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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Senbi war ein Geizkragen. Amunmose diente ihm nur deshalb noch, weil Senbi ihn niemals aus seinen Diensten entlassen würde. Zu groß war Senbis Angst, er könnte etwas über den Umgang mit den Hausdienerinnen ausplaudern. Nur solange Amunmose in seinen Diensten stand, konnte sich Senbi seiner uneingeschränkten Loyalität sicher sein.
    Kann Senbi das wirklich?, dachte Amunmose und seufzte leise.
    »Beantworte mir zuvor eine Frage, Herr. Wer bist du, und warum interessierst du dich für meinen Gebieter?«
    Mit dieser Frage hatte der Holzhändler gerechnet. »Ich bin Ibiranu, der Mann, der deinem Herrn so richtig in die Suppe gespuckt hat bei seinem Ausflug in das holzhandelnde Gewerbe. Wenn du mir hilfst, bist du ihn vielleicht schon bald als deinen Gebieter los. Zudem wirst du dafür reich belohnt.« Er nickte ihm zuversichtlich zu und wies auf den Beutel vor Amunmoses Nase.
    Nervös trommelte der Haushofmeister mit seinen dicken Fingern auf die Tischplatte. Ihn plagten noch immer Zweifel und Angst, ob es richtig und seiner Gesundheit zuträglich sei, auf das Angebot des Syrers einzugehen. Was, wenn Senbi es erfahren würde? Amunmose stand nicht im Geringsten der Sinn danach, mit Abischemus und Rajas Fäusten nähere Bekanntschaft zu schließen.
    »Ich weiß nicht recht«, wand er sich verzweifelt, und sein Blick irrte zwischen dem Gesicht des Syrers und dem Schatz in dem Säckchen hin und her.
    Ibiranu schwieg und gewährte ihm die Zeit, um seinen inneren Kampf auszufechten.
    Kurz darauf griff Amunmose beherzt nach dem Ledersäckchen.
    »Na los, dann frage mich, was du wissen willst. Du musst mir zuvor jedoch schwören, dass niemand jemals erfahren wird, dass ich dir über meinen Gebieter Auskünfte gab.«
    Ibiranu schmunzelte verstohlen und gelobte Stillschweigen.
    Zuerst zurückhaltend, wurde Amunmose mit jeder Schale des starken Biers immer freimütiger in seinen Informationen über Senbi.

SECHS
     
     
     
     
     
     
     
    Ipuwer haderte mit den Göttern und dem gottgleichen Pharao. Hatte er sich nicht als treuer Untertan Seiner Majestät erwiesen, als er dem Wesir über die Zustände im Tempel des Großen Gottes Osiris geschrieben hatte? Er hatte das zwar anonym getan, hatte jedoch glaubhaft versichern können, dass dieses nur aus Furcht vor der Reaktion des Oberpriesters geschehen war. Vom wahren Grund hatte niemand etwas erfahren. Und nun war Djefahapi in das Reich des Osiris gegangen, falls er überhaupt das Wiegen des Herzens in der Halle der Wahrheit glimpflich überstanden hatte. Ipuwer bezweifelte das, und ihm war unwohl zumute, wenn er an sich selbst dachte. Immerhin hatte er Djefahapi vergiftet. Das war Mord, aber Djefahapi hatte sich das selbst zuzuschreiben. Hätte er Ipuwer nicht bedroht und erpresst, wäre er jetzt noch am Leben.
    Die Gedanken des Schatzmeisters gingen zurück zu jenem schicksalhaften Tag vor fast acht Jahren, als er noch Vorsteher der niederen Priesterschaft gewesen war und nur dem Namen nach einen höheren Rang bekleidete. An jenem Spätnachmittag im Jahr eins von Ramses ’ Herrschaft war es auf Djefahapis Anwesen in der Nähe von Abydos zu einem schweren Unfall gekommen.
    Djefahapi beschäftigte schon damals niedere Priester zu seinen privaten Zwecken und behandelte auch die höhergestellten wie einfache Hausdiener. An jenem Tag hatte er Ipuwer zu sich bestellt, um mit ihm über eine Umverteilung der Aufgaben innerhalb der niederen Priesterschaft zu sprechen.
    Als Ipuwer zusammen mit Djefahapis Verwalter den Garten betrat, sahen sie, wie der Oberpriester einen Wab-Priester tadelte. Dieser wollte jedoch nicht einsehen, wieso er für Djefahapi auf dessen Privatbesitz arbeiten musste, anstatt im Tempel des Osiris seinen Dienst zu tun. Wütend über diesen Ungehorsam, hatte Djefahapi seinen Stock gehoben, um den jungen Mann zu schlagen. Dieser wich nach hinten aus, stolperte dabei über eine Wurzel und stürzte hart mit dem Hinterkopf auf die steinerne Einfassung des Teichs.
    »Bei Osiris!«, riefen der Verwalter und Ipuwer entsetzt aus und stürzten auf die beiden Männer zu.
    Die sich schnell um den Kopf des jungen Priesters vergrößernde Blutlache machte ihnen sofort klar, dass dem armen Jungen wohl nicht mehr zu helfen war. Dennoch kniete sich Ipuwer neben ihn und betastete den Hals. Das Leben pulsierte nicht mehr durch den Körper des Wab. Er war tot.
    »Das war ein Unfall«, sagte Djefahapi mit tonloser Stimme. »Das habe ich nicht gewollt. Er ist gestolpert und

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