Das Generationenschiff
Unglücklicherweise. Jetzt ist sie verschwunden. Sie und ein iretanischer Eingeborener namens Aygar …«
»Aygar!«
Lunzie kam sich dämlich vor, als sie den Namen wiederholte, aber ihr fiel nichts Besseres ein. Warum sollte Sassinak mit Aygar irgendwohin unterwegs sein? Es sei denn, sie … aber Lunzie glaubte nicht für einen Moment daran. Sassinak hatte niemals auch nur für einen Moment an etwas anderes als ihr Schiff und dann an die Flotte gedacht. Sie würde sicher nicht mit Aygar auf eine Spritztour gehen, wenn der Prozeß gegen Tanegli anstand.
»Laut den Aussagen von Arly, der ranghöchsten Offizierin an Bord der Zaid-Dayan …« Er machte eine Pause, um zu sehen, ob sie den Namen kannte. Sie nickte. »Nach ihren Aussagen hat Commander Sassinak Sie nach Diplo geschickt, um Informationsquellen zu überprüfen, die eine Verbindung zwischen Diplo und den Vorfällen auf Ireta nahelegen. Ist das richtig?«
»Ja, das stimmt.«
In alle Kürze schilderte sie Sassinaks Überlegungen und ihren Entschluß, jemanden nach Diplo zu schicken.
»Ich war in vielerlei Hinsicht bestens dafür geeignet.«
»Das hätte ich nach Ihren unangenehmen Erlebnissen mit den Schwerweltlern auf Ireta eigentlich nicht vermutet«, sagte Coromell. »Die letzte Person, die man schicken sollte …«
»Aber ich bin froh, daß ich’s getan habe.«
Sie verstummte, fragte sich, ob sie ihm alles erzählen sollte, und schob einen kurzen Bericht über ihre Neuausbildung auf Liaka und den ersten Teil der Expedition ein.
»Ich nehme an, daß Sie die Informationen ermittelt haben, die Sie suchten?« Weil sie nicht sofort antwortete, legte er den Kopf schräg und grinste. »Oder hat man Sie beim Herumschnüffeln erwischt und Sie in einer Kälteschlafkapsel nach Hause geschickt, um uns zu frustrieren?«
»Ich … ich bin mir nicht sicher.«
Er wartete ruhig, aber neugierig in der typischen Haltung eines erfahrenen Fragestellers ab, der weiß, daß der Verdächtige sich selbst entlarvt, wenn man ihm die Zügel lose läßt. Sie wollte keinem Flottenadmiral, vor allem diesem Flottenadmiral nicht erklären, was sie mit Zebara zu tun gehabt harte, aber es gab keine andere Möglichkeit. Wie sollte sie es am besten anstellen? Sie erinnerte sich daran, daß Sassinak einmal einen Jungoffizier zusammengestaucht hatte, der versucht hatte, einen Fehler zu verbergen. »Wenn nichts mehr geht, junger Mann, dann sagen Sie einfach die Wahrheit.« Lunzie glaubte nicht, daß sie selbst einen so großen Fehler gemacht hatte, aber es war trotzdem besser, wenn sie die Wahrheit sagte, und zwar die ganze Wahrheit.
Es dauerte länger als erwartet. Obwohl Coromell keine Fragen stellte, ehe sie fertig war, merkte sie seinem Gesichtsausdruck an, wenn er ihr nicht folgen konnte und sie einen Zusammenhang noch einmal erklären mußte. Und ihre verbliebene Empörung über Bias sowie ein natürlicher Widerwille, ihre emotionale Beziehung zu Zebara zu erörtern, veranlaßten sie, sich allzu lang über die Prüderie des Mannschaftsleiters auszulassen. Schließlich fand sie doch ein Ende und schloß mit den Worten: »… und dann bin ich in diesem stickigen Wagen furchtbar müde geworden, und als ich wieder aufwachte, war ich hier.«
Eine lange Pause trat ein, in der Lunzie dem Blick seiner strahlenden blauen Augen standhalten mußte. Das Alter hatte sie nicht im mindesten getrübt. Sie hatte das Gefühl, daß diese Augen Dinge sahen, die sie nicht erwähnt hatte. Sie hatte nichts über die Oper Bittere Bestimmung erzählt, außer daß Zebara mit ihr in die Oper gegangen war. Coromell seufzte schließlich. Es war der erste Laut, den er von sich gab, der wirklich alt klang.
»Aha. Und hat Zebara Ihnen die versprochenen Informationen anvertraut? Oder werden Sie beim Prozeß nur Ihre eigene Aussage machen können?«
»Als ich das Haus verließ, harte er mir noch nichts verraten«, sagte Lunzie. »Er sagte nur, daß ich seine Botin sein sollte. Und dann … dann war’s vorbei.«
»Aber er hat Sie in den Kälteschlaf versetzt und an Bord eines Frachters geschafft, der Sie mit einer Ladung Teppichen aus Musky-Fell hergebracht hat. Und wie ich gehört habe, hat es einige Aufregung gegeben, als der Zoll mit dem Scanner einen metallischen Gegenstand entdeckte und den ganze Kram auswickeln mußte. Ihre kleine Kapsel ist am Ende herausgerollt wie … wie hieß doch diese Königin auf der Alten Erde? Guinevere oder Catherine oder Cleopatra? – ungefähr so. Sie ließ sich in einen
Weitere Kostenlose Bücher