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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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    »Es wäre mir eine Ehre, sie für Sie zu tragen«, sagte er. »Nur eins möchte ich ändern.« Jonan ging ein paar Schritte und klaubte einen faustgroßen Steinbrocken vom Boden auf. Dann kehrte er zurück, nahm Maß und hieb mit einem kräftigen Schlag das silberne Symbol der Inquisition von der rechten Schulterplatte der Rüstung. Splitternd flog das Zierelement davon. »Das hätte ich schon lange machen sollen«, knurrte er.

Kapitel 39
    Als Carya wieder aufwachte, kam es ihr vor, als sei ihr schlimmster Albtraum Wirklichkeit geworden. Sie befand sich in einem kleinen Raum, der nichts weiter als eine Pritsche mit einer dünnen Decke und einem flachen Kissen sowie eine Toilette samt Waschbecken enthielt. Es gab keine Fenster, und die massiv wirkende Tür wies bloß eine Art Guckloch in Augenhöhe auf, durch das man aber nicht nach draußen schauen konnte.
    Die Wände waren weiß und absolut schmucklos, Licht drang aus einem Helligkeit verströmenden Feld in der Decke zu ihr herab. Darüber hinaus gab es dort oben ein paar flache Apparate, an die sie aber nicht heranreichte. Vermutlich handelte es sich um einen Luftschacht und vielleicht um ein paar Kameras. Dass die Erdenwacht sie gerne ausspionierte, war ja nichts Neues.
    Alles in allem erinnerte sie der Raum auf unangenehme Weise an ihre Zelle im Trakt der Inquisition im Tribunalpalast. Die Einrichtung mochte sich etwas unterscheiden, aber der Zweck war eindeutig. Das bedeutete, sie befand sich in den Händen der Zonengarde. Ihr Gegner – war es Dymond selbst oder sein Leibwächter Viktor Eins gewesen – hatte sie nicht getötet, was an sich gut war. Allerdings hatte er das Zweitschlimmste getan: sie an einem Ort eingesperrt, wo sie vermutlich so lange bleiben würde, bis die
Hephaistos-V
abgefeuert worden und alle Hoffnung auf Freiheit dahin war.
    Am liebsten hätte Carya vor Zorn und Enttäuschung geschrien. Aber sie beherrschte sich. Ihre Häscher sollten sich nicht daran erfreuen, wie frustriert und verzweifelt sie war. Außerdem brummte ihr der Schädel, und auf laute Geräusche war sie im Moment gar nicht erpicht.
    Sie blickte an sich hinunter und stellte fest, dass sie nach wie vor den Overall der Putzkolonne des Ratsgebäudes anhatte. Reste des weißen Pulvers, das urplötzlich in den Raketenkontrollraum geblasen worden war, hingen noch immer an dem Kleidungsstück. Unwirsch versuchte sie, diese abzuschütteln, und fuhr sich auch ein paar Mal durchs Haar, das im Augenblick sehr ergraut wirken musste.
    Natürlich fehlten all ihre Waffen. Auch das umprogrammierte Invitro-Armband hatte man ihr abgenommen. Stattdessen lag ein breiter, sich etwas unbequem anfühlender Ring um ihren Hals. Sie vermochte nicht genau zu sagen, was es damit auf sich hatte, aber sie ging davon aus, dass er nicht allein nett aussehen sollte.
Vermutlich ein neuer Peilsender,
dachte sie. Als ob das nötig gewesen wäre. Solange sie in diesem Raum festsaß, ging sie sowieso nirgendwohin.
    In Ermangelung einer anderen Möglichkeit setzte Carya sich aufs Bett und fing an, ins Leere zu starren. In Gedanken fragte sie sich, was mit Ferrer geschehen sein mochte. Sie fragte sich, was Pitlit trieb, wo Emm war und ob Jonan dort Erfolg haben würde, wo sie selbst gescheitert war. Jonan war die letzte Chance für das Bündnisheer. Wenn er nicht rechtzeitig eintraf, würde die Rakete gestartet, die Armeen des Lux Dei und des Mondkaisers würden zerschlagen werden und dieser Angriff war vorüber. Unbezwungen würde die Erdenwacht über alle Völker herrschen, und das Leben voller Entbehrungen und Kriegen an den Grenzen würde ewig weitergehen.
    In einem der Kästen an der Decke knackte es kurz, dann drang eine Stimme, die Carya nicht kannte, daraus hervor. »Gefangene Aurelie Eins, du befindest dich in der Haftanstalt der Zonengarde. Bis zu deinem Prozess, der im Anschluss an den gegenwärtigen Konflikt angesetzt ist, wirst du in dieser Zelle bleiben. Die Mahlzeiten werden dir in die Zelle gebracht. Jeder Fluchtversuch ist zwecklos. Um deinen Hals liegt ein Schockband, das jederzeit auch aus der Ferne aktiviert werden kann. Solltest du Widerstand leisten, wird es sofort ausgelöst und du wirst die Kontrolle über deinen Körper verlieren. Die Anwendung ist schmerzhaft und der Gesundheit nicht förderlich. Gib uns daher keinen Grund, zu diesem Mittel greifen zu müssen. Verhalte dich gesittet, und dir wird kein Leid geschehen. Wenn du das alles verstanden hast, nicke mit dem Kopf.«
    Carya

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