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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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ihn verraten?
    Nachdenklich kratzte sich der Kaufmann hinter dem linken Ohr.
    Nein, auch das schien ihm ausgeschlossen. Fremdländisches Dienstpersonal, egal ob frei oder unfrei, war seinen Herren unglaublich treu ergeben und tat alles für sie. Das war auch der Grund, weshalb viele ehemalige Kriegsgefangene in hohe Stellungen am Königshof gelangten. Allerdings waren sie sicher freundlicher behandelt worden, als diese hier.
    Senbi seufzte leise und taxierte die vor ihm kniende Frau.
    Wenn sie tatsächlich klüger war, als er angenommen hatte, wäre ihr sicher klar, was mit ihr geschehen würde, wenn sie ihn verriet. Senbi war sich jedoch sicher, dass Satra komplett eingeschüchtert war.
    Anfangs war sie aufmüpfig gewesen, hatte einmal sogar versucht zu fliehen, doch nach diesem Versuch und der folgenden Bestrafung hatte sie sich ihm bedingungslos untergeordnet. Grund dafür waren die Vergeltungsmethoden seiner beiden Gehilfen, die sowohl von ihren Fäusten als auch vom Stock und der Peitsche gerne Gebrauch machten. Bisher hatten Abischemu und Raja in kürzester Zeit selbst aus dem störrischsten Neuankömmling ein hündisch ergebenes Geschöpf ohne jeglichen Willen gemacht. Warum sollte sich daran bei Satra etwas geändert haben?
    Verächtlich sah er auf die Dienerin herab.
    »Du wirst dich einem Mann hingeben und ihm etwas, was ich dir geben werde, in seinen Wein schütten«, sagte er und blickte ihr dabei aufmerksam ins Gesicht, in dem er die blanke Angst wahrnahm. »Sei unbesorgt, es wirkt erst später. Du könntest seelenruhig noch ein bis zwei Wochen sein Lager teilen, nur dass es ihm mit der Zeit immer schlechter gehen würde. Aber das verlange ich nicht von dir. Wenn er gestorben ist, gebe dir deine Freiheit zurück. Was sagst du dazu?«
    Satra konnte nicht sprechen. Ihr Hals war wie zugeschnürt. Sie wusste, dass eine Weigerung ihrem Todesurteil gleichkommen würde. Aber konnte sie deshalb einen anderen Menschen vergiften?
    Mühevoll schluckte sie den Kloß in ihrem Hals herunter und nickte langsam. »Ja, mein Gebieter, ich werde tun, was du befiehlst.«

DREI
     
     
     
     
     
     
     
    Ramses lag schwer krank auf seinem königlichen Lager. Er, der einst so strahlende Horus, war nur noch ein Schatten seiner selbst. Seine Wangen waren eingefallen und ließen seine ohnehin zu große Hakennase noch riesiger erscheinen. Sein Kinn wirkte kantiger als zuvor, und die Augen lagen tief in ihren Höhlen. Sein gesamter Körper war ausgemergelt, was nicht nur ein Ergebnis seiner Krankheit war, sondern auch der strengen Diät und der Verabreichung von verdauungsfördernden Mitteln, die ihm sein Leibarzt verordnet hatte. Als er nach der Hand seines um einige Jahre jüngeren Bruders griff, zitterte seine.
    Sethherchepeschef, der von allen nur liebevoll Sethi genannt wurde, saß auf einem Hocker neben dem Bett und nahm die knochige Linke in seine kräftigen jungen Hände.
    »Wo ist Itiamun?«, brachte der König mühevoll heraus.
    »Er kommt gleich, Ramses.«
    Seufzend blinzelte Ramses zu Sethi, der einst der Stolz ihres königlichen Vaters, Osiris Ramses III., gewesen war, als er vor dreiunddreißig Jahren das Licht der Welt erblickt hatte.
    Sethi war ein kräftiges, gesundes Kind gewesen und entwickelte sich prächtig. Als die Zeit gekommen war, dass er in die Palastschule gehen und lernen sollte, musste der Pharao jedoch bald feststellen, dass Sethi zwar nicht dumm war, dafür aber sagenhaft faul.
    Ramses erinnerte sich, dass sich sein Bruder ein ums andere Mal davongeschlichen hatte, um den Stallburschen bei der Arbeit mit den Pferden zuzusehen. Jedes Mal war er dafür bestraft worden; dennoch hatte er die nächstbeste Gelegenheit genutzt, um wieder aus dem Unterricht zu verschwinden. Ramses hatte seinem Vater daraufhin empfohlen, Sethis Vorliebe für Pferde zu nutzen und ihn im Kriegshandwerk unterrichten zu lassen. Sethis anfängliche Interesse war schon sehr bald in Desinteresse umgeschlagen, als es darum ging, sich mit anderen Rekruten im Nahkampf zu messen. Es lag nicht daran, dass Sethi der Mut oder die Kraft dazu gefehlt hätten; er hatte schon immer die friedliche Lösung einer kämpferischen vorgezogen.
    Ein leichtes Lächeln huschte über die eingefallenen Gesichtszüge des Pharaos.
    Das war eben sein Bruder Sethherchepeschef. Er war einfach nur da, lebte fröhlich und sorgenfrei in den Tag hinein und genoss die Annehmlichkeiten seiner königlichen Herkunft in vollen Zügen.
    Irgendwann hatte ihr Vater dann

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