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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Hauses vertraut machen.«
    »Ich verstehe«, sagte Jonan.
    Die Männer zogen sich zurück, und mit einem dumpfen Schlag wurde die Tür geschlossen. Ein Schaben war das Zeichen, dass der Riegel vorgeschoben wurde. Jonan war allein in seiner Zelle, die nach dem Willen seines Vaters und des Abts die nächsten Wochen und Monate sein Zuhause sein sollte. Doch er hatte nicht mal die Zeit, um einige Tage zu bleiben. Er musste hier raus, und zwar sofort. Der Erfolg seiner Mission, die selbst ohne Aidalons Eingreifen knifflig genug gewesen wäre, hing davon ab.
    Unruhig ging er in seiner Zelle hin und her. Im Grunde blieb ihm nur eine Möglichkeit. Es war riskant, aber er konnte sich den Luxus, auf eine günstige Gelegenheit zur Flucht zu warten, nicht leisten. Er musste die erste ergreifen und das Beste daraus machen.
    Der Mönch, der eine Weile später mit Laken, Büßergewändern und Handtüchern beladen in Jonans Zelle auftauchte, war völlig arglos. Entsprechend überrascht blickte er drein, als Jonan ihn, kaum dass er die Zellentür geöffnet hatte, zu sich riss und ihm einen kräftigen Fausthieb mitten ins Gesicht verpasste. Einen Moment sah es noch so aus, als wolle der fromme Bruder dazu etwas sagen, doch aus seinem Mund drang nur ein leises Seufzen, bevor er die Augen verdrehte und bewusstlos zu Boden sank.
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich Jonan leise. »Schätze, damit habe ich Regel eins des Hauses schon gebrochen.« Er schüttelte seine schmerzende Faust aus, dann zog er den Mann rasch tiefer in den Raum und lehnte die Tür an, damit niemand mitbekam, wie er dem Mönch die Kutte auszog, sie sich selbst überstreifte und anschließend den nur noch in Unterwäsche gekleideten Mann mit Fetzen des Bettlakens an den einen Stuhl im Raum fesselte.
    Nachdem er sich die Kapuze der Kutte über den Kopf geschlagen hatte, schob Jonan vorsichtig die Tür auf und spähte in den Gang. Keine Menschenseele war zu sehen. Er huschte nach draußen, schloss die Zellentür und legte den Riegel vor. Mit etwas Glück würde bis zum Abendbrot in gut fünf Stunden niemand merken, dass es nicht mehr Jonan war, der sich in dem Raum befand.
    Blitzschnell überlegte er, was er machen sollte. Durch den Haupteingang und über den Hof zu verschwinden erschien ihm etwas zu dreist. Es musste bloß ein Bewohner des Klosters Verdacht schöpfen, und Jonan kam in Teufels Küche. Abgesehen davon gab es da diese leidige Gittertür mit dem lesefreudigen Mönch.
Vielleicht existiert ja ein Hinterausgang oder ein unvergittertes Fenster,
dachte er.
    Unauffälligen Schrittes bewegte er sich den Gang in die andere Richtung hinunter. Er kam bis zur nächsten Ecke, als er unvermittelt mit einer kleinen, schlanken Gestalt zusammenstieß, die ihm von dort entgegenkam. Sein Gegenüber wirbelte herum und wollte schon fliehen, aber Jonan packte das Mädchen am Kragen und drehte es um. »Elje?«, entfuhr es ihm vollkommen entgeistert.
    Das Mädchen schielte auf das Gesicht unter Jonans Kapuze. Als Elje ihn erkannte, hellte sich ihre Miene auf und sie umarmte ihn mit stürmischer Freude. »Elje …« Lächelnd erwiderte Jonan die Umarmung, dann schob er sie auf Armeslänge von sich, versicherte sich rasch, dass niemand in der Nähe war und ging in die Hocke. »Was machst du hier? Hast du dich tatsächlich die ganze Zeit im Wagen versteckt?«
    Elje nickte eifrig. Mit Händen und Füßen machte sie ihm verständlich, dass sie sich im Kofferraum des Wagens verborgen hatte, als Capitaine Rochefort erschossen worden war. Dort hatte sie ausgeharrt, um Jonan nachzufolgen und ihn zu retten, sollte es ihr möglich sein.
    Jonan schmunzelte. »Du bist verrückt. Und ein verdammt tapferes Mädchen.« Er blickte sich ein weiteres Mal nervös um. »Sag, du kennst nicht zufällig einen Weg hier raus? Wir sollten uns schleunigst davonmachen.«
    Erneut nickte Elje und streckte ihm die kleine Hand hin.
    »So wird der Ritter von der Prinzessin gerettet.« Ohne zu zögern ergriff Jonan die dargebotene Linke und folgte Elje den Gang hinunter. Sie führte ihn bis zum anderen Ende des Zellentrakts, wo eine weitere Gittertür den Gang versperrte. Auch dort saß ein Mönch, allerdings hatte er die Augen geschlossen und die Hände vor dem Bauch verschränkt und hielt Mittagsschlaf. Elje legte einen Finger an die Lippen, bevor sie Jonan losließ und auf leisen Sohlen vorausschlich. Aus ihrer Tasche zog sie einen Schlüssel hervor, mit dem sie behutsam die Tür öffnete. Sie winkte Jonan

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