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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Carya entgegen, die jedoch blitzschnell herumwirbelte, sodass sein Angriff seitlich an ihr vorbei ins Leere ging. Noch in der Bewegung hob sie die Hand mit der Pistole und hieb ihm den Griff in den Nacken. Ächzend krachte er zu Boden.
    Wieder schrie Emm auf. Verzweifelte Wut lag in dem Laut. Dann knallte ein weiterer Schuss.

Kapitel 29
    Heilige Mutter!«, schrie der zweite Techniker, ein sehr gläubiger Mann, wie es aussah.
    Als Carya sich umdrehte, sah sie, wie Emm sich keuchend unter dem erschlafften Körper ihres Angreifer hervorwand. Auf dem weißen Rückenstoff seines Overalls breitete sich ein hellroter Blutfleck aus, der rasch größer wurde. Emm rollte ihn von sich und kam schwankend auf die Beine. Ihre Frisur war zerzaust und ihre Kleidung fleckig vom Blut ihres Gegners.
    Sie richtete den Blick auf ihren gefällten Widersacher. »Oh, nein …«, murmelte sie. »Oh, verdammter, elender Mist.« Ihre Hände begannen zu zittern. »Er ist tot …«
    Carya hatte keine Zeit dafür. Sie wandte sich wieder den beiden verbliebenen Technikern zu, die ihre Hände daraufhin nur noch höher hoben. Von ihnen ging keine Gefahr aus. »Ferrer, komm hoch und kümmere dich bitte um Emm«, rief Carya, ohne sich zur Treppe umzuschauen. »Pitlit, nimm ihre Pistole. Wir müssen diese Kerle einsperren, damit sie uns nicht im Weg sind.«
    »Bitte, töten Sie uns nicht«, flehte der erste Mann. »Wir sind nur einfache Arbeiter. Ich … ich habe Familie.«
    »Es soll niemand sterben«, erwiderte Carya. »Oder ich muss wohl sagen: sollte. Wenn Sie vernünftig sind und sich einsperren lassen, wird Ihnen nichts passieren.«
    »Klar, kein Problem«, sagte der Techniker. »Alles, was Sie sagen.«
    Während Ferrer, der selbst etwas bleich im Gesicht wurde, als er den Toten sah, Emm hinüber zum Fenster führte und ihr beruhigend zuredete, ließen Carya und Pitlit die beiden Männer ihren bewusstlosen Kameraden aufnehmen. Sie geleiteten die Techniker ins Erdgeschoss, wo sie sie zusammen mit ihren beiden zuvor betäubten Kollegen in den Waschraum einsperrten, nachdem Pitlit sich vergewissert hatte, dass es dort keine Fluchtmöglichkeit gab und dass keiner der Männer eines dieser kleinen, flachen Funkgeräte bei sich trug.
    »Ich muss dich um noch einen Gefallen bitten«, sagte Carya zu Pitlit, als sie zurück zur Zentrale gingen.
    »Hm?«
    »Wir müssen den Toten hier runterschaffen, irgendwohin, wo er nicht stört. Ich fürchte, sonst können Emm und Ferrer nicht ruhig arbeiten.«
    Pitlit schnitt eine Grimasse. »Igitt, ich hasse das. Aber ich helfe dir. Bevor einer unserer neuen Freunde uns vor die Füße kotzt oder ohnmächtig wird.«
    Auf Caryas Lippen stahl sich ein Lächeln. Der Straßenjunge war unverwüstlich und verblüffte sie immer wieder. Noch überraschter war sie allerdings darüber, wie ruhig sie selbst blieb. Zugegeben hatte sie in den vergangenen Wochen so viel gesehen, dass ein in seinem Blut liegender Mann ihr nicht mehr die Sinne raubte. Womöglich war diese Ruhe, dieses klare, gezielte Handeln, um das sie Jonan immer beneidet hatte, aber auch eine Folge der von Ziyi bewerkstelligten Persönlichkeitsverschmelzung.
    Carya war sehr erleichtert darüber. Sie wollte jetzt nicht in Emms Haut stecken, denn sie erinnerte sich lebhaft daran, wie sie sich gefühlt hatte, nachdem sie in der Richtkammer des Tribunalpalasts mit Tobyn ihren ersten Menschen getötet hatte. Es spielte keine Rolle, dass beide Taten irgendwie Notwehr gewesen und im Affekt durchgeführt worden waren. Festzustellen, dass man ein Leben beendet hatte, dass man einem Menschen mit einem Schlag viele Jahre der Freude und des Glücks genommen hatte, war ein furchtbares Gefühl. Es hatte schon seine Richtigkeit, dass Emm unter Schock stand, dass ihr übel wurde, dass sie weinen und sich an Ferrer klammern musste, denn es bewies, dass sie ein guter Mensch war, der Gefühle, Skrupel und Mitgefühl hatte, auch wenn sie in einem Tank geboren worden war.
So wie ich
, dachte Carya.
    In der Zentrale standen Emm und Ferrer unverändert beisammen. Der Invitro-Techniker warf Carya einen kurzen Blick zu, als diese ihre Waffen einsteckte, den Toten an den Armen ergriff und mit Pitlits Hilfe zur Treppe zog.
Danke
, formten seine Lippen lautlos. Sie nickte ihm stumm zu.
    Als sie das zweite Mal nach oben kamen, hatte Ferrer sich hinter die Kontrollpulte geklemmt und Emm stand hinter ihm, die Hände auf die Lehne seines Stuhls gestützt. Der Blutspur auf dem glatten Boden

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