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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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»Hätte ich nicht gesagt, dass ich es schwöre, hättest du mir doch nicht geglaubt! Was kann ich dafür, dass man in eurem Land auf irgendeinen Gott oder das Leben Seiner Majestät – er lebe, sei heil und gesund! –, einen Schwur ablegen muss, um erhört zu werden!« Wütend funkelte sie Thotmose an. »Ich bin missbraucht und misshandelt worden, ich wurde gefangen gehalten und gezwungen, Gift zu nehmen, um einen Fremden damit in den Schönen Westen zu schicken, und niemand glaubt mir das. Was hättest du denn an meiner Stelle getan? – Ja, ich glaube an keinen Gott, aber könntest du es akzeptieren, wenn ich beim Leben Seiner ...«
    »Sei still!«, donnerte Thotmose. »Leiste jetzt nicht noch einen Meineid auf das Leben des Pharaos. Ich will kein Wort mehr von dir hören, es sei, ich fordere dich dazu auf.« Erbost taxierte er die Frau, die zu seinen Füßen im heißen Licht des Sonnengottes auf den blanken Steinen kauerte.
    Was sollte er bloß tun? Wie konnte er eine milde Verurteilung begründen, ohne sich der Missachtung der Maat strafbar zu machen? Thotmose war ratlos.
    »Meine Beweisaufnahme in Bezug auf die Anschuldigungen der Angeklagten Satra gegen ihren Herrn, den thebanischen Kaufmann Senbi, ist beendet. Ich habe genug gehört. Das Urteil wird morgen von mir gesprochen. Morgen werde ich auch zur eigentlichen Anklage in diesem Prozess kommen, doch zuvor befehle ich den Holzhändler Ibiranu erneut vor mein Richteramt.«
    Überrascht sah der Syrer auf, erhob sich von seinem Platz und trat vor Thotmose hin.
    »Ich erteile dir den Befehl, mir den Namen deines Informanten zu nennen!«, forderte Thotmose streng, aber der Händler schüttelte mit dem Kopf.
    »Das geht nicht, Erhabener. Ich habe mein Wort gegeben, und das kann ich nicht einfach brechen.«
    »Dann wirst du am morgigen Tag ebenfalls durch mich verurteilt werden wegen unbegründeter Anschuldigungen gegen einen angesehenen Bürger dieser Stadt.« Thotmose war außer sich vor Zorn. »Denke über meine Worte nach. – Ich vertage dieses Gericht auf morgen früh, auf die dritte Stunde des Tages.«
    Die Verhandlung war beendet, und Ibiranu glaubte schon nicht mehr an eine Verurteilung des Kaufmanns Senbi.
    Diese dumme Gans, haderte er still mit der Dienerin. Mit ihren grundlosen Beschuldigungen und ihren Schwüren auf Götter, an die sie gar nicht glaubte, hatte sie alles vermasselt.
    Der Holzhändler war wütend und enttäuscht.
    Sicher würde man sie hart bestrafen; Senbi hingegen würde ungeschoren davonkommen. Zu allem Unglück hatte Thotmose auch ihm noch mit einer Bestrafung gedroht, sollte er den Namen seines Informanten nicht verraten.
    Verzweifelt rang Ibiranu die Hände. Warum nur waren die Götter so ungerecht!
    Verärgert stapfte er aus dem Gerichtshof, um schnurstracks in das nächste Bierhaus zu eilen und sich zu betrinken.
    Unterwegs konnte er an nichts anderes denken, als dass Amunmose vor Gericht aussagen musste, damit Senbi seine gerechte Strafe erhielt. Doch immer wieder erinnerte ihn sein Gewissen an den Schwur, den er Amunmose geleistet hatte, und es verbot ihm seine Ehre, diesen zu brechen. Aber dass dieser Senbi ungeschoren davonkommen sollte, wollte Ibiranu auch nicht zulassen, und so sann er darüber nach, wie er Amunmose plausibel von einer Aussage vor Gericht überzeugen konnte.
    Plötzlich fiel ihm dessen Angst vor Senbi ein.
    Ibiranu musste Amunmose nur in den schillerndsten Farben klarmachen, was geschehen würde, sollte Senbi nicht verurteilt werden und nach Theben zurückkehren. Dann wäre das Leben des dickbäuchigen Haushofmeisters verwirkt.
     
    * * *
     
    Am nächsten Morgen hatte Thotmose eine lange, schlaflose Nacht hinter sich. Er hatte sich, wie in den beiden Nächten zuvor, das Herz zermartert, wie er einleuchtend das Urteil erklären konnte, welches der Pharao von ihm gefordert hatte. Seine Amtskollegen würden ihn für unfähig oder gar bestechlich halten, wenn er die Frau nicht so bestrafen ließe, wie es die Maat verlangte. Doch er konnte sich dem Herrscher nicht widersetzen. Das wäre das Ende seiner Laufbahn. Unschlüssig hatte sich Thotmose von einer Seite auf die andere gewälzt, doch es hatte ihm einfach keine Lösung einfallen wollen. Kurz bevor Res erste Strahlen dann das Dunkel der Nacht durchdrangen, war er endlich in einen unruhigen Schlaf gefallen, aus dem ihn wenig später seine Frau geweckt hatte.
    »Du bist heute so schweigsam«, meinte sie und griff nach dem Krug mit der Milch. Als sie ihn

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