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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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»Wasser zum Waschen bringt euch Raina gleich. Ach, und bleibt über Nacht hier oben, wenn möglich. Im Erdgeschoss schlafen die Hunde, und wenn ihr sie erschreckt … nun ja, in dem Fall ist das ganze Haus wach.«
    »Wir werden es im Kopf behalten«, sagte Jonan.
    »Dann wünsche ich eine gute Nacht. Gefrühstückt wird im Morgengrauen.« Er wandte sich ab und ging zur Treppe zurück, die in den ersten Stock führte. Dort angekommen drehte er sich noch einmal um und blickte Carya und die anderen an, so als erwarte er, dass sie gleich auf ihre Zimmer gingen.
    »Ist noch etwas?«, fragte Jonan.
    »Nein. Nichts.« Reno schüttelte den Kopf. Seine Augen verengten sich ein wenig. »Nur eins noch: Missbraucht unsere Gastfreundschaft nicht. Bleibt in euren Zimmern und stiftet heute Nacht keinen Unfrieden. Ich würde sehr ungehalten darauf reagieren. In diesem Haus muss Disziplin herrschen, sonst sind wir dem Tod geweiht.«
    »Wir bereiten Ihnen keinen Ärger«, versicherte Carya ihm.
    »Gut. Dann noch einmal gute Nacht.« Mit diesen Worten stapfte er die Treppe hinunter.
    »Der Kerl ist schon ein wenig seltsam, oder?«, sagte Pitlit leise. »Bleibt auf euren Zimmern. Stiftet keinen Unfrieden. Für wen hält der uns? Kinder?«
    Seine Entrüstung brachte Carya zum Schmunzeln. In den Augen der meisten Menschen wäre der Straßenjunge wohl als Kind durchgegangen. Trotzdem teilte sie sein Gefühl. »Reno ist wirklich eigenartig. Er gibt sich ja freundlich, aber habt ihr gesehen, wie die anderen alle vor ihm kriechen? Als wäre er der Alleinherrscher über dieses Tal.«
    »Ich glaube, dass seine Eltern Templersoldaten waren«, sagte Jonan, »die – ironischerweise – nicht sehr diszipliniert gewesen sein können, denn es klingt so, als seien sie desertiert. Womöglich haben sie ihr schlechtes Gewissen damit zu beruhigen versucht, dass sie an diesem Ort alles absolut korrekt, geplant und geordnet angegangen sind, mit militärischer Effizienz sozusagen. Vermutlich wurden die Kinder streng erzogen, und Reno als Ältester der zweiten Generation führt dieses strenge Regiment weiter. Wobei ich nicht ausschließen möchte, dass die jahrzehntelange Abgeschiedenheit ihn und die anderen ein wenig … eigen hat werden lassen.«
    Pitlit zuckte mit den Schultern. »Na ja, immerhin haben sie nicht versucht, uns umzubringen und aufzuessen. Dafür bin ich schon dankbar.«
    »Pitlit!«, entfuhr es Carya. Sie deutete mit einer Kopfneigung in Richtung Elje. »Hör auf, solche Schauergeschichten zu erzählen. Du machst Elje nur Angst.«
    Das Mädchen machte eine gelangweilte Miene und winkte ab. Carya war sich nicht sicher, ob das nicht noch schlimmer war, als wenn Elje furchtsam nach ihrer Hand gegriffen hätte. Schon Pitlit war auf eine Weise abgebrüht, die einen angesichts seines Alters erschrecken konnte. Und Elje war erst acht!
Nicht jeder hat ein so behütetes Leben geführt wie du
, meldete sich ihre innere Stimme zu Wort.
    Auf der Treppe wurden Schritte laut, und Raina tauchte mit je einer Kanne Wasser in den Händen auf. »Was macht ihr noch alle auf dem Korridor?«, fragte sie. »Stimmt etwas mit euren Zimmern nicht?«
    »Nein, danke, es ist alles bestens«, antwortete Carya mit erzwungenem Lächeln. »Wir haben uns nur wegen morgen besprochen. Wir … wir möchten Ihnen gerne ein paar Vorräte abkaufen – für unsere Weiterreise. Dafür könnten wir Ihnen Medikamente aus einem Erste-Hilfe-Kasten anbieten, die wir von einem Arzt bekommen haben. Alte Medikamente … Sie wissen schon: Vor-Sternenfall-Technologie.«
    »Das besprecht ihr am besten morgen mit Reno«, gab Raina zurück, während sie an ihnen vorbei in die Zimmer ging und jeweils eine Kanne dort neben die Waschschüsseln stellte. »Aber jetzt solltet ihr wirklich schlafen gehen. Es ist schon spät.«
    »Natürlich.« Carya wandte sich an Jonan. »Gute Nacht, Jonan. Pitlit.«
    »Gute Nacht, Carya«, erwiderte Jonan, trat auf sie zu und gab ihr einen züchtigen Kuss auf die Wange. »Verschließ heute Nacht die Tür«, flüsterte er ihr auf Francianisch ins Ohr.
    »Ich werde auch an dich denken«, gab Carya lauter zurück, lächelte und strich ihm über den Arm. »Komm, Elje«, wandte sie sich an das Mädchen, und gemeinsam zogen sie sich in ihren Schlafraum zurück. Sie machten die Tür zu, und Carya wartete, bis Raina hörbar wieder die Treppe hinuntergegangen war. Einen Schlüssel zum Versperren der Tür gab es nicht. Also sah sie sich im Raum um, und in Ermangelung

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