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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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gemeinsam, und er dachte zurück an seinen Bruder Danni, den Flughelden, und Tränen traten ihm in die Augenwinkel. Aber dann riss er sich zusammen, schüttelte die alten Erinnerungen ab und sagte blitzschnell zu sich selbst: Never show your feelings, rief er und donnerte mit der geballten Faust auf den Sofatisch, der nachgab und mit lautem Krachen auf dem Boden zusammenfiel. So groß war die Kraft. Dann stand er auf und folgte der Einladung des Nachtlebens, selbstsicher im Auftreten, und beim Gehen stimmte er Elvisballaden an. Alle, die ihn sahen, wunderten sich, woher dieser großartige Mann käme, die aber, die gute Menschenkenner waren, fragten sich, warum er so glücklos war.

     
    (Nun zerhackte Manni die Luft noch heftiger als zuvor, sah auf und sagte zu mir: – Kleine Anspielung auf die Njáls-Saga).
    An dem Abend, von dem hier berichtet wird, geschah Baddi ein kleines Missgeschick. Er hatte vor, seine Freunde zu besuchen, die in einem Haus in der Oststadt wohnten. Das waren Männer, die aus dem Vergnügungsleben der Hauptstadt bekannt waren, von denen anzunehmen war, dass sie einem durstigen Manne ein paar Tropfen zu trinken geben würden, sofern sie in der Stimmung dazu waren. Aber Baddi passierte es in seinem Rausch, als er bei den erwähnten Freunden durch das Fenster einsteigen wollte, dass er sich im Haus irrte und bei einer alten Frau landete, die alleine nebenan wohnte. Es fiel ihm nicht auf, dass alle Lichter gelöscht waren, was bei den erwähnten Freunden sehr selten der Fall war, sondern rückte den Krawattenknoten zurecht, sprang geschmeidig wie eine Katze in den Garten, schwang sich wie Tarzan hinauf in den Baum und bei der alten Frau durch das Fenster hinein.
    Die alte Frau schlief kraftlos, sie schlief nur leicht, um nicht ohne Vorwarnung im Schlaf zu sterben, ohne noch einmal aufzuwachen, ihr gurgelndes Atemgeräusch klang durch das Zimmer wie Wasser, das in einer Höhle tropft. Sie fuhr auf, als Baddi mit dem Laut einer Katze auf dem Boden landete und sich umsah.
    Sie brauchte lange Zeit, um sich zurechtzufinden, riss die Augen auf und starrte auf diesen dunkelgekleideten und unheimlichen Mann, der sich mitten im Zimmer hin- und herwiegte und mit den Fingern schnippte. Dann spürte sie einen stechenden Schmerz in der Herzgegend und jammerte ängstlich:

    – Wer bist du? Was machst du hier?
    Baddi sah sie mit Falkenaugen an wie der mit einem Maschinengewehr bewaffnete Soldat aus »Combat«, der eine Gruppe deutscher Soldaten gefangengenommen hat, er sah mit drohender, verachtungsvoller Miene auf die zitternde Greisin im Bett, dann schnalzte er mit der Zunge, zog die Schultern hoch und deutete auf sie, als ob er mit der einen Hand eine Pistole auf sie richtete, während die andere ebenfalls bereit sei zu ziehen:
    – Don’t play no games with me woman!, sagte er kühl und sprang auf gleichem Weg hinaus, wie er gekommen war.
    Später in der Nacht setzte sich Baddi die wirre Idee in den Kopf, seine geschiedene Ehefrau und die Kinder zu besuchen, und die lebte zu dieser Zeit mit einem früheren Freund und Zechgenossen Baddis zusammen, der sich von seinem Irrweg abgekehrt und aufgehört hatte zu trinken und in eine christliche Gemeinschaft eingetreten war. Aber die beiden nahmen den Besuch des vergnügungssuchenden Mannes schlecht auf und riefen sofort die Polizei, die keine Umschweife machte, sondern Baddi sofort festnahm, der von den Beamten als alter Bekannter betrachtet wurde.
    Baddi war so böse und empört über seine Festnahme, dass er sofort nüchtern wurde. Seine Kinder nicht in Frieden besuchen zu können! Er wollte diesen no-good Gehirnamputierten bei der Polizei sagen, welche Meinung er über Arbeitsmethoden dieser Art hatte. Als er in das Verhörzimmer geschoben wurde, erkannte er sofort den Kommissar, der auf der anderen Seite des Tisches saß, sie waren sich schon einmal bei einem Verhör begegnet, das in einer großen philosophischen Debatte geendet hatte.
Der Kommissar, der Samúel Pique genannt wurde, war ein hervorragender Polizeioffizier, scharf, treffsicher, und schwer bei den Hörnern zu packen. Die, die er verhörte, pflegte er seine Kunden zu nennen. In der Polizei war er hoch angesehen wegen seines großen Erfolges in allen Fällen, mit denen er betraut wurde, obwohl seine Methoden manchmal außerordentlich zweifelhaft schienen. Er war eine Zeit lang im Drogenkommissariat und hatte es in Rekordzeit geschafft, alle Isländer, die irgendwann einmal den Geruch von

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