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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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steht mir nicht zu, Seiner Majestät einen Fehler in seinem Handeln zu unterstellen. Abydos hat aber gezeigt, dass das Tun eines jeden, sei er auch noch so unwichtig, ständig überwacht werden muss. Dabei dürfen auch die kleineren Tempel nicht in Vergessenheit geraten. Nur Pharaos Anwesenheit lässt Maat regieren und erinnert die Menschen daran, dass sie in ihrem Sinne leben und handeln sollen.«
    »Ich werde mir deine Worte merken, gedenke aber nicht, sie vor meinem Vater zu wiederholen.« Itiamun sah dem Mann, dessen jüngste Tochter ihm gerade einen Sohn geboren hatte, fest in die Augen. »Dennoch danke ich dir für deine Offenheit, Nehi. Du hast dich stets als treu ergebener Diener Seiner Majestät erwiesen. Du darfst gehen.«
    Mit einer Verneigung zog sich der Wesir zurück. Itiamun hingegen blieb noch eine ganze Weile sitzen und dachte über das Gehörte nach.
    Als es Zeit wurde, sich mit seinem Vater zum Essen zu treffen, begab er sich hinaus in den Laubengang. Er wollte sich gerade in Richtung der privaten Gemächer seines Vaters wenden, als er angesprochen wurde.
    »Was machst du denn hier?«
    Überrascht wandte sich der Thronfolger um. Eine hübsche junge Frau mit ausländischen Gesichtszügen, in denen die etwas zu große Nase ihre Abstammung vom Mächtigen Horus erkennen ließ, kam fröhlich auf ihn zugeeilt.
    »Bintanat!« Itiamun lächelte die Prinzessin freundlich an, die ihm freudestrahlend um den Hals fiel.
    »Schön dich wiederzusehen«, plapperte sie. »Seitdem du die Mitregentschaft übernommen hast, sieht man dich höchstens noch bei offiziellen Anlässen.« Sie knuffte Itiamun frech in die Rippen. »Wie geht es denn Amunhotep?« Bei der Erwähnung des Namens leuchteten ihre großen dunklen Augen träumerisch auf. »Den habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen. Vielleicht solltest du mal wieder ein Fest geben. Immerhin hättest du ja einen Grund dazu.« Schelmisch sah sie ihren Halbbruder unter ihren dichten Wimpern an.
    »Ach ja, und welchen?«
    »Na, höre mal! Du bist Vater geworden, und das sogar zwei Mal innerhalb von nur vier Tagen. Oder sollte dir das entgangen sein?« Verlegen schüttelte Itiamun mit dem Kopf. »Na also, dann rufe ein Fest aus und lass gleich ganz Theben mitfeiern«, empfahl sie schlicht. »Die Leute freuen sich sicher über ein paar zusätzliche freie Tage.«
    »Oh, heute so leutselig?« Itiamuns Stimme klang spöttisch, und beleidigt schnitt Bintanat ihm eine Grimasse.
    »Werde bloß nicht so ein Muffel wie unser Vater. Nimm dir ein Beispiel an seinem Bruder. Sethi kann tage- und nächtelang feiern, ohne müde zu werden.«
    »Er tut ja auch sonst nichts Nützliches.«
    »Das werde ich ihm erzählen«, antwortete sie und grinste.
    »Tue es, Bintanat. Sethi weiß, welche Meinung ich über ihn und sein Verhalten habe.« Itiamun löste ihre Arme, die sie noch immer hinter seinem Kopf verschränkt hielt. »Ich muss jetzt gehen.«
    »Und wohin?«
    »Zu unserem Vater. Er erwartet mich.«
    »Hm, Staatsgeschäfte.« Verächtlich rümpfte Bintanat die Nase und sah ihrem Halbbruder hinterher, wie sich dieser in Richtung der Privatgemächer des Königs begab.
    Ramses erwartete ihn bereits und forderte ihn auf, auf einem bequemen Stuhl Platz zu nehmen. Ein Diener eilte herbei und schob dem Prinzen einen niedrigen Tisch zu, an dem er speisen konnte. Ein anderer füllte ihm seinen Becher mit einem leichten roten Wein. Dann wurde das Essen aufgetragen.
    Es gab gebratene Rinderfilets, gedünstete Nieren sowie zarte Nilbarschfilets, die auf Zwiebeln, Gurken und Lauch gebettet waren. Hinzu kamen gefüllte Tauben, frisches, knackiges Gemüse und zum Abschluss ofenwarme Honigkuchen. Der Koch des Pharaos hatte sich selbst übertroffen.
    Itiamun verspeiste, was sein Magen bereit war aufzunehmen, aber irgendwann war er gesättigt. Gründlich säuberte er sich die Finger und sah anschließend zu seinem Vater. Ihm war klar, dass ihn der Herr der Beiden Länder nicht nur zum Essen eingeladen hatte.
    Mit einer Kopfbewegung schickte der Pharao die Bediensteten vor die Tür; König und Prinz waren allein.
    »Wem würdest du das Amt des Oberpriesters in Abydos übertragen?«, fragte Ramses.
    »Das musst du entscheiden, Majestät. Es sollte jemand sein, dem du vertrauen kannst. Ich kann versuchen, dich zu beraten, aber die letzte Entscheidung steht nur dem Pharao zu.«
    »Das stimmt, mein Sohn. Ich will aber, dass
du
einen Mann benennst, dem
du
vertraust. Ich spüre, dass meine Zeit hier auf

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