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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vor all den anderen genommen, weil er ein so schönes Gesicht hatte. Alle anderen Frauen sahen ihm nach, und ich – ich habe ihn heiraten können! Und nun ist alles das weg – und ich bin doch noch jung, Frau Doktor, ich bin erst 23 Jahre alt. Soll ich mein ganzes Leben neben einem solchen Gesicht leben? Neben einem Mann, von dem alle wegsehen? Das kann doch niemand von mir verlangen, nicht wahr?«
    »Man sollte Ihnen jetzt eine kräftige Ohrfeige geben«, sagte Lisa Mainetti mit unheimlicher Ruhe. Irene Adam zuckte zusammen, als sei sie wirklich geschlagen worden, und sprang auf.
    »Sie sind doch eine Frau wie ich!« sagte sie weinerlich. »Sie waren doch auch einmal jung. Und eigentlich bin ich doch gar nicht verheiratet … nur ein paar Tage waren wir zusammen. Man kann mich doch jetzt für diese paar Tage nicht ein ganzes Leben lang bestrafen!«
    Lisa Mainetti unterdrückte die Regung, wirklich aufzuspringen und in dieses geschminkte Puppengesicht hineinzuschlagen. Ein bitterer Geschmack lag in ihrem Mund, und ihr Gesicht spiegelte die Verachtung wider, die sie empfand.
    »Haben Sie das alles Ihrem Mann gesagt?« fragte sie mit mühsamer Beherrschung.
    Irene Adam schüttelte den weißblonden Kopf. »Natürlich nicht. Er hat sich so gefreut, daß ich gekommen bin. Darum bin ich auch zu Ihnen geschickt worden, Frau Doktor. Bitte, sprechen Sie mit Fritz darüber. Er muß mich verstehen. Bringen Sie ihm das alles bei. Er kann nicht wollen, daß ich mein ganzes Leben lang … Ich will nach der Mittagspause auch nicht wiederkommen. Ich fahre gleich wieder zurück zu meinen Eltern. Sie müssen mit ihm sprechen, Frau Doktor!«
    »Müssen?« Dr. Mainetti senkte den Kopf. Warum ist man so gut erzogen, dachte sie bitter. Warum kann man nicht aufspringen und dieses Miststück von einem Weib durch das Zimmer prügeln, durch den Flur hinaus aus dem Lazarett, über die Straße, damit es alle sehen? Warum muß man jetzt noch höflich sein?
    »Haben Sie nie daran gedacht, was Sie bei der Trauung versprochen haben?« sagte sie mit vor Erregung heiserer Stimme. »Bis daß der Tod euch scheidet, hieß es. Und eine Ehe ist nicht nur in guten Tagen gültig, sondern auch in bösen. Erst da zeigt es sich, wie groß eine Liebe ist. Die Ehe ist eine Verbindung auf Gedeih und Verderb und kein gemeinsamer Ausflug in angenehme Zerstreuungen. Jetzt, in diesem Augenblick, können Sie beweisen, daß es Ihnen ernst war mit dem Schwur, ein ganzes Leben gemeinsam zu gehen.«
    Irene Adam saß vor Lisa Mainetti, mit schief geneigtem Köpfchen und einem Schmollmund, mit ratlosen Kinderaugen und einer unwillig zusammengezogenen Stirn.
    »Das ist ja alles ganz gut und schön«, sagte sie, als Lisa schwieg. »Damals war es auch anders. Damals hatte ich wirklich den Willen, immer mit Fritz …« Sie schluckte und nestelte an ihrem Spitzentaschentuch herum. »Aber jetzt ist doch alles anders, Frau Doktor. Fritz ist ein anderer Mensch geworden. Nicht nur äußerlich. Er ist auch anders zu mir … wie soll ich sagen … er ist eben völlig umgedreht. Er ist nicht mehr der Fritz, den ich damals heiratete. Er ist mir völlig fremd.« Sie putzte sich das Näschen und tupfte wieder über die bemalten Augen. »Und im übrigen«, sagte sie plötzlich wie ein trotziges Kind, »will ich nicht mehr! Ich bin jung und hübsch und ich habe Aussichten, noch einen Mann zu bekommen, der mein Typ ist.«
    »Monatelang hat sich Ihr Mann auf diese Stunde des Wiedersehens gefreut!« rief Dr. Mainetti. Ihr Gesicht wurde rot und hart. »Geduldig hat er sich den Operationen unterzogen, in der letzten Zeit nur mit örtlicher Betäubung, weil die vielen Vollnarkosen bei ihm Kreislaufstörungen verursachten. Immer hat er von seiner Irene gesprochen und war glücklich, wenn wieder ein Hautstückchen angewachsen und ein weiterer Schritt zu einem neuen Gesicht getan war. Und nun kommen Sie her und verlangen …«
    Irene Adam erhob sich brüsk, sie riß ihre Tasche an sich und sah auf Lisa mit einer unheimlichen Kaltschnäuzigkeit herab.
    »Das ist Schicksal!« sagte sie hochnäsig. »Da kann ich auch nichts dagegen machen.«
    In Lisa Mainetti brach die letzte Hemmung. Sie sprang auf, riß die Tür ihres Zimmers auf und faßte den Arm der weißblonden Puppe. Mit einem heftigen Ruck stieß sie die Gestalt zur Tür hinaus auf den Flur.
    »'raus!« schrie Dr. Mainetti. »Sofort 'raus! Ihr Mann kann Gott danken, wenn er von Ihnen befreit ist!«
    Sie warf die Tür wieder hinter sich zu und

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