Das Generationenschiff
Offenbar gibt es ein diplomatisches Problem mit dem neuen menschlichen Gesandten am Hohen Gerichtshof, und ich kenne angeblich jemanden, der hilfreich sein könnte.«
»Aber das geht nicht«, sagte Sassinak scharf. »Sie können nicht gehen. Wir sollen alle in der Förderationszentrale erscheinen, vor allem Sie. Sie waren von Anfang an in die Sache verwickelt. Ihre Aussage …«
»… kann aufgezeichnet werden, und anders wird es nicht gehen. Wie ich schon sagte, es tut mir wirklich leid, aber diese Befehle haben Vorrang. Es muß sein.« Er tippte mit den Fingerspitzen auf das Siegel und den Autorisierungscode; in den labyrinthischen Zuständigkeiten der Flotte hatte die Signatur des Generalinspekteurs noch mehr Gewicht als die des Militärjustizchefs. »Außerdem könnte ich Ihnen immer noch nützlich sein. Die Thek haben angedeutet, daß die Seti in die Sache verwickelt sein könnten, aber sie hatten keine soliden Daten oder wollten keine an uns weitergeben. Mit meinen Kontakten zur diplomatischen Subkultur der Seti könnte ich mich darum kümmern. Meine Vorgesetzten schätzen, daß mein Einsatz etwa sechs Monate dauern wird. Ich kann rechtzeitig zurück sein, um Sie über meine Ergebnisse zu unterrichten und auszusagen, wenn es verlangt wird.«
Sassinak gab einen dramatischen Seufzer von sich. »Nun gut, ich schätze, wenn Sie müssen, dann müssen Sie eben. Und vielleicht können Sie wirklich etwas Nützliches herausfinden, auch wenn die Seti die unsympathischsten Halunken sind, die ich je kennengelernt habe.«
»Sie verlangen einiges Einfühlungsvermögen«, murmelte Dupaynil fast zickig.
Sassinak fragte sich, was er jetzt vorhatte. Sie traute ihm keinen Millimeter weit. »Na schön. Wo sollen wir Sie absetzen?«
»Es heißt, Sie werden in Kürze Befehle erhalten, und ich soll am nächsten Transferpunkt das Schiff verlassen. Wo immer das sein mag.«
»Irgendwer ist mir da ein bißchen zu clever«, knurrte Lunzie. Sie hoffte nicht, daß sie selbst zu clever gewesen war und sich mit dieser Aktion selbst ein Bein gestellt hatte. Aber bisher hatte es den Anschein, als sei Dupaynil überzeugt.
In diesem Moment klopfte der Junior-Kommunikationsoffizier zaghaft an ihre Tür und reichte ihr einen Ausdruck der zweiten fingierten FTL-Nachricht, die sie anwies, den FTL-Antrieb zu deaktivieren und die nächste Flottenstation anzusteuern. Die nächste Flottenstation war ein Nachschubdepot, an dem nur einmal monatlich ein Tanker und gelegentlich ein Begleit- oder Patrouillenschiff anlegte. Sie hatte die Station von ihrem letzten Besuch vor fünfzehn Jahren gut in Erinnerung. Sie zeigte Dupaynil die Befehle.
»Nachschubdepot 64. Hier steht, daß gerade ein Begleitschiff angedockt hat. Ich nehme an, damit werden Sie weiterfliegen.« Auf sein Nicken hin sagte sie: »Seien Sie um 1500 wieder hier, damit Sie Ihre Aussage machen können. Bis dahin haben wir die Ausrüstung zusammengestellt und wissen ungefähr, wann wir eintreffen werden.«
Den restlichen Tag wagte Sassinak Ford kaum anzusehen. Sie hätte sonst laut losgelacht. Dupaynil kam zurück und machte seine Aussage, während Sassinak jede Frage stellte, die ihr in den Sinn kam, bevor sie ihn wieder wegschickte, damit er seine Sachen packen konnte.
In einer Entfernung von wenigen Flugstunden bis zum Nachschubdepot verließen sie den FTL-Raum. Sassinak hatte bereits Nachrichten an das Depot und das Begleitschiff geschickt (dessen Captain eine nicht genehmigte Dreitagesfeier mit der Mannschaft des Nachschubdepots geplant hatte). Begleitschiffe, die für einen Ssli nicht genug Platz an Bord hatten, waren über FTL-Kanäle nicht zu erreichen. Wenn Dupaynil erst an Bord war, konnte er sich seine Befehle nur noch über unterlichtschnelle Kanäle bestätigen lassen.
Die Zaid-Dayan konnte problemlos an das Nachschubdepot andocken. Die Station war entsprechend ausgerüstet, um große Transporter aller erdenklichen Bauarten zu bewältigen, und das Begleitschiff beanspruchte nur wenig Platz am anderen Ende der Station. Sassinak nahm die seltene Gelegenheit wahr, ihrer heimlichen Leidenschaft zu frönen, und steuerte den Kreuzer beim Andockmanöver selbst, lenkte ihn so vorsichtig an das Dock heran, daß niemand die Berührung spürte, bis die Statuslampen die Farbe wechselten.
»Gut gemacht!« sagte der Dockmeister der Station, ein Weber. »In ein paar Minuten haben wir Luft in den Röhren. Ist Ihr Passagier bereit, an Bord zu kommen?«
»Wenn Sie soweit sind.«
Dupaynil
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