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Das Geschenk: Roman

Das Geschenk: Roman

Titel: Das Geschenk: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Lava schoss hervor.
    Tom Langdon maß eins fünfundachtzig und schleppte zwei Zentner kräftiger und explosiver Muskeln mit sich herum. Außerdem drang ihm echter Rauch aus den Ohren. Zum Vulkanausbruch gehörte außerdem, dass er in einer Sprache brüllte, die er üblicherweise im Umkreis von vier Meilen um jede Kirche niemals in den Mund nehmen würde, als er sich auf die Sicherheitsmannschaft stürzte, den verdammten Suchstab packte und mittendurch brach. Wenngleich der Jubel und die Hochrufe anderer Passagiere, die gehört und gesehen hatten, wie übel ihm mitgespielt worden war, Toms Laune spürbar besserte, war er an diesem Tag nicht allzu stolz auf seinen Gefühlsausbruch.
    Dankenswerterweise hatte die Strafrichterin, vor der Tom zu erscheinen hatte, vor kurzem ähnlich übergründliche Flughafen-Sicherheitsmaßnahmen über sich ergehen lassen müssen, sodass sie und Tom, nachdem er seine Aussage gemacht hatte, einen viel sagenden, wissenden Blick wechselten. Hinzu kam, dass der Alarm, der an der Sicherheitsschleuse ausgelöst worden war, sich als eindeutig falsch erwiesen hatte. Daher bekam Tom nur eine strenge Verwarnung und die Anweisung aufgebrummt, an einem Gewalt-Kompensationskurs teilzunehmen, was er auch vorhatte – aber erst, wenn seine schier unstillbare Gier verflogen war, den Burschen mit dem Suchstab zu Hackfleisch zu verarbeiten.
    Die andere Folge seines Ausbruchs war jedoch das Verbot, in den nächsten zwei Jahren irgendein Flugzeug zu betreten, das innerhalb der Vereinigten Staaten unterwegs war. Tom hätte nie damit gerechnet, dass eine solch drakonische Strafe überhaupt möglich war – bis man ihm den entsprechenden Paragraphen in der mikroskopisch kleinen Schrift der Beförderungsbedingungen der Fluglinie zeigte, direkt unter dem ebenso winzigen Abschnitt mit der Überschrift: »Haftungsgrenze für verloren gegangenes Reisegepäck – fünfzig Dollar«.
    Und in diesem Moment kam Tom die Erleuchtung: Kein Flugzeug mehr benutzen zu können – seine bisher übliche, weil unabdingbare Art zu reisen – war ein Omen. Es musste so etwas wie ein Zeichen Gottes sein. Deshalb würde er für die Reise nach Los Angeles den Zug nehmen. Er würde eine Geschichte darüber schreiben, wie es war, in der Weihnachtszeit auf Schienen von Küste zu Küste zu rollen. Und abgesehen davon, dass er die Feiertage mit Lelia verbringen konnte, hatte er ein grandioses Motiv für eine solche Reise: Tom zählte zu dem Zweig der Langdon, der in Elmira im Staate New York ansässig war. Wer in der Literaturgeschichte bewandert ist, weiß vielleicht, dass zu den Elmira-Langdons auch jene reizende, unverwüstliche, letztendlich jedoch aus eigener Entscheidung tragische Olivia Langdon zählte, die sich bleibenden Ruhm erwarb, indem sie jenen geschwätzigen Erzähler, zum Jähzorn neigenden Zeitgenossen und produktiven Schriftsteller heiratete, den seine Freunde als Samuel Clemens kannten und der als Mark Twain zu Weltruhm gelangte.
    Tom wusste von dieser familiären Verbindung, seit er alt genug war, um seinen Namen in Blockbuchstaben zu schreiben. Diese Verbindung hatte ihn stets davon träumen lassen, sich seinen Lebensunterhalt mit Worten zu verdienen. Denn auch Mark Twain war Journalist gewesen. Er hatte in Nevada angefangen, beim Territorial Enterprise in Virginia City, ehe er zu Ruhm und Reichtum gelangte – bevor er dann Bankrott ging, um später erneut zu Ruhm und Reichtum zu gelangen.
    Tom seinerseits war zweimal von Terroristengruppen gekidnappt und ein halbes Dutzend Mal um ein Haar getötet worden, als er über zahllose Gefechte und Kriege, Staatsstreiche und Revolutionen berichtete, mit denen »zivilisierte« Gesellschaften ihre Differenzen austragen und beilegen. Tom hatte erlebt, wie Hoffnung durch Terror, Terror durch Wut und Wut durch – nun, durch nichts ersetzt wurde. Die Wut schien immer gegenwärtig zu sein und allen ständig teuflische Probleme zu bereiten.
    Zwar hatte Tom bedeutende Preise gewonnen, doch nach eigener Einschätzung war er Journalist, kein Schriftsteller. Er war kein Mann, der die Fähigkeit besaß, erinnerungswürdige Prosa zu schaffen, die mit ihrer Jahrhunderte überdauernden Kraft unverrückbar und in erhabener Schönheit dastand. Er war kein Mark Twain. Aber schon diese unbedeutende verwandtschaftliche Verbindung zum Schöpfer von Huckleberry Finn , Leben auf dem Mississippi und Ein Yankee aus Connecticut an König Artus’ Hof – zu einem Schriftsteller, dessen Werk zeitlos

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