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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Kopf schwirren ließ.
    Er ging ins Badezimmer und ließ sich viel warmes Wasser über den Körper laufen. Es spülte das Blut der Berglöwin in zartroten Rinnsalen auf den kupfernen Abfluss zu. Doch er spürte das Wasser kaum. Sein behaarter Körper sehnte sich nach dem eiskalten Wasser eines Bergbachs.
    Es wurde immer heller. Der Blick aus dem Badezimmerfenster war schön und klar. Linker Hand sah er das Meer, eine fahle, farblose Fläche, die unter dem weißen Himmel glitzerte.
    Rechts erhoben sich die Klippen.
    Ob die Klippen wohl ein Versteck waren? War Felix Nideck dort, beobachtete ihn und wartete auf eine Gelegenheit, um Marroks Tod zu rächen?
    Nein! Wenn Felix so nah war, warum sollte er dann Marrok schicken? Marrok hatte gesagt, er fürchte die Begegnung mit dem, der ihm seinen Wachposten zugewiesen hatte, und wolle seinen «Fehler» ausmerzen, bevor es zu dieser Begegnung käme.
    Außerdem: Falls Felix Nideck am Leben war, wieso ließ er dann zu, dass er offiziell für tot erklärt wurde und sein Besitz in andere Hände überging?
    So viele Möglichkeiten!
    Denk lieber an etwas Positives! Du hast an keinem Tatort Spuren hinterlassen. Nichts, was dir gefährlich werden könnte. Darüber brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen. Von der «normalen Welt» droht dir und Laura keine Gefahr. Fast keine. Allerdings war da noch die Sache mit Marchents Autopsie. Sie hatten sich intim berührt, bevor seine Transformation begonnen hatte. Aber das hatte nichts zu bedeuten, wenn es keine Spuren gab, die ihn mit den Morden in Verbindung brachten. War das logisch? Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Ich will mich rückverwandeln. Weiche von mir! Ziehe dich innerlich und äußerlich zurück!
    Tatsächlich begann die Verwandlung. Sein Körper gehorchte ihm, er schien jenes andere Wesen zu beherrschen. Beinahe wären ihm die Tränen gekommen. Auch weil er die Verwandlung wieder als lustvoll erlebte. Das wunderbare Gefühl ergriff seinen ganzen Körper und ging mit einer wohligen Ermattung einher. Sein Fell zog sich zurück, angenehme Krämpfe durchfuhren ihn und ließen ihn erzittern, bis er wieder seine ursprüngliche Gestalt annahm.
    Laura erwartete ihn schon im Schlafzimmer. In der Zwischenzeit hatte sie gelesen, und zwar in dem Buch von Teilhard de Chardin, das einmal Felix gehört hatte – ein Geschenk von Margon.
    «Hast du die Widmung gesehen?», fragte er.
    Laura schüttelte den Kopf. Er blätterte zur dritten Seite zurück und zeigte sie ihr.
    Liebster Felix,
    das ist für Dich!
    Nachdem wir das überlebt haben,
    kann uns nichts mehr passieren.
    Ein Grund zur Freude,
    Margon
    Rom ’04
    «Was, glaubst du, hat das zu bedeuten?», fragte Reuben.
    «Keine Ahnung.»
    «Auf jeden Fall lässt dieses Buch darauf schließen, dass Felix sich mit Theologie beschäftigt hat, mit dem Schicksal und den Zuständen der menschlichen Seele.»
    «Kann schon sein», sagte Laura zögerlich. «Weißt du … ich wage kaum, es auszusprechen, aber Katholiken kommen mir manchmal ziemlich verrückt vor.»
    Reuben lachte. «Da hast du wohl recht.»
    «Aber wie dem auch sei», fuhr Laura ernst fort. «Wir wissen nicht, ob Felix Nideck Katholik war. Auch dass er sich ernsthaft mit katholischer Theologie beschäftigt haben soll, ist reine Spekulation. Vielleicht hat er im Leben keine Sekunde lang über das Schicksal und die Zustände der menschlichen Seele nachgedacht.»
    Reuben nickte und lächelte, aber er war davon überzeugt, dass Felix sich mit solchen Fragen beschäftigt hatte. Er glaubte ihn gut genug zu kennen, um sich ihm nahe zu fühlen und ihn zu schätzen.
    Laura griff nach seiner Hand und zog ihn zum Bett.
    Unter der Bettdecke schmiegten sie sich aneinander und schliefen gleich darauf ein.

[zur Inhaltsübersicht]
    23
    A m späten Nachmittag kam Jim zu Besuch.
    Reuben war mit Laura im Wald spazieren gegangen, und dabei hatten sie nach einem Fahrzeug oder sonstigen Hinweisen auf Marrok gesucht, aber nichts gefunden. Also wussten sie immer noch nicht, wie er zum Haus gekommen war.
    Jim hatte es geschafft, den Abend freizubekommen, was in St. Francis höchst selten vorkam. Er hatte sich darum bemüht, als er hörte, dass Grace, Phil und Celeste bei Reuben nach dem Rechten sehen wollten, weil er nicht ans Telefon ging und keine E-Mails beantwortete. Mit dem Versprechen, sich selbst darum zu kümmern, hatte er die anderen davon abgehalten. Viel Zeit hatte er allerdings nicht. Es reichte gerade für ein zeitiges

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