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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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geschehen war, dieser Richter hatte aber auch ihn mit einer Bestrafung durch den Wesir persönlich belegt. Nun wartete er darauf, zu Nehi gerufen oder von einem Schreiber über seine Strafe unterrichtet zu werden.
    Langsam wurde Ibiranu ungeduldig. Seit Monaten schon saß er in Theben fest und konnte sich nicht um sein florierendes Geschäft kümmern. Er hatte bereits mit dem Gedanken gespielt, einfach zu verschwinden und zu hoffen, dass man sich nicht die Mühe machen würde, nach ihm zu suchen. Dann aber wäre er ein für alle Mal das Geschäft mit den Baustellen und den Werkstätten der Tempel los. Zudem würde man ihm sicher die Einreise in die Beiden Länder auf ewig verwehren, und dieser Gedanke missfiel ihm ebenso. Thotmose hatte ihm zwar gedroht, der Wesir würde ihm so oder so das Holzhandelsrecht entziehen, aber da war sich der Syrer nicht sicher. Er war natürlich nicht der einzige Kaufmann, der mit dieser kostbaren Ware Handel trieb. Die Konkurrenten wären jedoch sicher nicht in der Lage, in so kurzer Zeit die nötigen Lastkähne aufzubringen, um auch noch die große Stadt Theben beliefern zu können. Das war Ibiranus Hoffnung, und deshalb hielt er zähneknirschend durch.
    »Wenn ich Amunmose, dieser Ratte, doch bloß nicht versprochen hätte, ihn aus dem Verfahren herauszuhalten«, haderte Ibiranu mit sich selbst. »Ich hätte diesen Fettwanst sofort vor Thotmoses Richterstuhl zerren sollen; vielleicht wäre es dann besser für mich ausgegangen. Aber wie sollte ich denn ahnen, dass diese dumme Dienerin die Verhandlung nutzen würde, um ihren eigenen kleinen Rachefeldzug gegen Senbi zu führen. Hätte sie nicht den Mund aufgetan, wäre alles zu meiner Zufriedenheit verlaufen.« Er schnaufte erbost. »Räudiges kleines Miststück!«, setzte er fluchend sein Selbstgespräch fort. »Wenn ich dich jemals in die Hände kriegen sollte, wirst du beten, niemals geboren worden zu sein.«
    Er ging zum Tisch, schenkte sich eine Schale von dem abgestandenen, warmen Bier ein und setzte sich auf den Hocker.
    Plötzlich klopfte es an der Tür. Sie ging auf, und der fast kahle fette Schädel eines Mannes mit kleinen Äuglein erschien im Türspalt.
    »Amunmose, was willst du denn hier?«
    Überrascht sprang Ibiranu auf, und der Hocker kippte um. Die Tür wurde vollständig geöffnet, und der kleine, schmerbäuchige Mann humpelte ins Zimmer.
    »He, Amunmose, ich habe dich etwas gefragt!«
    »Ach, lass mich in Ruhe«, brummelte Amunmose und ließ sich bäuchlings auf die gemauerte Schlafstatt des Händlers fallen. »Mir tun noch immer alle Knochen weh, und die fünf Wunden auf meinem Rücken brennen wie Feuer.«
    »Na und? Wenn’s weiter nichts ist als das! Dein Rücken heilt schon wieder zu, und die Knochen hören auch bald auf zu schmerzen. Wenn aber Nehi mir den Liefervertrag mit den Tempelwerkstätten entzieht, bin ich ruiniert.« Ibiranu schloss die Tür, hob den Hocker auf und stellte ihn zurück an seinen Platz. »Wahrscheinlich bin ich das sowieso schon. Seit inzwischen über vier Monaten bin ich zur Untätigkeit verdammt.«
    »Und was kann ich dafür?«, erwiderte Amunmose frech. »Wenn du mich nicht gehabt hättest, wärst du schon seit über vier Monaten mausetot, und ich hätte noch immer meine Anstellung als Haushofmeister eines angesehenen Kaufmanns.«
    »Dass ich nicht lache!« Ibiranu sah den kleinen Mann spöttisch an. »Als ich dir den Lederbeutel unter die Nase gehalten habe, bist du vor Gier fast geplatzt. Du hättest doch bloß ablehnen und mich an deinen angesehenen Kaufmann verraten brauchen, dann wärst du jetzt immer noch sein Hausverweser.« Der Syrer lachte höhnisch. »Aber nein, du wolltest dich bereichern und Senbi eins auswischen, habe ich nicht recht?«
    »Ja, Ibiranu, doch leider hat sich das als Falle für uns beide entpuppt«, gab Amunmose bissig zurück. »Ich habe nicht nur den Buckel für fünfzig Stockhiebe hinhalten müssen, mein Ansehen ist zudem völlig zerstört. Niemand wird einen Haushofmeister anstellen, der schon einmal seinen Herrn verraten hat. Wenn mein Vermögen aufgebraucht ist, werde ich wohl hungers sterben«, lamentierte er, und der Händler lachte schallend.
    »Bei deinem Umfang kannst du noch eine ganze Weile überleben, bevor du all deine Fettreserven aufgebraucht hast. Ich hätte aber vielleicht eine Anstellung für dich.«
    Beleidigt sah Amunmose zu Ibiranu auf. »Ach ja, und welche?«
    »Wenn ich meine Rechte auf den Holzhandel behalte, kannst du für mich

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