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Das Generationenschiff

Das Generationenschiff

Titel: Das Generationenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
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unübersehbar echt wie das Holz, aus dem Sassinaks Schreibtisch bestand. Lunzie holte tief Luft, versuchte innerlich zur Ruhe zu finden und spürte, wie sie in sich selbst zurücksackte. Sie verbeugte sich, und die Tür schwang über einer schneeweißen, steinernen Schwelle auf. Ein braun gekleideter Novize verbeugte sich vor ihr, trat zurück, um Lunzie einzulassen, und schob hinter ihr die Tür wieder zu. Mit einer weiteren Verbeugung nahm der Novize Lunzies Tasche an sich und verschwand leise in Richtung der Schlafhütten.
    Diese Anlage war mit keinem anderen Ort auf dieser Station oder auf irgendeiner anderen Station zu vergleichen. Vor ihr, auf der linken Seite, ragte ein Stein wie ein miniaturisierter Berg von einem Gehweg auf, der kunstvoll so angelegt war, daß er den Blick auf einen Pavillon lenkte. Lunzie blieb stehen, wo sie war, betrachtete den Stein und den kleinen, unregelmäßig geformten Teich dahinter.
    Die ›Reinigung des Steins‹ war eine elementare Übung, auf der aber viele andere, fortgeschrittenere Übungen aufbauten. Befreie den Geist von allen Bedrängnissen, sehe den Stein so, wie er ist … reinige ihn von Assoziationen, Wünschen, Träumen, Phantasien, Ängsten. Das Wort ›Stein‹ hallte in ihrem Kopf wider, wurde zum Sinnbild all dessen, was ihr Schmerzen zugefügt hatte, auch der mysteriösen Thek, die jeden Versuch vereitelten, sie verstehen zu wollen. Sie stand ruhig und entspannt da, ließ all diese Gedanken hinausströmen und wischte sie dann weg. Doch sie kamen immer wieder und mußten viele Male von dem Stein abgewischt werden, vor dem sie stand. Er hatte eine gewisse Schönheit für sich, eine Geschichte, eine Zukunft, ein Jetzt. Sie ließ den Blick über die unregelmäßige Oberfläche wandern und machte sich nicht die Mühe, sich das Glitzern von Glimmer, das Schimmern von Quarz einzuprägen. Sie mußte nichts im Gedächtnis bewahren, der Stein war hier und jetzt, so stofflich wie sie und ebenso wert, daß man ihn kannte.
    Nachdem sie ihn ausgiebig betrachtet hatte, streckte sie die Hand aus, um ihn leicht und zaghaft zu berühren, seine unregelmäßige, plumpe Gestalt von neuem kennenzulernen (aber nicht, um sich daran zu erinnern). Sie beugte sich vor, um ihn zu riechen, den seltsamen, unbeschreiblichen Geruch eines Steins in sich einzusaugen, unter den sich der Geruch von Wasser und anderen Steinen mischte. Es hing noch ein anderer, süßlicher Geruch in der Luft, auf den sie aufmerksam wurde, als sie sich aufs Riechen konzentrierte, aber sie ließ sich nicht von dem Stein ablenken.
    Sie war immer noch ganz ruhig, wurde von keiner Eile getrieben und hatte nicht das Gefühl, warten zu müssen, als er auf einmal im Pavillon auftauchte. Er, der ehrwürdige Meisteradept, der zwar einen Namen hatte, den aber hier, wo Namen nichts bedeuteten und das Wesen alles, nie ausgesprochen wurde. Als sie sich seiner Gegenwart bewußt wurde, erkannte sie, daß er schon eine ganze Zeit dort gestanden hatte. Sie wußte nicht wie lang, und es war ohne Bedeutung. Wichtig war nur, daß sie ihren Geist beherrschen, sich auf Wunsch in etwas versenken und wieder zurückziehen konnte. Er würde bereit sein, wenn sie bereit war; sie würde bereit sein, wenn er bereit war. Sie hörte einen Tropfen Wasser fallen und bemerkte, daß der Brunnen eingeschaltet war. Sie verbeugte sich vor dem Felsen, und als sie langsam den Weg entlangging, hatte sie zum ersten Mal seit Jahren das Gefühl, daß ihre Seele völlig frei war (denn ihre Sorgen hatte sie sogar in den Kälteschlaf mitgeschleppt, ohne ihnen darin nachhängen zu können). Die Gedanken schwammen durch ihren Kopf wie der Karpfen durch den Teich. Sie ließ ihnen ihre Freiheit, ließ die einen in ihrer schuppigen, glänzenden Schönheit fast bis an die Oberfläche auftauchen, während andere reglos als bloße Schatten unter der Oberfläche dahinschwebten.
    Dies war der Mittelpunkt der Welt, ihrer Welt, der Welt jedes Adepten, auch wenn die Anlage, physisch gesehen, keinen Mittelpunkt von irgendetwas bildete. Vor dem Meisteradepten hatten Verlegenheiten keinen Platz. Sie kniete auf der anderen Seite des kleinen Tisches vor ihm nieder und war sich nicht mehr bewußt, daß ihre abgenutzte Arbeitskleidung, die sie auf Ireta getragen hatte (wie gründlich Sassinaks Leute sie auch gereinigt und aufgefrischt hatten), sich von seinem fleckenlosen weißen Gewand unterschied. Seine Schärpe war heute mit verschlungenen grünen, blauen und purpurroten Mustern

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