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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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roten Augen kläglich auf dem Bett saß.
    »Ich ziehe um«, sagte Frau Schwabe.
    »Bist du verrückt?« Erich Schwabe nahm den halb gepackten Koffer und warf ihn zwischen Kleiderspind und Bett. »Was soll der Unsinn? Habt ihr Krach gehabt?«
    »Nein. Aber der Keller ist zu klein.« Frau Schwabe drehte ihrem Sohn den Rücken zu. »Und wenn das Kind kommt … Ich kann bei einer Freundin wohnen, ganz in der Nähe. Glaub mir, es ist besser so.«
    »Wir reden nicht mehr darüber, Mutter, verstanden?« Erich Schwabe legte sein Paket mit den zwei Pfund Speck auf den Tisch. »Und wegen des Platzes – auch das ist geregelt. Wir werden tauschen.«
    »Tauschen?«
    »Karlheinz hat sich seinen Keller fabelhaft ausgebaut. Drei Räume hat der Lümmel, fast komfortabel. Er ist bereit, mit uns zu tauschen und in unseren Raum zu ziehen.«
    »Unmöglich!« rief Ursula entsetzt.
    »Aber warum denn? Ein solches Angebot, Uschi! Karlheinz ist ein wirklicher Freund.«
    »Es geht nicht«, sagte Ursula. »Es geht einfach nicht.«
    »Nur vorübergehend. Bis wir oben unsere Wohnung stehen haben. Im Frühjahr ziehen wir alles hoch. Und für Petsch bauen wir eine Wohnung mit. Ehrensache!«
    Frau Schwabe hob beide Arme. »Es muß wohl so sein«, sagte sie starr. »Es ist ein Teufelskreis.«
    »Wieso ein Teufelskreis?« fragte Erich Schwabe verblüfft.
    »Ich kann diesen Petsch nicht sehen!« schrie Ursula grell. »Ich ekle mich vor ihm!«
    »Aber er ist doch ein fabelhafter Kamerad«, sagte Erich hilflos. »Schon morgen könnten wir umziehen. Wer macht uns heute schon noch so ein Angebot?«
    »Laß uns hier wohnen bleiben«, flehte Ursula. »Der Keller ist groß genug. Auch wenn das Kind kommt.«
    »Ich verstehe euch nicht!« Erich Schwabe zog seine Jacke aus und warf ein paar Kohlen in den blubbernden Eisenofen. »Karlheinz' Keller ist wärmer, er hat ihn sogar mit Platten isoliert. Und Mutter kann einen eigenen Raum haben. Und sogar heißes Wasser hat er. Irgendwo hat er einen elektrischen Boiler ausgebaut und sich damit eine Duschanlage gebaut. Das alles stellt er uns zur Verfügung. Und da soll ich nein sagen? Ursula kann das Kind baden, und das Kleine liegt dann wenigstens an keiner feuchten Kellerwand.«
    »So ist es!« sagte Frau Schwabe laut. Sie winkte energisch ab, als Ursula etwas dazwischen rufen wollte. »Ganz gleich, was ist – wir ziehen morgen um! Es wird alles so kommen, wie es kommen muß.«
    »Warum hilfst du mir nicht, Mutter?« schrie Ursula.
    Ratlos starrte Erich Schwabe zwischen den beiden Frauen hin und her. Er verstand nichts und begriff nicht die glühende Erregung, die in Uschi brannte. Frau Schwabe schüttelte wild den Kopf.
    »Können wir etwas ändern?« rief sie hart. »Es geht alles seinen Lauf – aber wir haben drei warme, ausgebaute Räume.«
    »Und sogar einen Kachelofen.«
    »Na also. Morgen ziehen wir um!«
    In der Nacht lag Ursula schlaflos neben ihrem Mann und starrte gegen die dunkle Kellerdecke. Angst lag wie lähmender Frost in ihrem Körper. Sie wußte, daß man heute eine langsam glimmende Zündschnur angesteckt hatte.
    Bis kurz vor Weihnachten hatte sich die Stube B/14 wieder zusammengefunden. Zwar nur mit Kartengrüßen, aber über alle Entfernungen hinweg waren die Brücken geschlagen worden. Nur von Walter Hertz war keine Nachricht gekommen. »Det is klar«, schrieb der Berliner aus dem Harz, wo er seine Mutter gesund wiedergefunden hatte. »Der futtert im siebten Himmel. Alleene mit det Mä'chen – habt Verständnis, Jungs!«
    Kaspar Bloch und Fritz Adam hatten schon Verbindung mit den Universitäten aufgenommen. Sie konnten sofort studieren. Christian Oster schrieb eine kurze Karte: »Mir geht es gut. Das Wetter ist schrecklich. Wie geht es euch? Gruß Christian.« Weiter nichts, eine nichtssagende, dumme Nachricht, mit der niemand etwas anzufangen wußte. Am ausführlichsten, aber auch am unleserlichsten schrieb der Wastl Feininger. Mit Negern war nix, berichtete er. Die Resi war treu geblieben, was ihn sehr verwunderte, denn früher – Sakrament, da stand's Kammerfensterl bei der Resi immer offen. Im übrigen aber hatte die Sau geferkelt, das letzte, übriggebliebene Schwein, und man habe von dem Wurf nur sechs angegeben, aber neun waren's. Also würde es bald ein Spanferkelchen geben, heimlich im Stall gebraten, und wer kommen wolle, der solle nur anrücken. Beim Wastl brauchte keiner zu hungern, keiner aus Bernegg.
    Auch an Dr. Lisa Mainetti hatten sie geschrieben. Als habe man es

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