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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Lokalblatt aus Mill Valley bevorzugte: «Kinder wohlbehalten in Mill Valley aufgefunden – Zwei Tote». In beiden Zeitungen fanden sich ähnliche Zeichnungen von diesem Wolfsmenschen – eine menschenähnliche Gestalt mit Wolfsohren, aufgerissener Schnauze und furchterregendem Raubtiergebiss.
    Das Haus hatte viele Fenster, an denen die Regentropfen glitzerten. Die Wände waren in warmen, erdigen Farben gestrichen, die Möbel aus Holz.
    Reuben stand gerade am Wohnzimmerkamin, als Laura zur Hintertür hereinkam. Schnell schlüpfte er in den Hausflur. Er sah, wie sie in der Küche eine braune Einkaufstüte auf den Tisch stellte und eine gefaltete Zeitung danebenlegte.
    Das Haar hatte sie mit einem schwarzen Band im Nacken zusammengebunden. Sie zog ihre schwere Cordjacke aus und hing sie über eine Stuhllehne. Darunter trug sie einen weichen grauen Rollkragenpullover und einen langen dunklen Rock. Irgendwie wirkte sie unzufrieden und enttäuscht. Langsam breitete sich ihr süßlicher Geruch im ganzen Haus aus. Reuben war sich sicher, dass er ihn überall wiedererkennen würde – diese Mischung aus menschlicher Wärme und einem Hauch Zitrus.
    Wie gebannt beobachtete er sie, ihre schlanken Hände, ihre glatte Stirn, ihr weißes Haar, das weich ihr Gesicht umrahmte, ihre eisblauen Augen, mit denen sie den Blick wie abwesend durch den Raum schweifen ließ.
    Vorsichtig näherte er sich der Küchentür.
    Sie wirkte nervös und unsicher. Niedergeschlagen ging sie an den weißen Küchentisch und wollte sich gerade hinsetzen, als sie ihn im Hausflur stehen sah.
    «Laura, meine Schöne», flüsterte er.
Was siehst du? Den Wolfsmenschen, ein Monster, das seine Opfer brutal zerfleischt?
    Erschrocken schlug sie die Hände vors Gesicht und sah ihn durch die schmalen, langen Finger an. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Dann schluchzte sie auf und konnte die Tränen nicht länger zurückhalten.
    Mit ausgebreiteten Armen lief sie auf Reuben zu. Er kam ihr entgegen, nahm sie in die Arme und drückte sie an sich.
    «Laura, meine Schöne», wiederholte er und hob sie hoch, wie er es schon einmal getan hatte. Er trug sie ins Schlafzimmer und legte sie aufs Bett.
    Zuerst löste er das Band in ihrem Haar, sodass es ihr wellenförmig über die Schultern fiel, ganz weiß, mit einzelnen Strähnen, die im Licht der Nachttischlampe gelblich schimmerten.
    Reuben musste sich beherrschen, um ihr nicht die Kleider vom Leib zu reißen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie alle Knöpfe und Haken geöffnet hatte. Dann endlich war sie nackt. Rosa und weich präsentierte sie sich ihm, die Brustwarzen wie Blütenblätter, das Schamhaar wie Rauch. Reuben bedeckte ihren Mund mit Küssen und hörte das tiefe Stöhnen aus seiner Brust kommen, dieses animalische Geräusch, das kein Mensch von sich geben konnte. Er konnte nicht aufhören, sie von Kopf bis Fuß zu küssen, ihren Hals, ihre Brüste, ihren Bauch und die Innenseite ihrer seidigen Schenkel.
    Er nahm ihren Kopf zwischen die Pfoten, und sie fuhr zärtlich mit den Fingern über sein Gesicht, wobei sie sie tief in sein weiches Unterfell drückte.
    Sie weinte immer noch, aber in Reubens Ohren klang es wie der Regen an den Fenstern, wie ein schönes Lied.

[zur Inhaltsübersicht]
    16
    W ährend Laura noch schlief, legte Reuben frische Holzscheite in das sterbende Feuer im Wohnzimmerkamin. Ihm war zwar nicht kalt, aber er liebte den Anblick, wenn der Widerschein des Feuers über Decke und Wände zuckte und die Flammen neu aufloderten.
    Er stand noch am Kamin, als sie hereinkam.
    Sie hatte ein Nachthemd angezogen, das dem zerrissenen aus ihrer ersten Nacht glich, mit Manschetten und Kragen aus alter Spitze und kleinen Perlmuttknöpfen, die im Halbdunkel schimmerten.
    Auch ihr Haar schimmerte seidig, denn sie hatte es gerade gekämmt.
    Sie setzte sich in einen alten Sessel vorm Feuer und zeigte auf den daneben, der größer war und Reuben mehr Platz bot.
    Er setzte sich und signalisierte ihr mit einer Geste, dass sie zu ihm kommen sollte.
    Sie setzte sich auf seinen Schoß. Er umarmte sie, und sie legte den Kopf an seine Brust.
    «Sie suchen dich», sagte sie. «Aber das weißt du, oder?»
    «Ja, natürlich.» Er hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, wie tief und rau seine Stimme war. Dabei sollte er froh sein, dass er überhaupt noch sprechen konnte. «Hast du gar keine Angst, so ganz allein in diesem Haus?», fragte er. «Das heißt, ich sehe ja, dass du keine hast, aber warum

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