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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Verbandszeug sowie ein paar ärztlichen Instrumenten zu holen, damit er die schlimmsten Verletzungen versorgen konnte. Bis Abydos war es noch ein gutes Stück, und die Barke wurde nur durch die Muskelkraft seiner Ruderknechte bewegt. Es war der dritte Monat der Erntezeit, und der Nil hatte fast seinen Tiefststand erreicht. Die Strömung war zu gering, um ein schnelleres Vorankommen zu gewährleisten.
    Amunhotep säuberte die Wunden und nähte sie, wenn es erforderlich war. Anschließend legte er zerstoßene Kräuter auf die Stellen und deckte sie mit sauberen Verbänden ab. Während der gesamten Behandlung kam die Frau, deren Namen er noch nicht einmal kannte, nicht ein einziges Mal zu Bewusstsein. Ihre Augenlider zitterten leicht, und vereinzelt stöhnte sie, als er ihre Wunden versorgte.
    Er winkte zwei seiner Soldaten zu sich und befahl ihnen, die Verwundete ins Heck des Schiffes zu bringen, wo sie durch ein kleines Sonnensegel vor Res brennenden Strahlen geschützt war. Dann packte er seine medizinische Ausrüstung wieder ein.
    Sie wird am Leben bleiben, mein König, dachte er und begab sich in seine Kajüte, deren Seitenwände wegen der allzu großen Hitze hochgezogen waren.
    Es war bereits dunkel, als die Barke den Anleger des Tempels auf dem Westufer von Abydos erreichte. Der Mond war aufgegangen, und der Wind verfing sich sanft in den Wedeln der Palmen. Amunhotep sah hinüber zu den weißen hohen Mauern des Heiligtums, die sich deutlich vor dem sternenübersäten Himmel abzeichneten. Die vergoldeten Spitzen der Obelisken und Fahnenmasten schimmerten matt im Mondschein, und die bunten Fähnchen flatterten sacht im Wind. Es war eine warme Nacht. Amunhotep beschloss, sie auf dem Dach seines Hauses zu verbringen. Er würde heute Nacht sowieso kein Auge zubekommen. Zu deutlich stand ihm das Bild der Krokodile vor Augen, wie sie sich um das Fleisch des Thronfolgers gebalgt hatten, und die grauenhaften Schreie des Knaben hatten sich für alle Zeiten in seinem Herzen eingegraben.
    Ihn schauderte bei dieser Erinnerung.
    Sein Blick fiel auf die Frau, die von Bord getragen wurde. Sie hatte unmittelbar daneben gestanden und hatte nicht helfen können. Wie mochte sie sich wohl fühlen oder war es ihr einerlei? Immerhin hatte sie keinerlei Bindung zu dem Knaben gehabt, anders als er selbst. Amunhotep hatte Ramesse schon als Säugling in den Armen gehalten und hatte sich zusammen mit dem glücklichen Vater am Tage seiner Geburt betrunken.
    Unwillkürlich musste der Priester schmunzeln, wenn er daran zurückdachte. Was war Ramses stolz gewesen, als Isis ihm einen prachtvollen Sohn geschenkt hatte. Der Prinz hatte an jenem Abend mit ein paar Freunden ein spontanes Fest gefeiert, nach dem alle Beteiligten fast zwei Tage mit Kopfweh und Bauchschmerzen das Bett hüten mussten. Aber das war ihnen einerlei gewesen. Immerhin wurde selbst ein Prinz nur einmal im Leben zum ersten Mal Vater.
    Amunhotep ging die Laufplanke hinunter und schritt gemächlich den Weg hinauf zum Eingangspylon. Was würden der Pharao und seine Gemahlin jetzt tun? Wie lange würde es dauern, bis sie diesen Schock überwunden hatten?
    Er blickte hinauf zum Himmel. Der Sothis-Stern war nicht zu sehen, doch schon bald würde er nach Ablauf der siebzig Tage am Firmament wieder erscheinen, und mit seinem Aufgang begann ein weiteres neues Jahr.
    Ein paar Priester kamen ihm mit Fackeln in der Hand entgegengeeilt und verneigten sich ehrfürchtig vor ihm.
    »Hattest du eine gute Reise, Herr?«, erkundigte sich einer der Wab-Priester höflich, und Amunhotep sah ihn müde an. »Wir hatten dich und die königliche Flotte erst am morgigen Tag erwartet«, plapperte der Mann und verrenkte sich den Hals, um den Anleger nach weiteren Schiffen abzusuchen.
    »Ich komme alleine«, erklärte Amunhotep, und verständnislos sah der Mann ihn an.
    »Was ist passiert?«, ertönte die Stimme des Schatzmeisters, der hinter den Wab-Priestern aufgetaucht war.
    »Die Reise des Königs wurde durch einen tragischen Unfall abgebrochen«, antwortete Amunhotep knapp, und verunsichert starrte Ipuwer ihn an.
    »Ein Unfall? Der König?«, fragte er besorgt.
    »Nein, der Thronfolger. Er fiel ins Wasser und wurde von Krokodilen zerfleischt.«
    »Bei Osiris! Wie konnte das geschehen?« Sowohl Ipuwer als auch den Wab-Priestern konnte man deutlich ihr Entsetzen ansehen.
    »Nicht heute Abend, Ipuwer. Ich brauche etwas Ruhe. Morgen werde ich dich und die obere Priesterschaft über alles in Kenntnis

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