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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Mund dieser Frau.«
    »Gibt es dafür Zeugen?«
    »Wie denn?« Der Syrer schüttelte verständnislos mit dem Kopf. »Wir waren allein.«
    Jetzt war es an dem Gerichtsschreiber, nachdenklich den Kopf zu wiegen. »Das ist schade, Herr. Sollte die Frau ihre Behauptung nicht wiederholen, kann deinen Worten kein Gewicht beigemessen werden.«
    »Willst du behaupten, ich lüge?« Ibiranu war empört.
    »Das habe ich nicht andeuten wollen«, verteidigte sich der Diener der Maat, der Göttin der Rechts und der Ordnung. »Wenn es jedoch sonst niemanden gibt, der deine Behauptung stützen kann ...«
    »Es gibt jemanden«, polterte der Syrer und biss sich auf die Zunge.
    »Und wen?«
    »Das kann ich nicht sagen«, wich Ibiranu aus. »Es handelt sich um eine sehr vertrauenswürdige Person, der ich mein Wort gab, ihren Namen nicht zu nennen.«
    »Dann kann ich dir nicht weiterhelfen. Deine Klageschrift wird einem Richter vorgelegt.«
    Ibiranu bedankte sich, obwohl er mit dem Ergebnis nicht gerade zufrieden war. Es blieb ihm jedoch nichts anderes übrig, als auf die kemitische Rechtsprechung zu vertrauen.
    Nachdem er gegangen war, las sich der Schreiber noch einmal die Anzeige des Syrers durch. Er konnte und wollte einfach nicht glauben, dass ein so angesehener und ehrbarer Mann ein solch widerwärtiges Verbrechen begangen haben sollte. Durfte er dieses Dokument einfach zu den anderen legen, in denen es um kleinere Diebstähle oder eine Prügelei zwischen zwei Betrunkenen ging?
    Kurz entschlossen rollte er das Schriftstück zusammen und begab sich zu seinem Vorgesetzten.
    Ungläubig hörte der Vorsteher der Gerichtsschreiber seinem Untergebenen zu und wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Um sich diese brisante Angelegenheit vom Hals zu schaffen, nahm er die Anzeige an sich und sagte dem Mann, dass er sich ab jetzt darum kümmern wolle. Daraufhin landete sie bei Richter Thotmose auf dem Tisch.
    »Gibt es Beweise für diese ungeheuerliche Klage?«, fragte der Richter, und der Vorsteher verneinte.
    »Mein Untergebener hat diesen Ibiranu genau dasselbe gefragt, und er konnte keine vorweisen. Er sagt, es gäbe einen Informanten, dessen Namen er aber nicht nennen darf.«
    »Dann hat seine Klage gegen Senbi keine Grundlage.«
    »Das hat ihm mein Schreiber ebenfalls gesagt, doch Ibiranu ließ sich nicht umstimmen. Er beharrt darauf, dass Senbi der Auftraggeber ist, und er würde das sogar beschwören.«
    Nachdem der Vorsteher gegangen war, nahm sich Thotmose die Protokolle zu den Verhören der am Vortag Festgenommenen vor und fand darunter den besagten Vorgang. Die Medjai, die die Befragung in den frühen Morgenstunden durchgeführt hatten, hatten vermerkt, dass die Festgenommene von Anfang an sehr auskunftsbereit gewesen sei, ohne dass sie Aussage fördernde Maßnahmen hatten ergreifen müssen.
    Die Frau, die von sich behauptete, eine Dienerin aus dem Haushalt des Kaufmanns Senbi zu sein, beschuldigte ihren Herrn, ihr das Gift gegeben zu haben, um damit den Syrer Ibiranu zu töten. Sie hatte genau den Hergang des Abends geschildert, und Thotmose stellte verwundert fest, dass es selbst bei der Wiedergabe ihrer Unterhaltung mit dem Syrer eine beinahe komplette Übereinstimmung mit Ibiranus Wortlaut gab. Das machte den Richter stutzig.
    »Entweder die beiden haben sich wirklich nicht viel zu sagen gehabt oder ...«, murmelte er leise vor sich hin und starrte auf die beiden Aussagen.
    Oder es war gar kein Anschlag des Thebaners auf das Leben des Syrers, sondern ein Komplott zwischen Ibiranu und dieser Satra gegen Senbi!
    Nachdenklich massierte er sich die Stirn.
    Auch Thotmose war der Zwist zwischen den beiden Kaufleuten nicht entgangen. In ganz Theben hatte es tagelang kein anderes Gesprächsthema gegeben, nachdem Senbis Lieferung nicht rechtzeitig eingetroffen war und die Baumeister händeringend nach einer Ausweichlösung gesucht hatten. Dann plötzlich hatten Ibiranus Lastkähne festgemacht, und der weitere Ablauf der Bauarbeiten war gesichert gewesen.
    War dieser Anschlag nur vorgetäuscht, um Senbi den Todesstoß zu versetzen?
    »In Anbetracht der Tatsache, dass Senbi seine Handelsbeziehungen mit den Tempeln verloren hat«, sinnierte Thotmose weiter, »wäre da nicht auch die angezeigte Möglichkeit denkbar?«
    Er schüttelte zweifelnd mit dem Kopf.
    Senbi war ein angesehener Bürger, der die Gesetze der Beiden Länder respektierte. Über diesen Ibiranu hingegen war nichts bekannt.
    Thotmose ließ sich aber nicht von Vorurteilen

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