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Das Generationenschiff

Das Generationenschiff

Titel: Das Generationenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
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zusammenzureimen, was hier vor sich ging. Telemetrie? Das konnte nur bedeuten, daß Sie immer noch überwacht wurde. Sie trug nicht mehr die Sachen, an die sie sich erinnerte, den Druckanzug und den Overall, die sie auf Diplo getragen hatte, sondern ein Krankenhaushemd mit einem lächerlichen Muster aus gelben Gänseblümchen, aus einem knittrigen weißen Stoff, der sich wie Plastik anfühlte. So stellte sich wohl jemand etwas vor, das Patienten fröhlich machte. Bei Lunzie wirkte es nicht. Sie sah keine Drähte und spürte keine Schläuche, also mußte die Telemetrie auf indirektem Wege erfolgen. Sie lag wahrscheinlich in einem ›intelligenten‹ Krankenbett, das die Herzfrequenz und Schweißabsonderung, die Temperatur, Aktivität und sogar die Verdauungsgeräusche eines Patienten registrieren konnte, ohne mit ihm verbunden zu sein.
    Sie setzte sich auf, gewöhnte ihre Arme und Beine langsam wieder an die Bewegung. Ihr schwindelte nicht, ihr war nicht übel, sie hatte keine pochenden Kopfschmerzen. Sie wußte nicht recht, was sie daran so überraschte. Schließlich hatte man dreiundvierzig Jahre Zeit gehabt, um Drogen mit geringeren Nebenwirkungen als jene zu entwickeln, die sie auf Ireta zur Verfügung gehabt hatte.
    Wo immer sie sein mochte, ihre Unterkunft war jedenfalls mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet. Lunzie stellte sich unter die Dusche und schrie auf, als sie mit dem eigenartigen Hebel das Wasser abzuschalten versuchte und statt dessen mit Kältegüssen traktiert wurde. Das war jedenfalls eine todsichere Methode, um richtig wach zu werden. Sie hüllte sich in ein dickes, schweres Handtuch und sah sich in dem kleinen Zimmer um. Die Tasche mit ihren Habseligkeiten, deren grüner Stoff nicht abgenutzter war, als sie ihn in Erinnerung hatte, enthielt immer noch ihre angebrochenen Behälter mit Kosmetik, Parfüms und Cremes. In den Schubladen unter dem Nachttisch fand sie noch mehr davon, außerdem Medikamente für Notfälle und kleinere Unpäßlichkeiten. Sie runzelte nachdenklich die Stirn. Es würde schwierig sein, bei dieser Vielzahl an Medikamenten Selbstmord zu begehen, aber vielleicht würde es etwas nützen, wenn man sie auf nüchternen Magen alle auf einmal schluckte. Wurden Menschen in Gefangenschaft Drogen nicht gewöhnlich vorenthalten?
    Schubladen auf der einen Seite enthielten säuberlich zusammengefaltete Kleidungsstücke, die Lunzie nicht einmal erkannte, als sie sie ausschüttelte, darunter Schlafanzüge und Freizeitkleidung in ihrer Größe und in Farben, die sie mochte, die sie aber selbst nie gekauft hätte. Sie entschied sich für einen Aufzug, den sie auch in der Öffentlichkeit getragen hätte, eine lockere Plüschhose und einen Pullover. Danach fühlte sie sich besser. In diesem lächerlichen Krankenhaushemdehen hätte sich jeder hilflos und unterwürfig gefühlt. Nachdem sie sich angezogen, ihre Haare gewaschen und gebürstet und ihre Füße in weiche Schuhe gesteckt hatte, war sie bereit, sich der Welt zu stellen. Welche Welt es auch sein mochte.
    Als sie ins andere Zimmer zurückkam, stellte sie fest, daß jemand das Bett gemacht und zur Seite gerollt hatte. Jetzt stand ein kleiner Tisch mit einer angerichteten Mahlzeit mitten im Raum. Die Mahlzeit bestand aus einer Suppe, Obst und einem Stück Brot. Genau das, was sie sich gewünscht hätte. Aber das Zimmer war leer und still. Hatte sie so lang gebraucht, um sich herzurichten? Sie sah sich um, fand aber keine Uhr.
    Sie fragte sich, ob man das Essen mit Drogen versetzt hatte, und kam zu dem Schluß, daß es keinen Unterschied machte. Wenn die Verantwortlichen – wer immer es sein mochte – sie unter Drogen setzen wollten, würden sie es auch einfacher bewerkstelligen können. Sie aß das köstliche Menü im vollen Bewußtsein, wie gut es schmeckte. Dann nahm sie sich den Spind vor, auf den ihr Betreuer gezeigt hatte. Er enthielt die restliche Kleidung von ihrer Reise nach Diplo und die anderen persönlichen Gegenstände, die sie mitgenommen hatte. Alles schien frisch gesäubert, ansonsten aber nicht angerührt worden zu sein.
    Die Föderationszentrale. Der Mann hatte gesagt, sie befände sich in der Föderationszentrale. Sie war noch nie dort gewesen und wußte nicht mehr darüber, als man den Medienberichten über die Ratssitzungen entnehmen konnte. Wer verfügte über gesicherte medizinische Einrichtungen in der Föderationszentrale? Die Flotte? Aber wenn sie in den Händen der Flotte war, konnte Sassinak sie doch sicher

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