Das Geschenk der Wölfe
Entdeckung hätte.» Er zögerte, und als er weitersprach, klang seine Stimme brüchig. «Du weißt gar nicht, was es für mich bedeutet, mit dir zu reden, Jim. Wir müssen uns darüber klarwerden, was da mit mir passiert. Lass uns darüber reden!»
«Es muss doch irgendjemanden geben, dem du trauen kannst», sagte Jim. «Jemanden, der erforscht, was mit dir passiert, ohne dich zu verraten.»
«Den gibt es aber nicht, Jimmy. Deswegen enden die Werwolf-Filme immer mit einer silbernen Kugel.»
«Ist das realistisch? Kann nur eine silberne Kugel dich töten?»
Reuben lachte leise. «Keine Ahnung. Bis jetzt weiß ich nur, dass mir ein Messer und eine gewöhnliche Kugel nichts anhaben können. Vielleicht gibt es eine ganz einfache Methode, mich zu töten … irgendein Gift. Ich weiß es nicht.»
«Verstehe. Ich verstehe jetzt auch, warum du Mom nicht trauen kannst. Trotzdem glaube ich, dass man sie dazu kriegen könnte, alles geheim zu halten, weil sie dich liebt, Kleiner, und weil sie deine Mutter ist. Aber vielleicht täusche ich mich. Jedenfalls würde es Mom völlig aus der Fassung bringen, so viel steht fest, egal wie sie damit nach außen hin umgehen würde.»
«Das ist auch etwas, das ich bedenken muss», sagte Reuben. «Ich darf die Menschen, die ich liebe, nicht damit belasten. Es könnte sie aus der Bahn werfen.»
Deswegen will ich hier weg und Laura in ihrem Waldhaus wiederfinden. Ich sehne mich so sehr nach ihr, weil sie aus irgendeinem Grund keine Angst vor mir hat und mich nicht abstoßend findet. Im Gegenteil. Sie hat mich in die Arme genommen und sich von mir in die Arme nehmen lassen …
Gedanken, die er auch beichten musste.
«Es gibt da diese Frau», sagte Reuben. «Eigentlich weiß ich gar nicht, wer sie ist. Das heißt, ich habe im Internet nachgesehen, deswegen glaube ich zu wissen, wer sie ist. Aber ich habe sie ganz zufällig getroffen und gleich bei ihr gelegen.»
«Bei ihr gelegen», sagte Jim. «Das klingt ja wie in der Bibel. Du meinst, du hattest Sex mit ihr?»
«Ja. Aber ich sage trotzdem lieber, dass ich bei ihr gelegen habe, weil … Wie soll ich sagen? Es war einfach wunderschön.»
«Na, super! Im Ernst, Reuben, du brauchst Hilfe! Du kannst mit der Kraft, die du plötzlich hast, nicht umgehen, und aus dem, was du erzählst, schließe ich, dass du auch mit der Einsamkeit nicht klarkommst.»
«Und wer sollte mir deiner Meinung nach dabei helfen?»
«Ich tu mein Bestes.»
«Ich weiß.»
«Du brauchst eine sichere Bleibe für die Nacht. Überall sind Suchtrupps unterwegs. Sie halten dich für einen Irren, der sich als Wolf verkleidet.»
«Die haben ja keine Ahnung.»
«So einfach ist das nicht, Reuben. Es gibt DNA -Spuren von Speichel, der an den Opfern gefunden wurde. Was, wenn sich herausstellt, dass es menschliche DNA ist, die DNA eines mutierten menschlichen Wesens? Was, wenn sich herausstellt, dass diese DNA abnorme Sequenzen enthält?»
«Davon verstehe ich nichts.»
«Es heißt, es gibt Probleme bei der DNA -Analyse. Probleme, von denen die Öffentlichkeit nichts erfahren soll. Das kann bedeuten, dass verfeinerte Testmethoden angewendet werden. Celeste sagt, man vermutet, dass die DNA -Spuren auf irgendeine Art manipuliert wurden.»
«Was soll das heißen?»
«Man vermutet, dass der Wolfsmensch absichtlich falsche Spuren legt, um die Behörden zum Narren zu halten.»
«Das ist doch lächerlich!»
«Außerdem bringt man die Vorfälle mit den Morden von Mendocino in Verbindung. Wenigstens tut Mom das. Sie will unbedingt, dass die beiden Junkies diesbezüglich untersucht werden. Man lässt wirklich nichts unversucht, um der Sache auf den Grund zu gehen.»
«Du meinst also, sie kriegen früher oder später heraus, dass in Mendocino ein anderer Wolfsmensch zugeschlagen hat und dass man es folglich mit zwei verschiedenen zu tun hat, die umherstreifen und ihr Unwesen treiben?»
«Keine Ahnung. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Jedenfalls solltest du nicht unterschätzen, wie leicht man dir unter Umständen auf die Spur kommen kann. Wenn deine DNA ins System eingespeist ist und sich eine Übereinstimmung mit den aktuellen Tests ergibt …»
«Aber meine DNA ist nirgendwo eingespeist. Mom sagte, irgendetwas sei mit der Probe schiefgegangen, die sie genommen hatten. Außerdem habe … hatte ich mir nie etwas zuschulden kommen lassen. Die Strafverfolgungsbehörden können meine DNA also gar nicht haben.»
«Ach, etwa weil sie sich grundsätzlich an die
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