Das Generationenschiff
Sie so tun, als empfänden Sie die alte Zuneigung für mich.«
»Hier? Damit Follard etwas davon hat?«
»Er nicht! Die Sache ist gleichermaßen für Sie, die Föderation und für mich wichtig. Also bitte, tun Sie so, als ob …« Ein lautes Schrillen unterbrach ihn. Er murmelte einen Fluch, den Lunzie seit Jahren nicht gehört hatte, und stand auf. »Das war’s. Im Büro des Gouverneurs hat jemand einen Alarm ausgelöst, und im Handumdrehen wird’s im Palast von Polizisten und internen Wachleuten wimmeln. Lunzie, Sie müssen mir vertrauen, zumindest dieses eine Mal. Wenn wir gehen, lehnen Sie sich an mich. Tun Sie so, als seien Sie ein wenig verwirrt.«
»Das bin ich ohnehin.«
»Und dann treffen wir uns morgen, wenn Sie frei haben. Sagen Sie Ihren Kollegen, Sie gingen mit einem alten Freund Abendessen, ja?«
»Das wäre nicht einmal eine Lüge«, erwiderte sie mit einem schiefen Lächeln.
Dann zog er sie hoch, und es zeigte sich, daß seine Arme immer noch stärker waren als ihre. Er legte einen Arm um ihre Schulter und streichelte ihr Haar. Sie lehnte sich gegen ihn und versuchte eine wiedererweckte Angst zu beherrschen. In dem Moment, als sich die Tür öffnete, hörten sie lautes Geschrei und die Sirene, und zwei uniformierte Polizisten kamen ihnen entgegen. Lunzie hoffte, daß sie das Gesicht einer Frau machte, die in einer kompromittierenden Situation erwischt wurde. Sie wagte Zebara nicht anzusehen.
Aber wer immer er war, welche Rolle er auch in seiner Heimatwelt spielte, sein Name hatte Gewicht bei den Polizisten, die lediglich seine ID-Plakette mit einem Handcomputer überprüften und dann ihrer Wege gingen. Danach führte Zebara Lunzie in den großen Saal zurück, wo die meisten Gäste sich an einem Ende versammelt hatten und die Leichtgewichte eine kleinere Gruppe auf der anderen Seite bildeten. Lunzie bemerkte, daß die anderen Mitglieder des Teams erst erleichtert waren, sie zu sehen, dann schockiert. Sie versuchte den Eindruck zu erwecken, als kämpfe sie gegen eine blinde Leidenschaft an, die auf keinen Fall die Oberhand gewinnen durfte.
Zebara brachte sie zu ihrer Gruppe, schloß sie noch einmal in die Arme und murmelte: »Also morgen. Vergiß es nicht!«, bevor er sie mit einem leichten Stups auf ihre Kollegen zuschob.
»Na so was!« Das gleichzeitige Schnauben von zwei Teamangehörigen brachte Lunzie zum Lachen. Sie konnte nichts dagegen tun.
»Was soll der Alarm?« fragte sie und kämpfte das Lachen bis unters Zwerchfell nieder, wo es hingehörte.
»Angeblich hat jemand versucht, ins Arbeitszimmer des Gouverneurs einzubrechen.« Bias’ Stimme klang immer noch geziert und mißbilligend. »Weil Sie nicht sofort aufgetaucht sind, haben wir schon befürchtet, Sie hätten etwas damit zu tun.« Bias machte eine Pause, während der Lunzie fast gefragt hätte, warum sie ins Büro des Gouverneurs einbrechen sollte. »Wie ich sehe, hatten Sie wirklich zu tun.«
»Miau«, sagte Lunzie. »Ich habe Ihnen schon von Zebara erzählt. Er hat mir vor vielen Jahren das Leben gerettet, und obwohl es für ihn länger her ist, habe ich mich gefreut, ihn zu sehen …«
»Das ist uns nicht entgangen.« Lunzie hätte Bias eine solche Prüderie nicht zugetraut, aber seine Stimme klang immer noch eisig verächtlich. »Ich darf Sie daran erinnern, Doktor, daß wir zu medizinischen Forschungen hier sind, nicht um frühere Geliebte wiederzuvereinen. Vor allem jene nicht, die ein Gefühl dafür haben sollten, wie unpassend ihre Beziehung ist.« Lunzie fand das Wort ›unpassend‹ einfach nur komisch, und sie hätte fast wieder losgelacht. Offensichtlich sah man es ihr an, denn Bias setzte eine finstere Miene auf. »Sie könnten wenigstens versuchen, sich wie ein Profi zu verhalten!« sagte er und wandte sich ab.
Lunzie bemerkte Conigans Blick und zuckte die Achseln. Die andere Frau grinste und schüttelte den Kopf. An Bias schieden sich die Geister, wenn nicht gerade seine Fachkenntnisse gefragt waren. Seine Brillanz hatte ihren Preis. Lunzie fiel auf, daß Jarl sie mit einem neugierigen Gesichtsausdruck beobachtete, der ihn in diesem Moment den anderen Schwerweltlern viel ähnlicher machte.
Während die Wachleute durch die Menge gingen und ID-Plaketten überprüften, schob sich Jarl zwischen sie und die anderen Teamkollegen. Er sprach so leise, daß das unstete Gemurmel der Menge ihn übertönte.
»Es geht mich zwar nichts an, und ich habe keine solchen … äh … Skrupel wie Bias, aber … Sie wissen doch
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