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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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stürzten aus dem Raum. Es polterte und rumpelte im Nachbarzimmer. Gleich darauf tauchten sie wieder auf und schleppten die gewünschten Möbel heran, um die Tafel zu verlängern. Raina erhob sich unterdessen ebenfalls und holte Geschirr aus der Küche. »Wir haben nicht genug Fleisch und Kartoffeln für vier Gäste«, stellte sie fest. »Soll ich noch etwas nachkochen?« Sie sah Reno fragend an. Er schien in diesem Haus das Sagen zu haben.
    »Bitte machen Sie sich für uns keine Umstände«, hielt Jonan sie auf. »Wir sind mit einer Kleinigkeit vollkommen zufrieden.«
    »Hol einfach noch ein Brot und Schinken und Butter aus der Vorratskammer«, sagte Reno. »Dann teilen wir alles.«
    »Ist gut, Reno.«
    »Also bitte, setzt euch.« Reno deutete auf die neuen Stühle.
    »Danke«, sagte Jonan. »Sie sind sehr freundlich.«
    Raina kam mit den Lebensmitteln wieder, und gemeinsam wurde die Mahlzeit fortgesetzt.
    »Wir waren wirklich überrascht, so tief in der Wildnis Menschen anzutreffen«, versuchte Jonan, ein Gespräch in Gang zu bringen, das ihm mehr über ihre Gastgeber verraten mochte.
    »Genau deswegen leben wir hier«, erwiderte Reno. »Niemand stört uns oder mischt sich in unser Leben ein. Wir haben unsere Ruhe. Nicht mal wegen Banden oder Mutanten müssen wir uns so tief in der Einsamkeit Sorgen machen.«
    »Vermissen Sie nicht manchmal die Gesellschaft anderer Menschen?«
    »Warum sollten wir? Wir haben uns, außerdem unsere Tiere und verdammt viel Arbeit, um diesen Hof und die Felder zu bewirtschaften. Da bleibt keine Zeit für trübe Gedanken.«
    »Sie haben sich wirklich ein kleines Paradies geschaffen«, mischte Carya sich ein. »Wie ist Ihnen das nur gelungen?«
    »Mit viel Weitsicht und Disziplin«, erwiderte Reno ernst. »Beides ist das A und O an einem Ort wie diesem. Wir planen genau voraus, wovon wir wie viel benötigen und was wir wann ganz besonders brauchen. Und dann setzen wir diese Pläne konsequent um. Auch wenn es nicht leicht ist. Auch wenn es manchmal schwere Entscheidungen von einem erfordert. Doch dank dieses Vorgehens ist es uns gelungen, uns eine Existenz zu schaffen, von der viele jenseits dieser Berge nur träumen können.«
    »Aber es kann doch immer etwas passieren«, wandte Carya ein. »Ein heißer Sommer lässt die Ernte verdorren. Eine Krankheit rafft die Tiere dahin. Einer von Ihnen verletzt sich schwer.«
    Ihr Gastgeber riss ein Stück von seiner Brotscheibe ab, steckte es in den Mund, kaute und nickte dann. »Ja, wir haben auch Rückschläge erlitten. Wir mussten uns zu früh von geliebten Menschen verabschieden. Aber noch sind wir genug, um ein Leben an diesem Ort zu ermöglichen. Und das ist gut so, denn dieses Tal ist unsere Heimat.«
    »Wie lange wohnen Sie schon hier?«, wollte Jonan wissen.
    Reno wechselte einen Blick mit seinem Bruder, der wie er eine gewisse Ähnlichkeit zu Enzo und Luceno aufwies. »Unser ganzes Leben«, sagte er. »Wir wurden hier geboren. Es waren unsere Eltern und zwei ihrer Kameraden, die das hier aufgebaut haben.«
    Jonan entging nicht, dass Reno
Kameraden
sagte, ein Begriff, den man für gemeinsam dienende Soldaten verwendete. »Das heißt, es gibt hier noch mehr Menschen?«
    »Nein. Alle vier sind bereits tot. Der Letzte von ihnen starb vor einem Jahr bei …«, er zögerte, »… einem Unfall auf dem Feld.« Reno schob sich ein weiteres Stück Brot in den Mund. »Aber das liegt hinter uns.«
    Ein Augenblick des Schweigens schloss sich an. Reno schien der Meinung zu sein, genug erzählt zu haben, und auch von den anderen meldete sich niemand zu Wort. Raina und ihr Mann Collet blickten auf ihre Teller, Renos Bruder schien ganz auf sein Essen konzentriert zu sein, und die drei Jungen warfen Carya verstohlene Blick zu. Jonan hoffte, dass die Neugierde die drei Burschen nicht zu weit treiben würde. Gucken durften sie, wenn sie es nicht lassen konnten. Aber wenn auch nur einer von ihnen Carya anfasste, würde Jonan ihm eine Lektion erteilen, Messerwunde hin oder her.
    Neben ihm räusperte sich Carya. »Nun haben Sie uns so viel über sich gesagt, vielleicht möchten Sie, dass wir auch ein wenig erzählen. In den letzten Jahren ist in der Welt vieles geschehen.«
    Reno schüttelte den Kopf. »Die Welt jenseits der Berge interessiert uns wenig. Unsere Eltern und ihre Kameraden haben uns genug darüber erzählt. Über die Kämpfe, die Seuchen, die Zerstörung ganzer Städte.«
    »Haben Ihre Eltern in den Dunklen Jahren nach dem Sternenfall

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