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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Polizei kommt. Habt ihr mich verstanden? Geht nicht in den Hausflur, sondern wartet hier.»
    «Daddy will uns alle töten», sagte das Mädchen. «Ich habe gehört, wie er es zu Mummy gesagt hat. Er will mich und Tracy töten.»
    «Nein, nein, das wird er nicht tun», sagte Reuben und legte den Kindern die Vorderpfoten auf die Köpfe.
    «Du bist ein lieber Wolf», sagte das Mädchen.
    Reuben nickte. «Tut, was ich sage!»
    Er ging den gleichen Weg zurück und rief vom Telefon im Schlafzimmer die Polizei an. «Zwei Tote», sagte er. «Es sind Kinder im Haus.»
    Kurz vor Sonnenaufgang war er zurück im Motel. Er wusste nicht, ob jemand gesehen hatte, wie er sich vom Dach auf den Balkon heruntergelassen hatte. Wahrscheinlich nicht, aber man konnte nie wissen. Niemand durfte ihn jetzt in Wolfsgestalt sehen. Er musste sich schnell zurückverwandeln.
    Tatsächlich begann diese Rückverwandlung umgehend, als hätte ein gnädiger Wolfsgott seine Gedanken gelesen und ihm den Wunsch gewährt. Oder hatte er ihn sich selbst gewährt?
    Ohne auf seine Erschöpfung Rücksicht zu nehmen, packte er seine Sachen und verließ das Motel nach wenigen Minuten.
    Er kam bis zum Redwood Highway nördlich von Sausalito. Dort sah er ein kleines, altmodisches Motel, in dem er eincheckte. Wunschgemäß bekam er das Eckzimmer, das am Fuße eines Hügels an einem asphaltierten Weg lag.
    Erst am frühen Nachmittag wachte er auf und war der Verzweiflung nah. Wohin sollte er gehen? Was sollte er tun? Er kannte die Antwort: Mendocino versprach Sicherheit, Einsamkeit und jede Menge Zimmer, in denen er sich verstecken konnte. Außerdem konnte er nur dort «den anderen» finden, der ihm helfen konnte. Und er sehnte sich nach den Gentlemen von dem Foto in der Bibliothek.
    Verdammt, ich wünschte, ich wüsste, wer ihr seid.
    Andererseits ging ihm Laura nicht aus dem Kopf. Er wollte nicht nach Mendocino, wenn Laura nicht dort war.
    Wieder und wieder rief er sich die wenigen Stunden ihres Beisammenseins in Erinnerung, jede Kleinigkeit. Vielleicht hatte Laura längst die Behörden informiert. Aber Reuben glaubte zu wissen, dass sie es nicht getan hatte. Zumindest hoffte er es.
    In einem nahen Café kaufte er Kaffee und Sandwiches, nahm alles mit ins Motelzimmer und fuhr seinen Computer hoch.
    Man musste kein Hellseher sein, um zu vermuten, dass Laura beruflich etwas mit dem Wald und der Wildnis zu tun hatte, die ihr Haus umgab. Gestern hatte er eine Webseite gefunden, die Ausflüge für Frauen anbot, geleitet von einer L. J. Dennys. Jetzt sah er sich diese Webseite noch einmal an und hoffte auf weitere Hinweise. Doch auf dem einzigen Foto mit L. J. Dennys konnte man unmöglich erkennen, wer die Frau unter dem Hut und hinter der großen Sonnenbrille war. Auch von ihrem Haar war fast nichts zu sehen.
    Dafür fand er andere Beiträge im Netz, die auf L. J. Dennys verwiesen, eine Naturkundlerin und Umweltaktivistin. Leider ohne brauchbare Fotos.
    Schließlich suchte er gezielt nach Laura J. Dennys. Es gab einige falsche Fährten, doch dann stieß er auf etwas Unerwartetes: eine vier Jahre alte Meldung des
Boston Globe
über eine Laura Dennys Hoffman, die Witwe von Caulfield Hoffman, der zusammen mit seinen beiden Kindern bei einem Segeltörn vor Martha’s Vineyard tödlich verunglückt war.
    Wahrscheinlich war auch das eine falsche Fährte, aber Reuben verfolgte sie trotzdem, und schließlich fand er das Foto, auf das er gehofft hatte. Darauf war die Frau mit der Perlenkette und den zwei Söhnen, die er von dem Foto auf Lauras Nachttisch kannte. Neben ihr stand ein großer, gutaussehender Mann mit geheimnisvollem Blick und auffallend weißen Zähnen – Lauras verstorbener Mann. Es war ein Foto, das Mitglieder der gehobenen Gesellschaft zeigte.
    Da war sie also, die Frau, die Reuben in den Armen gehalten hatte.
    Er klickte alles an, was mit dem Unglück zu tun hatte, dem Caulfield Hoffman und seine beiden Söhne zum Opfer gefallen waren. Laura war in New York gewesen, als der «Unfall» passierte, der, wie sich später herausstellte, gar keiner gewesen war. Eine gründliche und langwierige Untersuchung hatte nämlich ergeben, dass Lauras Mann Selbstmord begangen und seine Söhne mit sich in den Tod gerissen hatte.
    Hoffman war Börsenmakler und Fondsmanager gewesen und hatte zu dem Zeitpunkt eine Anklage wegen Insiderhandels und Veruntreuung zu erwarten. Es war die Rede von Scheidung und Sorgerechtsstreitigkeiten.
    Aber das war noch nicht Lauras ganze

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