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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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weiß-goldenen, prachtvoll verzierten Templerrüstung aufgetreten.
    »Und welche Rolle spielt Aidalon?«, wollte Jonan wissen.
    »Aidalon ist als Sondergesandter dabei – und natürlich um für unser aller Seelenheil zu sorgen. Schließlich sollen wir nicht durch francianisches Gedankengut verdorben werden. Außerdem brennt er vermutlich geradezu darauf, ein paar austrogermanische Ketzer und Invitros dem reinigenden Licht Gottes zu überantworten.« Bramantes Mundwinkel verzogen sich zu einem sarkastischen Lächeln.
    Interessanterweise ging unter den Tribunalpalastgardisten das Gerücht um, dass Iudicaton von der harten Politik der Inquisition in der Frage der Invitro-Verfolgung nicht sehr begeistert war. Womöglich hing das damit zusammen, dass er zu denen gehörte, die bereits vor der Zeit des Sternenfalls gelebt hatten und daher zu genau über die wahren Begebenheiten damals Bescheid wussten, um guten Gewissens behaupten zu können, die Künstlichen seien an allem Übel schuld. Iudicaton war ein ergebener Diener und Soldat Arcadions und hätte daher seine Meinung niemals offen ausgesprochen, aber es musste wohl bei Ordenssitzungen hinter verschlossenen Türen schon einige heftige Wortwechsel gegeben haben. Dass nun ausgerechnet Aidalon und er praktisch Seite an Seite zu marschieren gezwungen waren, war schon eine Ironie des Schicksals und konnte nur das Ergebnis einer geschickt eingefädelten Intrige in den Reihen des Ordens sein.
    »Haben Sie ihn schon gesehen?«, fragte Jonan. »Aidalon, meine ich.«
    »Ja, er ist mit einer Abordnung von sechs Schwarzen Templern als Leibgarde eingetroffen. So etwas ist kaum zu übersehen.«
    Das klang beinahe, als hätte sich der Großinquisitor sicherheitshalber ein paar verstärkende Argumente mitgebracht, sollte er über die Frage, wie mit Ungläubigen und Künstlichen in den Feindesreihen zu verfahren sei, mit Iudicaton aneinandergeraten. Allerdings konnte sich Jonan nicht vorstellen, dass sich irgendein Templersoldat freiwillig mit einem Paladin anlegen würde – und mit diesem schon gar nicht. Die Treue der Tribunalpalastgarde zu ihren geistlichen Herren kannte Grenzen.
    »Wie sieht Aidalon aus?«, wollte Jonan wissen.
    »Wie soll er aussehen?«
    »Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, lag er eingeklemmt unter der Templerrüstung eines seiner Untergebenen. Sie wissen, wie massiv diese Panzer sind.«
    »Oh, ich verstehe, worauf Sie hinauswollen.« Bramante zog an der Zigarette im linken Mundwinkel und blies den Rauch zum rechten wieder hinaus. »Nun ja, seit dem Zwischenfall auf dem Quirinalsplatz humpelt er und stützt sich auf einen Stock. Vielleicht wirkt er noch ein wenig verbitterter als früher, aber ganz genau kann ich das nicht sagen. Glücklicherweise kenne ich ihn nicht so gut.«
    »Das heißt, er wird richtig erfreut sein, wenn er erfährt, dass ich in diesem Lazarett liege«, brummte Jonan. »Ich hoffe, er beabsichtigt nicht, einen Krankenbesuch zu machen.«
    »Sollten mir entsprechende Gerüchte zu Ohren kommen, warne ich Sie vor, Estarto.« Bramante nahm die Zigarette aus dem Mund und klopfte die Asche ab. »Wenn das alles war, was Sie wissen wollten, kümmere ich mich jetzt um meine anderen Aufgaben. Ich komme später wieder vorbei und schaue mir den Heilungsfortschritt Ihrer Schussverletzung an.«
    Vom Eingang des Lazaretts her war plötzlich das charakteristische Stampfen schwerer Schritte zu hören, ein Geräusch, das Jonan so vertraut war wie das Hämmern seines verloren gegangenen Sturmgewehrs. Ein Mann in einer Templerrüstung nahte. »Doktor Bramante«, drang eine metallisch klingende Stimme zu ihnen herüber. »Paladin Iudicaton und Großinquisitor Aidalon wünschen Sie zu sprechen. Sie wollen sich ein Bild vom Zustand des Lagers machen und erwarten Ihren persönlichen Bericht.«
    Der schwarz gepanzerte Hüne tauchte in dem knapp zwei Meter messenden Sichtbereich auf, den Jonan zwischen den beiden Vorhängen hatte. Er überragte den Leiter des Lazaretts um mehr als einen Kopf. Die Rüstung war so massig, dass ihr Träger von Glück sagen konnte, dass Bramante und seine Leute die Gänge zwischen den Bettenreihen recht großzügig ausgelegt hatten.
    »Einen breiteren Laufburschen konnten die beiden nicht finden?«, fragte der Arzt süffisant.
    Etwas verspätet schien dem Templer aufzufallen, dass seine Rüstung womöglich nicht optimal dazu geeignet war, um damit innerhalb eines Lazaretts herumzulaufen, das voller Tische und Rollwagen mit

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