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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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hockte, einen kurzen Blick zu. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Jonan. »Schon gut.«
    Am Abend saßen sie im Freien um ein kleines, rauchloses Lagerfeuer beisammen: Denier, seine Tochter, Carya und Pitlit. Jonan schlief in der Hütte, um zu Kräften zu kommen. Es mochte ein unruhiger Schlaf sein, weil die Wunden ihm Schmerzen bereiteten, aber es hätte viel schlimmer sein können.
    Über dem Feuer brieten Fleischstücke am Spieß, Kaninchen, wie Denier ihnen verraten hatte. Dazu gab es warme Äpfel. Nach den letzten Tagen bei Mustard handelte es sich um ein eher bescheidenes Mahl, doch selbst dies zu verspeisen bereitete Carya ein schlechtes Gewissen. Denier und Elje lebten ganz allein hier, ein Dasein unter einfachsten Verhältnissen tief in der Wildnis. Sie mochten sich dafür entschieden haben – aus welchen Gründen auch immer –, aber das machte es nicht leichter. Drei Gäste mussten ihre Vorräte schmerzhaft beanspruchen.
    »Ich weiß gar nicht, wie wir Ihnen danken können«, sagte sie, während sie aßen. »Sie haben uns vor diesen Wegelagerern gerettet und jetzt lassen Sie uns Ihre Gäste sein. So viel Güte hätte ich hier draußen nicht erwartet.«
    Denier, auf dessen Schoß sein Gewehr lag, so als traue er dem Frieden des Waldes nicht, nahm einen Bissen von seinem Fleisch. »Es war das Richtige«, sagte er achselzuckend. »Ich habe schon viel zu lange weggeschaut.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Einen Moment lang kaute er stumm auf dem Kaninchen herum. Das Fleisch war in der Tat etwas zäh, aber Carya argwöhnte, dass er vor allem Zeit gewinnen wollte, um nachzudenken. »Elje, was hältst du davon, Pitlit deinen Lieblingsplatz drüben auf der Lichtung zu zeigen?«
    Das Mädchen sah zweifelnd zu dem Straßenjungen hinüber. Dann schüttelte sie den Kopf.
    »Elje!«, sagte ihr Vater ein wenig strenger.
    Mit missmutigem Gesicht blickte sie zu Boden, bevor sie mit den Schultern zuckte und ergeben nickte.
    »Halten Sie das für klug, die beiden allein im dunklen Wald herumlaufen zu lassen?«, wandte Carya ein.
    »Es sind nur ein paar Meter. Die Lichtung befindet sich direkt hinter den nächsten Bäumen. Außerdem kennt Elje sich hier so gut aus wie keine Zweite. Sie wird schon auf deinen Freund aufpassen.«
    »He, ich kann selbst auf mich aufpassen«, begehrte Pitlit auf. »Aber eigentlich würde ich lieber beim Feuer bleiben, als …«
    »Pitlit, bitte, wir wollen nicht unhöflich sein«, unterbrach ihn Carya, die begriff, dass Denier mit ihr unter vier Augen sprechen wollte. Sie neigte leicht den Kopf in Richtung ihres Gastgebers und sah Pitlit eindringlich an.
    Dem Aufleuchten in seinen Augen zufolge verstand nun auch er. »Andererseits … so eine Waldlichtung im Mondschein, in Begleitung einer hübschen jungen Frau … Was gibt es Romantischeres?«
    Elje schnitt eine Grimasse und streckte ihm die Zunge raus.
    »Pitlit«, warnte Carya ihn.
    »He, keine Sorge. Ich mach nur Spaß.« Er grinste sie an, bevor er sich aufrappelte. »Komm, Elje. Lassen wir die Großen allein.«
    Als sie gegangen waren, nahm Denier einen weiteren Bissen von seinem Kaninchenspieß. Nachdenklich kaute er darauf herum. Carya drängte ihn nicht. Es wunderte sie ohnehin, dass er, der ihr bei ihrer ersten Begegnung eher zugeknöpft vorgekommen war, so rasch das zweisame Gespräch suchte.
    »Die Waldleute«, begann er schließlich, »tauchten vor einem Jahr auf. Ich habe keine Ahnung, woher sie kamen. Habe sie nie gefragt. Heute leben sie in einem Dorf etwa drei Kilometer südlich von hier. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie viele es wirklich sind. Vielleicht fünfzig – wobei sich ihre Zahl heute halbiert haben dürfte. Erst der Kampf gegen die Panzerwagen, dann gegen die Lastkutschenkarawane … Das hat sie einiges gekostet, wenn ich es richtig mitbekommen habe.«
    »Sie waren vor Ort?«
    »Ich habe mich in der Gegend herumgetrieben, ja. Ich bin viel im Wald unterwegs. Und wenn mir eine größere Gruppe von ihnen auffällt, verfolge ich sie manchmal, um zu sehen, was sie so treiben.«
    »Haben Sie keine Angst vor denen? Das sind doch verrückte Mörder!« Carya wurde noch immer ganz anders zumute, wenn sie an den Angriff auf die Kutschen dachte. Diese Wilden hatten Giraud und die anderen heulend und zähnefletschend umgebracht.
    »Sie sind nicht so verrückt, wie sie wirken«, gab Denier zurück. »Außerdem herrscht zwischen uns eine Art Waffenstillstand.«
    »Was heißt das?«
    »Ich habe ihnen nach unserem

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