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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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wirkte verwirrend. Einen Augenblick saß sie reglos da, um sich zu sammeln; der Mann war indessen hinuntergesprungen und bahnte sich seinen Weg in ein Gasthaus, nach Essen schreiend. Da mußte sie abermals lachen, und sie kletterte hinab.
    »Ich fühle mich, als wäre ich schon hundertfünfzig Kilometer marschiert«, bemerkte sie zu Hsieh-ying, die herbeieilte, um ihr zu helfen.
    Alle scharten sich um sie, und Hsieh-ying sagte: »Nachher tausche ich mit Euch den Platz, denn ich habe gesehen, wie Euer Fahrer auf die Unebenheiten der Straße überhaupt nicht achtete. Der Mann in unserm Wagen aber hat studiert; er ist sehr klug und weicht allen Löchern und Höckern aus.«
    In Wahrheit aber hatte Hsieh-ying, von Natur derb und kräftig, an der Derbheit und Kraft jenes Fahrers Gefallen gefunden. Dies erriet Mayli, und sie ließ es mit einem Lächeln dabei bewenden.
    Nachdem sie die für sie vorbereitete Mahlzeit – große Schalen mit Reis und Fleisch und Kohl – zu sich genommen hatten, konnte nichts Hsieh-ying daran hindern, zu dem Fahrer mit dem gewöhnlichen Gesicht hinaufzuklettern. Mayli hingegen fand sich neben einem blassen jungen Mann, der ihr, ohne zu lächeln, zunickte, als sie den Sitz neben ihm einnahm.
    Das war entschieden ein ganz anderer Mensch. Er kannte sein Fahrzeug wie einen Bruder, er behandelte es behutsam, und der Wagen bewegte sich so geschmeidig wie eine Katze vorwärts. Es war die gleiche Straße, keineswegs verbessert, aber wie anders war sie! Mayli sagte: »Sie fahren den Wagen, als ob Sie ihn kennten.«
    »Ich kenne ihn auch«, gab der junge Mann zurück. »Ich bin Ingenieur. Ich habe ein Diplom von einer amerikanischen Universität.«
    »Warum tun Sie dann jetzt dies?« fragte sie.
    Ohne es selber zu merken, hatte sie ihn auf englisch angeredet, und auf englisch hatte er ihr geantwortet.
    »Ich studierte in Amerika – mein letztes Jahr –, und dann konnte ich das Studium nicht fortsetzen, ich mußte heimfahren und mitmachen. Nun, ich ging nach Tschungking und wartete und wartete. Nichts geschah. Dann bot sich mir diese Möglichkeit, und ich griff zu.«
    »Nichts geschah?« wiederholte sie.
    Er verzog die Lippen. »Mir fehlte, was man haben muß, um zu dem großen Tier zu gelangen.«
    »Was man haben muß?«
    »Einfluß, Geld, um die Tore zu öffnen, Schlauheit und dergleichen.«
    »Aber man braucht das alles gar nicht«, entgegnete sie. »Ich habe nichts davon, und ich ging hin und sprach mit beiden.«
    Er zuckte die Schultern, hielt die Augen auf die Straße gerichtet und schwieg lange Zeit. Dann begann er unvermittelt zu reden, ohne die Straße aus den Augen zu lassen.
    »Unser Land ist das schönste in der Welt. Schauen Sie sich nur die Berge an! Es sind die schönsten in der Welt. Ich war ganz heimwehkrank.«
    Tatsächlich war alles ringsum sehr schön. Die Hügel, die nicht von Bäumen bestanden, aber mit rötlichem Wintergras bedeckt waren, glühten purpurn gegen den vergoldeten Abendhimmel. In den Tälern drängten sich die Bauernhäuser zu Dörfern, die vor den Bergen lagen, und die Hügelhänge waren in Felder abgestuft. Blaublusiges Bauernvolk stand unter den Türen und blickte den vorbeifahrenden Wagen nach; Kinder liefen zum Straßenrand, um zu rufen und zu winken. Der Bambus war noch immer grün in den Vertiefungen der Hügel, und da und dort beschrieb ein Tempeldach seinen hohen, reinen Bogen.
    »Um dessentwillen kam ich zurück«, sagte er, noch immer auf englisch. »Ich kam um dieses Landes und Volkes willen zurück – nicht wegen irgendeines großen Tieres an der Spitze.«
    »Sie sind Kommunist?« erkundigte sie sich, von einer inneren Stimme getrieben.
    »Ich weiß nicht, was Sie mit dem Wort meinen«, versetzte er. »Ich bin ein Mann des Volkes.« Wieder schwieg er lange Zeit; dann fügte er hinzu: »Des Volkes … durch das Volk … für das Volk.«
    Sie erkannte die vertrauten fremdländischen Worte, ohne zu wissen, warum er sie gerade jetzt gebrauchte. Er erklärte sie auch nicht. Schweigend fuhren sie eine weitere halbe Stunde dahin; dann brachte er den Wagen vor den Toren einer kleinen Stadt sanft zum Stehen. »Hier lagern wir heute nacht«, sagte er und sprang hinab.
    Sie kletterte ebenfalls hinunter und sah ihn, bevor sie sich abwandte, den Wagen mit einer Zärtlichkeit prüfen, als wäre er ein lebendiges Geschöpf, das ihm gehörte.
    »Morgen muß ich ihn nach seinem Namen fragen«, dachte sie, und sie wunderte sich, daß sie sich nicht schon längst

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