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Das Generationenschiff

Das Generationenschiff

Titel: Das Generationenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
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wollen. Die Leute finden immer Gründe, warum sie nicht arbeiten können. Wir versuchen es ihnen möglich zu machen.«
    Colgara nickte zögernd und lächelte sogar. Lunzie wußte nicht recht, mit welcher Bemerkung sie es vollbracht hatte, aber das Mädchen sah sie nicht mehr so finster an. Colgara beugte sich heran.
    »Dies ist mein erster offizieller Empfang. Ich habe die ganze Zeit gebettelt, und schließlich hat mich Onkel mitgenommen, weil seine Frau krank ist.« Lunzie machte sich auf einen weiteren detaillierten Bericht über die Symptome gefaßt, aber glücklicherweise hatte Colgara jetzt ein anderes Thema. »Er hat darauf bestanden, daß ich mich im Stil der Außenweltler kleide. Dieses Kleid hier gehört meiner Cousine Jayce. Ich find’s schrecklich, aber ich nehme an, für Sie ist es nichts Ungewöhnliches.«
    »Eigentlich nicht.« Lunzie wollte diesem unbedarften Mädchen nicht erklären, daß sie dreiundvierzig Jahre lang denselben Arbeitsanzug getragen und länger im Kälteschlaf gelegen hatte, als Colgara auf der Welt war. »Ich habe für offizielle Anlässe nicht viel anzuziehen. Ärzte haben wenig Zeit zum Ausgehen.«
    Lunzie konnte nicht anders, als sich in der Hoffnung umzusehen, in dem Spalier aus Schultern und Rücken irgendetwas oder irgendwen zu finden, das ihr einen Vorwand liefern würde, sich zu entfernen.
    »Wollen Sie noch etwas essen?« fragte Colgara. »Ich verhungere.« Ohne Lunzies Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und ging auf den Tisch mit den Erfrischungen zu.
    Lunzie folgte ihr. Zumindest saßen die Leute an diesem Ende des Saals an Tischen, und sie konnte sich umsehen. Dann wurde Lunzie auf ein prunkvolles Arrangement auf dem nächsten Tisch aufmerksam, das aus einer rosigen bis rot marmorierten, von Blumen und Früchten umgebenen Masse bestand. Das war doch wohl kein …? Aber ihre Nase bestätigte es, und ein Teil davon war nicht einmal gekocht. Sie sah zu Colgara hinüber. Das Mädchen schaufelte gerade ihren Teller mit der Masse voll. Wußte sie etwa nicht Bescheid? Oder war es eine absichtliche Beleidigung? Lunzie wurde von dieser marktschreierischen Zurschaustellung ein wenig übel, und sie beschränkte sich auf einige Scheiben einer gelblichen Frucht, noch ein paar Crackern und ging weg.
    »Ist es wahr, daß Leichtgewichte kein Fleisch essen können?« fragte Colgara. In ihrer Stimme schwang keine versteckte Geringschätzung mit. Sie fragte aus reiner Neugier. Lunzie wußte nicht recht, was sie darauf antworten sollte.
    »Es ist ein philosophischer Standpunkt«, erklärte sie schließlich. Colgara, die sich den Mund mit Fleisch vollgestopft hatte, schien verwirrt. Lunzie seufzte und sagte: »Wir halten es nicht für richtig, Geschöpfe zu verspeisen, die empfindungsfähig sein könnten.«
    Colgara wirkte noch verwirrter, während sie kaute und schluckte. »Aber … aber Muskys sind doch keine Menschen. Sie sind Tiere, und nicht einmal besonders kluge. Sie können nicht sprechen oder so.« Sie stopfte sich noch einen Bissen zwischen die Zähne und sprach mit vollem Mund. »Außerdem brauchen wir die komplexen Proteine. Das gehört zu unserer Anpassung.«
    Lunzie wollte sagen, daß man jedes beliebige Protein synthetisieren konnte, ohne dafür empfindungsfähige Tiere töten und aufessen zu müssen. Sie begriff aber, daß es keinen Sinn hatte. »Wie ich sagte, meine Liebe, es ist ein philosophischer Standpunkt. Genießen Sie Ihren … äh … Musky.«
    Sie drehte sich um und stand unversehens einem weißhaarigen Mann gegenüber, dem das Alter den breiten Rücken gebeugt hatte, so daß er sie fast aus gleicher Augenhöhe ansah. Einen Moment lang sah sie ihn einfach so, wie er war, ungewöhnlich alt für einen Schwerweltler, der in erhöhter Schwerkraft gelebt hatte, mit unübersehbarem Verstand und Esprit (denn seine Augen zwinkerten ihr zu), dann erst erinnerte sie sich an sein jüngeres Gesicht.
    »Zebara!«
    Sie sagte es halb vor Freude und halb aus Schock. Sie hatte sich insgeheim gewünscht, ihn wiederzusehen, hatte aber nicht in den Datenbanken recherchieren und dabei vielleicht herausfinden wollen, daß er gestorben war, während sie im Kälteschlaf gelegen hatte; hatte nicht sehen wollen, was sie jetzt vor sich hatte: einen vitalen Mann, den das Alter gebeugt hatte. Er lächelte, und es war dasselbe warme Lächeln, das sie in Erinnerung hatte.
    »Lunzie! Ich habe Ihren Namen auf der Liste gesehen und konnte kaum glauben, daß Sie es sind. Und dann habe ich Sie

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