Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
schlafend – mit, wie er sich am frühen Morgen heimlich etwas zu spritzen versuchte. Doch das Fläschchen war leer, und seinem unterdrückten Fluch nach zu schließen, war das kein gutes Zeichen. Offenbar war seine Krankheit schon deutlich weiter fortgeschritten, als sie gedacht hatte. Womöglich würde er den Fußmarsch bis zurück nach Paris gar nicht mehr schaffen, auch wenn er ihr gestern noch wie ein Mann vorgekommen war, der sich von nichts unterkriegen ließ. Er schien ein guter Schauspieler zu sein – um Eljes willen.
    Die Abwesenheit von Denier, Elje und Pitlit nutzte Carya, um Jonan über die neuesten Entwicklungen zu unterrichten. Dieser hörte ihr mit ernster Miene zu. Am Ende quittierte er ihre Ausführungen mit einem leisen Fluch. »Das gefällt mir überhaupt nicht: hier zu sitzen und darauf zu warten, dass diese Wegelagerer vor unserer Tür auftauchen. Ich will nicht undankbar sein. Denier hat uns das Leben gerettet, als er sich mit den Waldmenschen angelegt hat. Aber jetzt, wo ich weiß, dass er ihren Gegenangriff regelrecht erwartet, kommt mir sein Handeln verdammt leichtsinnig vor. Womöglich hat die Krankheit bereits seinen Verstand beeinträchtigt.« Er schüttelte den Kopf und vollführte eine Geste in Richtung Ausgang. »Ich meine, woher wissen wir, dass diese Kerle nicht jede Minute über uns herfallen? Sie könnten in diesem Augenblick vor der Hütte auftauchen.«
    Beunruhigt warf Carya einen Blick in Richtung Tür. Im Grunde hatte er recht. Denier hatte gestern zwar behauptet, dass die Waldleute erst einmal ihre Wunden lecken würden, bevor sie sich Zeit für ihre Rache nahmen. Aber woher wusste er das so genau? Eigentlich lag die Vermutung näher, dass sie so schnell wie möglich zuschlagen würden. Schließlich mussten sie damit rechnen, dass ihre Feinde das Weite suchen würden. Dass der Einsiedler sie beinahe freudig erwartete, damit konnten sie ja nicht rechnen. »Immerhin sind da noch die Fallen, die Denier erwähnt hat«, wandte Carya ein. »Wenn sie da hineinlaufen, sollte uns das doch warnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so leichtsinnig wäre, diese Bande herauszufordern, wenn er sich nicht halbwegs darauf vorbereitet hätte. Oder?«
    Jonan seufzte missmutig. »Ich hoffe es. Ich würde ungern
noch
ein Messer zwischen die Rippen bekommen. Beim nächsten Mal ist der Stich vielleicht besser gezielt.«
    »Was sollen wir sonst machen?«, fragte Carya. »Wir können nicht einfach verschwinden. Du bist noch zu stark verletzt. Wie weit kämen wir mit dir in deinem jetzigen Zustand? Wir sollten für jeden Tag dankbar sein, den wir bei Denier verbringen können, der all diese Medizin besitzt und auch damit umgehen kann. Du weißt selbst, wie schnell so eine Wunde schlimme Folgen haben kann, wenn sie keine Gelegenheit bekommt, ordentlich zu verheilen.«
    »Ja, natürlich.« Jonan seufzte und sackte auf dem Bett zusammen, auf dessen Kante er saß. Sitzen konnte er schon wieder ganz gut. Es war für ihn fast bequemer als Liegen, da die Rippen dabei nicht so sehr gegen die Wunde drückten. »Ich verstehe ihn ja sogar. Ein Soldat wie er stirbt lieber im Kampf, als dahinzusiechen, bis der Körper am Ende aufgibt. Trotzdem sollten wir offen reden, sobald er zurückkehrt. Ich will genau wissen, wie seine Schutzmechanismen aussehen und was er vorhat. Denn wenn wir tatsächlich angegriffen werden, wird alles verdammt schnell gehen. Dann müssen wir vorbereitet sein. Sonst wird das nicht nur Deniers Tod sein, sondern unser aller.«
    »Ich bin vorbereitet – und das seit Wochen«, verkündete Denier, als Jonan ihn am frühen Nachmittag im Beisein von Carya mit seinen Bedenken konfrontierte.
    »Verzeihen Sie mir, aber das ist mir zu wenig«, gab Jonan zurück. »Ich bin kein Soldat mehr, der sich blind in Gefechte stürzt, nur weil seine Vorgesetzten behaupten, sie hätten einen guten Plan. Ich trage Verantwortung für Carya und Pitlit und demnächst auch für Ihre Tochter. Daher will ich genau wissen, wie Sie sich Ihr glorreiches Ende vorstellen. Wenn uns die Waldleute umzingeln, sitzen wir nämlich an diesem Ort alle in der Falle.«
    Einen Moment lang musterte Denier ihn schweigend, dann nickte er. »In Ordnung. Machen wir einen kleinen Rundgang.«
    Sie traten vor die Tür, Jonan langsam und mit sehr vorsichtigen Bewegungen. Draußen zeigte Elje Pitlit gerade irgendwelche Beeren, die sie offenbar auf ihrem morgendlichen Streifzug gesammelt hatte, wobei sie ihm mit energischer Mimik,

Weitere Kostenlose Bücher