belagerungszustand zu Hause wegen dieses ungeratenen Jungen. Ohne ein einziges Buch saß er eingesperrt in seinem Zimmer, lag nur an der Tür und hörte seine Eltern und seine zwei Brüder dieses Problem mit dem ungezogenen Bürschchen besprechen, kaum konfirmiert und Verdorbenheit und Verbrechernatur trotzdem schon so vollständig ausgeprägt; und nachdem er nicht einmal davor zurückschreckte, das sündhaft teure Bücherpaket aufzureißen und zu zerfetzen, hatte man nun endlich auch eine naheliegende und natürliche Erklärung dafür, dass verschiedenes hier in diesem Heim in letzter Zeit die Neigung gehabt hatte zu verschwinden; fünf Kronen hier, eine Krone da, im Kühlschrank eine leere Flasche Limonade. Der verfluchte Bengel kannte keine Skrupel, das war ganz offensichtlich, und sie hätten ihn wahrscheinlich tatsächlich irgendwo auf dem Lande oder auf einem Trawler untergebracht, wie er sie durch die Tür sagen hörte, dass es das Einzige sei, was ihn noch retten könnte,
wenn nicht der Oberlehrer selbst an der Tür geklingelt und gedroht hätte, den Schularzt vorbeizuschicken, wenn der Junge nicht bald wieder zum Unterricht erschiene …
     
    Wo war Onkel Baddi? Wir waren schon mehr als drei Wochen in der Neuen Hütte, als Manni und mir auffiel, dass Baddi eigentlich tot sein müsste, weil er sich noch nicht hatte blicken lassen. Denn sonst spürte er seine Oma, die Wahrsagerin, auf, wo sie auch war, hatte sogar in der Hochhauswohnung bei Mama und Papa mindestens zweimal im Monat angeklopft, solange Uroma dort war, aber nun gab es keine Spur von ihm. Allerdings sprach ich in diesen Tagen nicht mit Mama und erfuhr daher so gut wie nichts, und Uroma und ich hatten es auch nicht so oft auf unserem Programm, sie anzurufen. Aber dann geschah es, als Uromas monatliche Rente das erste Mal in unserem kleinen Heim eingehen sollte, dass es ans Licht kam, dass Mama die Zahlungen an sich hatte überweisen lassen; sie landeten direkt auf einem Sparbuch, das sich in ihrer Obhut befand. Das erfuhren wir bei der Rentenkasse. Zwar sei es kein Problem, zur früheren Regelung zurückzukehren, und in Zukunft bekäme die alte Frau das Geld ausbezahlt, wie sie es wollte; aber die Zahlung für diesen ersten Monat war zu Mama auf das Sparbuch gekommen, Uroma hatte selbst die Erlaubnis dafür unterschrieben.
    Da war nichts anderes zu tun für mich, als Mama anzurufen, obwohl mir das sehr schwerfiel. Aber uns fehlte das Geld, wir hatten kaum genug für Kartoffeln. Also griff ich zum Hörer.
    Es war die reinste Komödie.
    Mama hatte sich, nachdem sie sich von ihrem Wutanfall erholt hatte nach unserem eiligen Auszug aus ihrem Haus, für die Taktik entschieden, über all das schrecklich traurig zu sein, das wusste ich. Aber dass sie noch so von Schmerz geschüttelt
und den Tränen nahe war, wie ich es gleich hörte, als sie ans Telefon ging, das warf mich um.
    Ich begann natürlich gleich, von dem Sparbuch und dieser Zahlung von der Rentenversicherung zu sprechen, aber sie schien nichts zu hören oder zu verstehen, bat mich, alles zu wiederholen, sie habe gerade an etwas anderes gedacht, mit schrecklich leiser, tonloser Stimme.
    – Bin ich es also, die dir Geld schuldet, mein lieber Mundi, fragte sie dann. – Und das hat man

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