Das Generationenschiff
Möglichkeit, daß … ahm … daß Aygar und ich vielleicht …«
Was sollte das denn jetzt?
»Spucken Sie’s aus, Fähnrich, und machen Sie schnell. Wir müssen noch ein Shuttle erwischen.«
»Dürfen wir zusammen runter? Ich meine, Sie werden beschäftigt sein, und er braucht wirklich jemanden, der …«
Sie sah in seinem Gesicht, daß sich ihre eigene Miene verändert hatte.
»Woher wissen Sie denn, daß ich ›beschäftigt‹ sein werde?«
Er wurde rot und sagte nichts, warf aber einen flüchtigen Seitenblick auf Aygar. Sassinak seufzte.
»Fähnrich, wenn Ihr Gast über vertrauliche Informationen verfügt, sollten Sie so klug sein, darüber hinwegzusehen. Sie haben sicher meine Erklärung gehört: kein Freigang, kein Urlaub. Es ist nicht meine Entscheidung. Die Föderationszentrale hat es so verfügt. Man vertraut der Flotte hier nicht. Und wenn Sie durch irgendeinen unglücklichen Zufall doch auf dem Planeten landen sollten, könnte Sie eben dieses Mißtrauen in ernste Schwierigkeiten bringen.«
»Ja, Captain.«
»Mir ist auch neu, daß Sie und Aygar Freunde sind.«
Diesmal meldete sich Aygar zu Wort, mit fast demselben Eifer wie Tim.
»Der Kleine hier ist stärker, als er aussieht. Wir haben heute auf Anregung des Commanders zusammen in der Sporthalle trainiert.« Der clevere Currald, dachte Sassinak. Die beiden werden einander guttun.
»Trotzdem kann er nicht mit runter. Tut mir leid. Und Sie begleiten mich. Sie werden selbst genug zu tun haben.«
Timran wirkte untröstlich. Sassinak grinste ihn an.
»Na, kommen Sie schon. Ich brauche die besten Shuttle-Jockeys hier oben, nur für den Fall, daß es plötzlich rund geht.«
Er strahlte sofort, und Sassinak führte Aygar durch den Zugangstunnel in die Shuttlebucht der Station.
Es war nichts vorgefallen, das Mißtrauen erregte, dennoch fühlte sich Sassinak so beklommen, als drehe ihr jemand die Luft ab. Aygar hatte längst aufgegeben, auf interessante Geschäfte oder seltsame Kostümierungen zu zeigen. Er war in ein fast mürrisches Schweigen verfallen. ärgerte sich mehr darüber, als sie wollte. Schließlich gehörte er nicht der Flotte an. Man konnte nicht erwarten, daß er wie ein ausgebildeter Raumfahrer reagierte.
Sie waren ohne erkennbare Verfolger aus dem Shuttlehafen in einen stickigen Nachmittag hinausgetreten, der durch den brennenden braunen Dunst über der Stadt noch verschlimmert wurde. Sassinak war keine Expertin, aber sie hatte ausgiebig von den glänzenden Schaufenstern in der Einkaufspassage des Shuttlehafens Gebrauch gemacht. Niemand schien ihnen zu folgen. Niemand blieb wiederholt stehen, um in die Schaufenster zu schauen, wenn sie es auch tat. Sie war schon einmal mit Aygar in der Stadt gewesen. Wer nicht schon von ihrem Treffen mit Coromell wußte, mußte den Eindruck haben, daß es sich um einen ihrer üblichen Ausflüge handelte.
Man würde erwarten, daß sie ihn in eins der monotonen grauen Gebäude brachte, in denen die Vertreter der Anklage die Verhandlung gegen Tanegli vorbereiteten, oder in einen der flotteneigenen grauen Distrikte. Und danach, wo sie schon einmal hier waren, auf eine weitere Tour zu den Sehenswürdigkeiten.
Sie waren in Richtung der Flottenbüros gegangen, dann aber anweisungsgemäß in eine der Express-U-Bahnen gestiegen, die in die Vororte fuhren. Keiner von denen, die mit ihnen einstiegen, saß noch mit ihnen im Modul, als sie aus- und in eine andere Linie umstiegen. Sie fuhren so lang unter der riesigen Stadt im Zickzack, daß Sassinak selbst nicht mehr genau wußte, wo sie sich befanden.
Als schließlich nur noch ein kurzes Stück bis zum vereinbarten Treffpunkt vor ihnen lag, wünschte sie sich, sie wäre als Weberin zur Welt gekommen und hätte sich am Hinterkopf Augen wachsen lassen können. Die heiße Sonne und der Smog bereiteten ihr Kopfschmerzen. Sie hätte am liebsten den technischen Dienst angerufen und sich beschwert. Da! Eklariks Phantasien und Schöpfungen. Das Schild war mit purpurroten Schnörkeln auf grünem Untergrund beschriftet und in den Ecken mit mythischen Ungeheuern verziert. Kein Geschäft, das sie je allein betreten hätte. Eine Warnung an jeden Verfolger, soweit es sie betraf.
Hegte Admiral Coromell eine heimliche Leidenschaft für historische Kostüme oder antike Musikinstrumente? Sie stieß Aygar mit dem Ellbogen an. Seine Schultern zuckten, aber so bewegte er sich durch den Verkehr der Gleitschienenbahnen. Sassinak schob den Perlenvorhang beiseite und ließ ihn
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