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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Erich.«
    »Ursula!« Es war ein Schrei. Ihr Kopf auf seiner Brust zuckte zusammen, aber sie blieb liegen, und ihr nackter Körper drängte sich enger an ihn. Seine Hände umfaßten sie, glitten über ihren Rücken, tasteten über die Schulter, über ihre kleinen Brüste, über die glatte, weiße, unter einem zarten Haarflaum schimmernde Haut.
    Mit der linken Hand warf er ein Kissen gegen die Lampe. Sie fiel vom Nachttisch, zerklirrte auf dem Boden und die Nacht stand wieder im Zimmer.
    »Als wärest du nie weggewesen«, flüsterte sie. »Auch in der Hochzeitsnacht hast du die Lampen zertrümmert, weißt du noch?«
    Pünktlich um 10 Uhr vormittags ratterte der Jeep mit Major Braddock und den beiden MP-Riesen den Hügel hinauf zur verlassenen Wolfach-Villa. Braddock fuhr wieder um das Haus herum zur Terrasse und stieg langsam und allein die wenigen Stufen vom Park hinauf.
    Erich Schwabe und Ursula saßen glücklich, Hand in Hand, auf dem Sofa vor dem Kamin, als Braddock in den Salon trat. Sie hatten das Geschenk gefunden, das Braddock am Abend hatte liegengelassen: zwei große amerikanische Frühstückspäckchen. Ein Festmahl für zwei hungernde Menschen.
    »Good morning!« rief James Braddock und blieb in der Fenstertür stehen. »Wieder klar, Mrs. Schwabe?«
    »Es ist alles klar«, sagte Schwabe. Seine großen, blauen Augen glänzten voll Seligkeit. »Ich werde Ihnen das nie vergessen, Major.«
    »Machen Sie keine großen Worte!« Braddock trat ein und schloß die Fenstertüre hinter sich. »Was ich gestern getan habe, kann mich ein Disziplinarverfahren kosten. Das wissen Sie! Ich nehme an, daß Sie alles, was geschehen ist, nur geträumt haben! Sie waren unten in Bernegg, ich habe Ihnen Ihre Frau gezeigt, sie durften zehn Minuten mit ihr sprechen, eine Ausnahme, nur, weil Sie Gesichtsverletzter sind – und dann haben Sie in einem Klassenzimmer übernachtet, weil es mir zu lästig war, Sie noch in der Dunkelheit aufs Schloß zu fahren.«
    Schwabe und Ursula erhoben sich. Sie legte den Arm um ihn und lehnte den Kopf an seine Schulter. »So war es genau, Herr Major«, sagte Schwabe. »Nicht anders.«
    James Braddock zeigte auf die Reste des Frühstücks. »Packen Sie das zusammen. Wir verlieren es auf dem Wege nach Bernegg. Und nun sagt euch auf Wiedersehen. Noch weiß keiner, wann die deutschen POWs entlassen werden. Es kann lange dauern. Diese Nacht muß vielleicht für ein Jahr dauern.«
    »Sie reicht für das ganze weitere Leben, Herr Major«, sagte Schwabe. »Ich bin wieder ein Mensch.«
    »Na, dann kommen Sie – Sie Mensch …« Braddock lächelte und strich Ursula über die Haare, als sie an ihm vorbeiging. »Meine Frau hat braune Haare«, sagte er. »Vor einem Jahr stand sie am Quai von New York und winkte unserem Schiff nach. Ist eine verdammt lange Zeit.«
    Schwabe blieb auf der Terrasse stehen und sah an der Villa empor. »Wem gehört das Haus überhaupt?« fragte er.
    »Keine Ahnung.« Braddock schob einen Kaugummi in den Mund. »Beim Einmarsch habe ich's gesehen, und gestern fiel es mir wieder ein, als ich ein Zimmer für euch suchte. Ich werde mich unten erkundigen. Und morgen ziehe ich nach hier um.«
    In schneller Fahrt ratterten sie zurück nach Bernegg. Braddock und Ursula stiegen auf dem Schulhof aus, Schwabe blieb im Jeep sitzen, man wollte ihn sofort wieder ins Lazarett aufs Schloß bringen.
    »Mach's gut, Uschilein«, sagte er, und keine Trauer war mehr in seiner Stimme, kein Abschiedsschmerz, nicht ein Funken Angst vor der Zukunft. »Und grüß Mutter. Erzähl ihr alles, hörst du? Nun bin ich bald zu Haus.«
    Ursula nickte. Auch sie weinte nicht. Sie war glücklich, unendlich glücklich. Nun ist alles wieder gut, dachte sie. Nun ist alles überwunden. Ich habe keine Angst mehr, ich bin nicht mehr allein. Ich habe Erich wieder, und ich liebe ihn, liebe ihn noch mehr als früher. Wir brauchen uns gegenseitig, und darum kann uns nichts, nichts trennen.
    »Schreib mir, Erich!« rief sie, als der Jeepmotor wieder aufheulte. »Schreib mir jeden Tag. Und bleib gesund, hörst du. Und komm bald. Ich liebe dich – ich …«
    Ihre Stimme ging unter im Knirschen der Reifen. Schwabe klammerte sich an den eisernen Einstieg und winkte zurück. Er lachte, er war wie ein fröhlicher, in die Ferien fahrender Junge, er war übermütig und schwenkte sein Schiffchen im aufwirbelnden Staub. Dann versank Bernegg, die Straße stieg an und schraubte sich zum Schloß empor.
    »Very nice girl!« sagte der eine MP-Mann

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