Das Geschenk des Osiris
hatte, doch Ramses schwieg. »Um dieses unangenehme Thema zu beenden«, fuhr der Prinz fort, »berichte Seiner Majestät und mir, wer als schuldig überführt werden konnte und welches Strafmaß du verhängt hast.«
»Der Hauptschuldige ist der Oberpriester Djefahapi, der seine Macht missbraucht hat, um sich zu bereichern. Er hat sich selbst gerichtet. Sein gesamtes Vermögen wurde dem Tempelschatz zugeführt. Die beiden Landsitze samt der Dienerschaft fallen dem Pharao zu. Mag Deine Majestät darüber entscheiden, was mit ihnen geschieht.
Weiterhin wurde der Oberste Schreiber des Gottes der Mittäterschaft überführt. Er hat nicht nur die Bestandslisten gefälscht, er bereicherte sich als Belohnung für sein Schweigen auch am Eigentum des Gottes. Leinen, Sandalen, wertvolle Möbel und ein paar andere Kostbarkeiten aus dem Eigentum des Tempels hat er Gewinn bringend verkauft und damit ein kleines Vermögen angehäuft. Alles wurde beschlagnahmt und dem Gott zurückgegeben. Der Mann wurde durch mich zu lebenslanger Strafarbeit in den Kupferminen des Sinai verurteilt. Zudem wurde ihm die Nase abgeschnitten.
Der Baumeister sowie zwei Beamte aus Abydos wurden ebenfalls überführt, enteignet und mit ihren Familien als Leibeigene auf verschiedene Tempel verteilt. Sie werden dort Zwangsarbeit auf Lebenszeit verrichten.
Dem Vorsteher der niederen Priesterschaft, dem Obersten Arzt, dem Vorsteher des Lebenshauses als auch dem Vorlesepriester des Gottes Osiris konnten keine Vergehen nachgewiesen werden, wenn man davon absieht, dass sie die Augen verschlossen hielten.«
»Ist das kein Vergehen?«, brauste Itiamun erbost auf, und erschrocken zog Nehi den Kopf leicht ein.
»Natürlich, Majestät. Ich bin mir jedoch sicher, dass es ihnen eine Lehre ist und dass sie nie wieder tatenlos zusehen werden, wenn solcherlei geschieht. Sie wurden durch mich streng getadelt und zu einer Bußabgabe verurteilt, die dem Tempel zugeführt werden soll. Ich habe sie aber in ihren Ämtern belassen. Gleiches gilt für Ipuwer, dem ich sein Einschreiten mittels des anonymen Schreibens zugutegehalten habe. Allerdings wurde allen Verbannung und Strafarbeit angedroht, sollten jemals wieder solche Dinge mit ihrem Wissen geschehen.« Der Wesir hatte geendet und sah Ramses und Itiamun abwartend an.
Ramses nickte bedächtig. »Du hast recht gehandelt, Nehi, und Maat ist wieder an die Stelle von Chaos getreten.« Er wandte sich an seinen Sohn. »Ich erwarte dich heute zum Mittag in meinen Gemächern.«
Damit war die Audienz beendet. Ramses erhob sich, und seine drei Untertanen verneigten sich tief vor ihm.
Nachdem die Schritte des Königs verhallt waren, befahl Itiamun dem Obersten Schreiber, sich ebenfalls zu entfernen. Als der Mitregent und der Wesir allein waren, fragte Itiamun: »Werde ich später noch mehr solcher Überraschungen erleben?«
Fragend blickte Nehi zu ihm auf. »Majestät, du weißt genau wie ich, wie es um die Beiden Länder bestellt ist. Dein Vater hat stets im Sinne der Maat regiert, und sein Volk liebt ihn dafür. Er hat die Feinde aus den Fremdländern zurückgedrängt, doch die Feinde im eigenen Land sind ihrer nicht weniger geworden. Der Große Horus hat alles getan, um dir ein starkes und reiches Land zu hinterlassen, dem die fremdländischen Herrscher zu Füßen liegen. Aber das Hochwasser ist in den letzten Jahren nicht so gut ausgefallen, sodass nicht genug Getreide geerntet werden konnte. Das Volk hat zum Teil Hunger gelitten. Die Korruption und Bestechlichkeit unter den Beamten nimmt zu, und selbst Ramses wird ihrer nicht Herr.«
Itiamun nickte bedrückt. Das war ihm bekannt. Dennoch war er bestürzt, dass durch Menschen, in die der Pharao sein Vertrauen gesetzt hatte, die durch ihn zu seinen Vertretern ernannt worden waren, solche Verbrechen ausgeübt wurden. Er seufzte. »Ist die Menschheit inzwischen so verdorben?«
Ratlos zuckte Nehi mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Majestät, aber darf ich es wagen, dir einen Ratschlag zu geben? Seine Majestät sollte nicht zu lange zögern, sondern umgehend einen dem König treu ergebenen neuen Oberpriester nach Abydos schicken, einen, auf den er sich voll verlassen kann und ...« Nehi stockte und trat verlegen von einem Bein auf das andere.
»Nun sprich schon«, ermunterte ihn Itiamun.
»Pharao sollte nicht noch einmal den ...« Erneut unterbrach sich der Wesir und suchte nach dem rechten Wort.
»... Fehler begehen?«, fragte Itiamun, und Nehi errötete.
»Es
Weitere Kostenlose Bücher