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Das Generationenschiff

Das Generationenschiff

Titel: Das Generationenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
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darauf sitzt.«
    »Daraus wird Kleidung gemacht? Das stelle ich mir etwas unbequem vor, verglichen mit Leinen.« Lunzie gab sich selbst Punkte für ihren lockeren Tonfall und die beiläufigen Blicke aus dem getönten Fenster.
    »Nein, Madame. Es werden nur noch Stiefel draus gemacht.« Er deutete auf seine glänzenden Stiefel. »Sie sind schwer zu polieren, aber die Füße schwitzen darin nicht.«
    Lunzie dachte daran, wie ihre Füße sich in den speziell gepolsterten Stiefel anfühlten, die sie den Großteil des Tages trug. Am Abend war es so, als ob sie durch Pfützen watete. Natürlich war es barbarisch, die Haut toter empfindungsfähiger Geschöpfe zu tragen. Aber wenn man sie aufaß, konnte man wohl auch den Rest verarbeiten.
    »Man bekommt weniger Frostbeulen«, ließ sich der Mann über die Vorzüge des Leders gegenüber den gebräuchlichen synthetischen Materialien aus.
    Draußen malträtierte ein eisiger Wind das Fahrzeug mit großen Eisschloßen. Lunzie konnte hinter den Fenstern wenig erkennen; die blassen Umrisse nicht besonders hoher Gebäude, die sie nicht kannte; wenig Verkehr; kaum jemand auf den Straßen. Lunzie nahm an, daß die meisten Leute die unterirdischen Gehwege und Bahnen verwendeten, die sie und Zebara bei ihren beiden letzten Treffen benutzt hatten.
    »Die Fahrt dauert über eine Stunde«, sagte ihr Begleiter. »Vielleicht wollen Sie sich ein wenig entspannen.« Er grinste wieder, aber nicht mehr so anzüglich wie eben.
    Lunzie zermarterte sich das Hirn, um sich ein harmloses Gesprächsthema auszudenken. Bei einem Schwerweltler war nichts harmlos. Aber sicher konnte es nicht schaden, wenn sie nach seinem Namen fragte.
    »Es tut mir leid«, begann sie höflich. »Aber ich weiß nicht, was Ihr Rangabzeichen bedeutet, und ich kenne auch Ihren Namen nicht.«
    Sein Grinsen bekam etwas Animalisches. »Ich bezweifle, ob es Sie wirklich interessiert. Aber meinem Rang entspricht in Ihrer Flotte ein Major. Ich bin nicht befugt, Ihnen meinen Namen zu nennen.«
    Traute Zebara ihr doch nicht? Oder plante er, sie an einen anderen Zweig seiner Organisation zu übergeben, um selbst sauber dazustehen?
    Die Zeit verging, aufgelockert nur vom Schlittern und Kratzen der Fahrzeugräder auf der vereisten Straße.
    »Der Direktor sagte, er habe Sie vor vielen Jahren gekannt. Ist das wahr?« Es konnte nichts schaden, auf eine Frage zu antworten, deren Antwort viele schon kannten.
    »Ja, vor über vierzig Jahren.«
    »Das ist lange her. In den letzten vierzig Jahren hat sich hier viel verändert.«
    »Daran zweifle ich nicht«, sagte Lunzie.
    »Ich war noch nicht geboren, als der Direktor Sie kennenlernte.« Der Mann sagte es so, als sei sein eigenes Geburtsdatum das bedeutsamste Ereignis in diesen vierzig Jahren gewesen. Lunzie unterdrückte ein belustigtes Schnauben. Wenn er sich tatsächlich für so wichtig hielt, hatte er bestimmt keinen Sinn für Humor. »Ich arbeite erst seit acht Jahren in seiner Abteilung.« In seiner Stimme klang Stolz mit und eine Spur von etwas, das Zuneigung sein mochte. »Der Direktor ist ein bemerkenswerter Mann. Jemand, der höchste Loyalität verdient.«
    Lunzie sagte nichts. Es schien nicht erforderlich zu sein.
    »Wir brauchen einen Mann wie ihn an der Spitze. Es macht mich traurig, daß er im letzten Jahr soviel Kraft verloren hat. Er will es nicht zugeben, aber ich habe gehört, die Ärzte haben ihm gesagt, daß der Schnee fällt.« Der Mann starrte sie an, offenbar in der Hoffnung, daß sie mehr wußte und es ihm anvertraute. Sie hakte wegen der Redewendung nach.
    »Der Schnee fällt? Drücken Sie es so aus, wenn jemand krank ist?«
    »So drücken wir es aus, wenn der Tod nahe ist. Sie sollten das wissen. Sie haben Bittere Bestimmung gesehen.«
    Jetzt fiel es ihr wieder ein. Die Phrase war in mehr als einer Arie wiederholt worden, aber mit derselben melodischen Linie. War sie auf diesem Wege zu einem kulturellen Standard geworden?
    »Ich habe gehört, daß Sie medizinische Forschungen über die physiologischen Auswirkungen längeren Kälteschlafs auf unser Volk durchfuhren. Hat Ihnen jemand gesagt, wie wir den Kälteschlaf nennen, was wir davon halten?«
    Das war professioneller Boden, auf dem sie fest und sicher stand.
    »Nein, aber ich habe mir die Frage schon gestellt. Sie weichen dem Thema aus. Nach der Oper habe ich mich gefragt, ob sie den Kälteschlaf mit dieser Tragödie assoziieren. Das gehört zu den Dingen, die ich Zebara fragen wollte. Er sagte, wir würden uns

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