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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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geliebt hatte.
    »Ich weiß gern, daß eine Frau eine Frau ist, wenn ich sie ansehe«, hatte er einmal gesagt, als sie ihn damit neckte, daß sie sich die Haare abschneiden würde, wie es jetzt so viele Frauen taten.
    Aber sie dachte nur einen Augenblick an ihn. Dann griff sie den langen Zopf mit der Hand, kehrte zu ihrer Schlafstätte zurück, öffnete ihren Tornister und holte das Scherchen aus dem Nähbeutel, den Liu Ma ihr in der Nacht vor dem Aufbruch gebracht hatte. Die Haare mit der linken Hand festhaltend, schnitt sie sie mit der Schere im Nacken ab. Die Frauen sahen ihr zu, aber keine sprach ein Wort. Den Zopf in der Hand, ging sie in die Küche, wo sie auf das Feuerloch des Herdes zusteuerte, vor dem der alte Priester hockte. Vor seinen erstaunten Augen warf sie ihr Haar ins Feuer, als wäre es Heu.
    Er kicherte, und sie gewahrte seine zahnlose Mundhöhle. »Wahrhaftig, dies ist das erstemal, daß das Frühstück von Priestern mit Frauenhaaren zubereitet worden ist«, sagte er mit der hohen Quietschstimme eines Eunuchen.
    Sie lächelte und ging wieder hinaus. Draußen im Hof schüttelte sie den Kopf, und der Wind war kühl in ihren kurzen Haaren. Sie fühlte sich leicht und frei, und von diesem Tag an trug sie das Haupt noch höher als früher.
    An diesem Tag stieg die Große Straße, die schon am vergangenen Tag gestiegen war, noch höher zu den Bergen an. Zuerst hatten sie am vorigen Tag kleine Wege benutzt, um den feindlichen Bomben zu entgehen. Doch als sie sich der Grenze genähert hatten, war Befehl gekommen, südwärts zur Großen Straße abzuschwenken. Wer hatte nicht von dieser Straße gehört? Sie alle wußten, wie Männer und Frauen sie geschaffen, deren Werkzeuge Spaten und Hacken waren, mit denen sie zuvor nur die Felder bestellt hatten. Und wer keine Werkzeuge besaß, der benutzte die Hände.
    Mayli fuhr mit dem zweiten Wagen, in dem sie schon am vorigen Tag gesessen hatte; darüber freute sie sich, denn jetzt machte der junge Ingenieur sie auf Dinge aufmerksam, die sie ohne ihn vielleicht verständnislos betrachtet hätte. Er war schon im Wagen, als sie hinaustrat, nachdem sie alle ihre Pflichten erfüllt hatte. Sie setzte ihren Stolz darein, daß durch ihre Frauen keinerlei Verzögerung verursacht wurde, und so stand sie vor dem Tempel wartend an ihrer Spitze, als Chung herauskam. Als er sie dort erblickte, lächelte er reuig, denn er hatte sich in Hast angezogen, und seine Haare sträubten sich ungebürstet.
    »Das frühe Aufstehen ist ein der Menschheit auferlegter Fluch«, sagte er mit gespielter Verzweiflung.
    »Ich dachte, Sie wären immer früher auf als ich«, gab sie zurück.
    Er gähnte laut als Antwort, schüttelte sich wie ein Hund, holte ein Stück braunes Sesambrot aus seiner Tasche hervor und nagte daran, während er seinen Platz auf einem Kistenstapel einnahm. Mayli stieg erst ein, nachdem alle ihre Frauen in den Wagen untergebracht waren. Der junge Ingenieur saß wartend da, sehr sauber und ordentlich, die Haare sorgfältig geglättet; der Motor war angelassen.
    Er sah sie mit einem ganz kleinen Lächeln an. »Mein Name ist Li Kuo-fan«, sagte er. »Die Amerikaner nennen mich Charlie.«
    »Charlie?« wiederholte sie. »Das paßt besser zu Ihnen als Li Kuo-fan. Lassen wir es also bei Charlie. Und ich heiße Mayli, mit dem Zunamen Wei.«
    Er nickte, ohne ihren Namen zu wiederholen, und der Wagen setzte sich in Bewegung.
    In seinen langen, schmalen Augen konnte sie Entzücken lesen. »Auf diesen Tag habe ich mich gefreut«, erklärte er. »Seit die Große Straße gebaut ist, wünschte ich mir, darüber zu fahren. Nun habe ich die Möglichkeit. Vielleicht ist das der Grund, daß ich mitkam.«
    Die Straße stieg sehr steil an, und doch war die Steigung nicht beschwerlich. Wie eine Trift hing sie an den jähen Berghängen.
    »Sehen Sie, wie sie den Stützen an den Bergflanken folgt«, sagte er. »Sie ist von Menschen gebaut worden, die diese Berge so lange hinaufgeklettert waren, daß sie wußten, wo ihre Füße einen Halt fanden.«
    So war es gewesen. Generationen von Grasmähern hatten den verborgensten gangbaren Pfad für ihre Füße gefunden, und Generationen von Händlern, die ihren Packeseln auf dem Weg gen Westen folgten, um dort ihre Waren zu verkaufen und gute Neuigkeiten in Erfahrung zu bringen, hatten die möglichen Wege erforscht, wenn sie die Bergketten des Westwalls erstiegen.
    »Man fragte ausländische Ingenieure, wie lange es dauern würde, diese Straße zu

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